Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche

Titel: Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Davis
Vom Netzwerk:
Spiegel um. Die Frau, die mir entgegenblickte, besaß eine kühle Eleganz, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.
    Clinton trat hinter mich und drehte mein normalerweise schwer zu bändigendes Haar zu einem schicken, gelockten Knoten zusammen. »Nicht so übel, wenn ich das mal sagen darf.« Er befestigte mein Haar mit einer Glitzerspange und trat lächelnd zurück. »Nur noch ein Hauch Puder auf die Blutergüsse, und schon kannst du gehen.«
    Ich drehte mich noch einmal im Kreis, während mich ein geradezu absurdes Glücksgefühl durchströmte. »Wer auch immer gesagt hat, dass Kleider Frauen machen, hatte absolut recht.«
    »Eigentlich heißt es ja, Kleider machen Leute. Nackte Menschen haben kaum oder gar keinen Einfluss auf die Gesellschaft. Das stammt von Mark Twain.«
    »Tja, der Mann wusste jedenfalls, wovon er spricht«, lachte ich und drehte mich weiter im Kreis.
    »In vielerlei Hinsicht«, bestätigte Clinton.
    Mark Twain und Cinderellas gute Fee – wer hätte gedacht, dass die beiden so viel gemeinsam hatten?

Kapitel 9
    Wenn man bedachte, dass ich seit beinahe fünfzehn Jahren mit Männern ausging, sollte man doch annehmen, dass ich mich auf diesem Terrain sicher fühlte. Im Laufe der Jahre hatte ich so ziemlich alles erlebt – nette Dates, miese Dates, schnell vergessene Dates und solche, die keiner Erwähnung wert sind, das ganze Programm eben.
    Aber aus irgendeinem Grund schien mit Ethan McCay alles anders zu sein. Vielleicht lag es an den Umständen oder auch an ihm selbst, aber ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so nervös gewesen war.
    Zum Glück war das Gewitter weitergezogen. Der Taxifahrer ließ mich an der Ecke First/72nd aussteigen, doch obwohl das Restaurant nur wenige Meter entfernt war, stand ich wie angewurzelt da. Ich überlegte sogar, wieder nach Hause zu fahren.
    Ich müsste lediglich die Hand heben und ein Taxi heranwinken, und schon wäre ich weg. Allerdings müsste ich mir in diesem Fall meine Niederlage eingestehen. Und das konnte ich noch nie besonders gut. Außerdem würde Clinton es mir für den Rest meines Lebens unter die Nase reiben.
    Genau an diesem Gedanken hielt ich mich fest, als ich das Nino’s betrat. Es ist herrlich, in ein Restaurant zu kommen, das die Arme auszubreiten und einen willkommen zu heißen scheint – in diesem Fall in Gestalt des Besitzers höchstpersönlich, Nino Selimaj. Das Nino’s war das Kronjuwel seines Restaurant-Königreichs und zugegebenermaßen mein persönlicher Favorit, obwohl jedes seiner Restaurants einen ganz eigenen Charme besaß.
    Das Positano in Midtown war qualitativ nicht ganz so anspruchsvoll und lebte hauptsächlich von Gästen, die mit Geschäftspartnern dort zu Mittag oder zu Abend aßen. Im Tuscany auf der West Side war der Einfluss der Theaterszene deutlich spürbar. Ausgelassene Stammgäste, Klaviermusik – genau die richtige Atmosphäre für die musikbegeisterten Massen. Mein Nino’s hingegen verströmte das typische Flair der Upper East Side – unaufdringlich, aber dennoch elegant und damit perfekt für die pelztragenden Nobelapartment-Besitzer der unmittelbaren Umgebung. Wann immer sich die Gelegenheit bot, schickte ich Besucher von außerhalb hierher, damit sie einen Eindruck des alten New York bekamen.
    Nino küsste mich auf beide Wangen und erkundigte sich nach Althea (sie führte regelmäßig ihre Klienten hierher aus). Ich erklärte, ich sei mit Ethan verabredet, worauf er auf diese wunderbar europäische Art meinen Ellbogen nahm und mich zu einem Tisch in der Ecke geleitete. Er lächelte, machte eine Verbeugung und ließ mich zurück – allein.
    Trotz meines langen Zögerns war es mir offenbar gelungen, zu früh hier zu sein.
    Ich setzte mich und las in aller Ausführlichkeit die Speisekarte. Ich weiß, es klingt albern, aber in Situationen wie diesen habe ich stets das Gefühl, als starrten mich alle an. Allein an einem Tisch zu sitzen, hat so etwas Erbärmliches.
    Entweder man hat keinen gefunden, der einen begleitet, oder man glaubt, man hätte jemanden, nur dass dieser Jemand einen versetzt. Es ist grauenhaft. Also habe ich eine Strategie entwickelt, um die Zeit totzuschlagen. Anfangs tue ich so, als studierte ich mit großem Interesse die Speisekarte, während ich alle paar Minuten auf die Uhr sehe. Dann widme ich mich meinem Mineralwasser und lasse dabei den Blick über die anderen Gäste schweifen, als wären sie lediglich zu meiner Belustigung hier. Normalerweise funktioniert

Weitere Kostenlose Bücher