Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Essen im Blut.«
»Dank der Hilfe der Köchin meiner Großmutter. Von meinem Großvater habe ich alles gelernt, was man über Oliven und Ouzo wissen muss, aber den ganzen Rest hat mir Bernie beigebracht.«
»Sehen Sie? Absolut faszinierend. Und was war mit Ihrem Urgroßvater? Hat er Ihrer Großmutter jemals vergeben?«
»Machen Sie Witze? Jackson Harold Winston vergab niemals jemandem. Die eigentlich wichtige Frage ist, ob meine Großmutter ihm jemals vergeben hat.« Ich lächelte und genoss den kleinen Ausflug in meine Familiengeschichte.
»Lebt sie noch?«, fragte er.
»Und wie! Sie hat ihr Apartment auf der East End, ist aber so gut wie nie zu Hause. Sie reist, sieht sich die Welt an. Tobt sich aus.«
»So wie Ihre Mutter.«
»Ich schätze, die beiden haben einige Gemeinsamkeiten.«
»Während Althea eher nach Ihrem Großvater schlägt.«
»Nein, eigentlich nicht. Althea ist einfach Althea. Mein Großvater wusste durchaus, wie man sich gut amüsieren kann.«
»Tja, keine Ahnung, wie ich da mithalten soll«, erklärte Ethan gespielt betrübt. »Meine Verwandten sind bei weitem nicht so spannend. Ich glaube, das letzte Mal, als sich in meiner Familie jemand den Autoritäten widersetzte, war während des Jakobiter-Aufstands in Schottland.«
»Das klingt doch vielversprechend. Der gut gebaute Highlander kämpft für seinen Clan und den rechtmäßigen König.«
»Offen gestanden spielte sich das Ganze in den Lowlands ab. Allerdings verbündete er sich mit den Highlandern. Gegen die Wünsche seines Vaters. Aber leider nahm es kein gutes Ende, denn er erwischte das verkehrte Ende des Schwerts. Und das hat so ziemlich jeden weiteren Wunsch nach Rebellion in meiner Familie im Keim erstickt. Obwohl es mir wohl gelungen ist, ein klein wenig gegen das System aufzubegehren. Mein Vater wollte, dass ich nach Harvard gehe, aber ich habe mich für Dartmouth entschieden. Und niemand wollte, dass ich Anwalt werde.«
»Tja, da haben Sie es doch«, sagte ich und versuchte mich zu erinnern, wann ich mich das letzte Mal bei einem Abendessen so gut amüsiert hatte. »Das schwärzeste aller Familienschafe. Ihre Vorfahren wären stolz auf Sie.«
»Oh, ja, allerdings. Eine Gratwanderung, wie sie im Buche steht.« Lächelnd griff er nach der Weinflasche, so dass ich erneut einen ungehinderten Blick auf Diana und Dillon hatte. Sie waren verschwunden. Und ich hatte es nicht einmal mitbekommen.
Während des restlichen Essens, das wie im Fluge verging, drehte sich das Gespräch um alles Mögliche, von den Feinheiten bei der Zubereitung von Crème brûlée bis hin zur jüngsten Entwicklung im internationalen Körperschaftssteuerrecht. Wir unterhielten uns sogar noch, als wir das Restaurant verließen, in seinen Wagen stiegen und Richtung SoHo fuhren.
Vor meinem Haus stoppte der Wagen am Straßenrand, und Ethan beugte sich vor, um dem Fahrer Anweisungen zu geben, ehe er ausstieg und zu mir auf den Bürgersteig trat.
»Soll ich Sie nach oben begleiten?«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich komme schon zurecht. Aber vielen Dank für den Abend. Er war geradezu befreiend.«
»Keine allzu gewöhnliche Umschreibung für ein erstes Date.«
»Nun ja, wenn man die Umstände bedenkt, kann man es wohl kaum als gewöhnliches Date bezeichnen.«
»Das wohl nicht«, sagte er mit einem leicht teuflischen Grinsen. »Aber es war ein verdammt guter Anfang.«
Er beugte sich vor und strich mit den Lippen sanft über meinen Mund – eine Berührung, die erotischer war als jeder richtige Kuss, den ich je bekommen hatte.
Mit hämmerndem Herzen sah ich zu, wie der Wagen losfuhr, während ich mich zu erinnern versuchte, wann ich das letzte Mal so zittrig vor Aufregung gewesen war.
Vielleicht noch gar nie. Und – seltsamerweise – definitiv noch nie in Dillons Gegenwart.
Kapitel 10
Ich weiß nicht genau, wie wir vor Starbucks überhaupt existieren konnten. Okay, in Manhattan hatte es auch schon früher massenhaft Coffeeshops gegeben, aber irgendwie war es nicht dasselbe. Nicht dass ich zu diesen Drei-Latte-mit-entrahmter-Milch-am-Tag-Typen gehöre, keine Sorge. In Wahrheit kann ich Kaffee nicht allzu viel abgewinnen. Ich trinke lieber Tee. Meistens als Eistee. Aber ich habe auch eine Schwäche für die heißen Tazo-Tees bei Starbucks entwickelt. Ich meine, wer kann schon widerstehen, nach »Passion« zu fragen, insbesondere wenn der Barista hinterm Tresen süß ist? (Ganz ehrlich, das ist der Name des Tees, der unter anderem aus
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