Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
überschwänglich, als ich ihm erzählt habe, dass ich mich mit Ihnen hier treffe.«
»Ach, so ist er bei allen seinen Gästen. Aber Sie haben recht, es ist tatsächlich eines meiner Lieblingsrestaurants. Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie es ausgesucht haben. Ich komme hierher, seit ich ein kleines Mädchen war.«
»Stimmt, Sie sagten ja, Sie seien in der Nähe des Carl Schurz Park aufgewachsen.«
Ich nickte. In einträchtigem Schweigen widmeten wir uns der Speisekarte.
Ich hatte meine Wahl bereits getroffen – die hausgemachten Spinat-Käse-Ravioli in Pesto waren ein Gedicht –, doch die Lektüre der Speisekarte machte mir trotzdem Spaß. Es hat etwas Tröstliches, einzelne Zutaten in einer Kreation vereint zu sehen, wie nur ein Meister sie kochen kann: Wachtel, mit Entenfilet gefüllt und serviert mit Polenta und einer Sauce von schwarzen Johannisbeeren oder Räucherlachs und Spargel in Blätterteig. Das Einzige, was noch größeren Spaß machte als die Lektüre der Tageskarte, war, diese Köstlichkeiten auf dem Teller zu haben.
Ich schlug die Speisekarte zu, worauf der Kellner zu uns trat. »Ich nehme das Carpaccio als Vorspeise und dann die Ravioli, bitte.«
»Und für mich den Prosciutto-Salat und als Hauptgang die Seezunge.« Ethan sah mich über seine Speisekarte hinweg an. »Weißwein?«
Ich nickte, erfreut, dass mir diese Entscheidung aus der Hand genommen wurde.
»Gut. Dann eine Flasche Clos Des Mouches«, sagte Ethan und reichte dem Kellner seine Speisekarte.
Ich konnte nicht sagen, was mich mehr beeindruckte – der Wein (ein ganz besonderer Tropfen) oder die Tatsache, dass er die Seezunge gewählt hatte. Nur Stammgäste wussten, dass es sie überhaupt gab, da sie nicht auf der Karte stand.
»Ich dachte, Sie seien lange nicht in der Stadt gewesen?«, fragte ich neugierig.
»Das stimmt auch. Wieso?«
»Na ja, Sie haben die Seezunge bestellt. Das riecht nach Insider.«
Ethan lachte. »Mein Vater. Er liebt dieses Restaurant. Und die Seezunge ist sein Lieblingsgericht. Ich habe sie einige Male gegessen, als ich mit ihm hier war. Aber das ist eine Ewigkeit her. Ich war nicht sicher, ob sie sie überhaupt noch haben, aber den Versuch war es wert.«
»Sie erwähnten Ihren Vater schon neulich im Park. Dass er einen Herzinfarkt erlitten hat. Geht es ihm wieder gut?«
»Ja. Er ist wieder gesund«, antwortete Ethan, während der Kellner ihm einen Schluck Weißwein zum Probieren einschenkte. »Obwohl ihn die Ärzte immer noch ziemlich an der kurzen Leine halten.«
»Sie sagten auch, dass Sie im Moment in der Firma Ihrer Familie aushelfen. Wohin haben Sie all Ihre Reisen geführt?«
»Ich habe etwa ein Jahr in Fernost verbracht, in Malaysia, und dann sechs Monate in Brüssel.«
»Klingt exotisch.«
»Nur am Anfang. Nach einer Weile sehnt man sich nach einem anständigen Cheeseburger.« Er nippte an seinem Wein und nickte dem Kellner zu, worauf dieser großzügig unsere Gläser füllte.
»Und nach Pommes frites. Das kann ich mir vorstellen. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Europabesuch. Damals war ich siebzehn oder so. Meine Großmutter hat mich eingeladen und mir die aufregendsten Orte gezeigt. Aber die lebhafteste Erinnerung ist die an das Hard Rock Café in Berlin. Amerikanische Küche. Ich war im siebten Himmel. Obwohl ich so etwas angesichts meines Berufs wohl lieber nicht verraten sollte.«
»Wenn Sie mich fragen, ist in jeder Küche Platz für einen anständigen Burger.« Er griff nach seinem Weinglas und beugte sich leicht vor, was mir einen ungehinderten Blick auf Diana und Dillon gewährte. Diana lachte über irgendetwas, das Dillon sagte. Jede seiner Gesten war mir so vertraut wie mein eigener Atem.
»Sie starren«, tadelte Ethan.
»Tut mir leid.« Ich schüttelte den Kopf und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Mann vor mir. »Ich weiß ja, dass ich sie einfach ignorieren sollte. Aber ich fürchte, das ist leichter gesagt als getan.«
»Sollen wir woandershin gehen?« Das Angebot war so rücksichtsvoll, dass mich augenblicklich Gewissensbisse überfielen.
»Nein. Wir haben ja schon bestellt. Und über kurz oder lang muss ich den Tatsachen sowieso ins Auge sehen. Also kann ich es genauso gut jetzt gleich tun – mit Ihnen.« Ich lächelte und rückte ein Stück zur Seite, damit ich die beiden nicht länger sehen musste.
»Hatten Sie Glück bei Metro Media?«, erkundigte er sich.
»Ja, allerdings. Wir haben DuBois’ PR -Beraterin kennengelernt, und es sieht
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