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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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Ich schließe die Augen. Denke an meine Mum, wie sie mich zum Ballett fährt, zum Fechten, zum Tennis: alles Dinge, die ich unbedingt tun wollte und die ich gleich wieder aufgegeben habe, kaum dass ich angefangen hatte. Ich denke an den Tag, als sie mich von der Schule abgeholt und gesagt hat: » Heute habe ich Lust, jemanden zu tragen«, und es auch getan hat, obwohl ich eigentlich schon viel zu groß war. Ich denke daran, wie ich neben David im Sand liege, in den Himmel schaue und Wolkenbilder erfinde. Ich denke an …
    » Geht es dir gut?«
    Ich drehe den Kopf. » Was?«
    » Du weinst.«
    » Das stimmt nicht.«
    Er fährt mit dem Daumen über meine Wange. Er ist nass.
    » Das sind keine Tränen.«
    Niemand sonst würde mir glauben. » Dir geht es also gut?«, fragt Louis.
    » Natürlich geht es mir gut.«
    Er lächelt. » Gut!«
    Ich beachte ihn nicht. Sehe einfach an die Decke, starre ins Leere.
    » Hast du was dagegen, wenn ich rauche?«, fragt er.
    » Tu dir keinen Zwang an.«
    Er zündet sich eine Zigarette an und gibt sie mir dann, als würden wir uns eine Friedenspfeife teilen. Ich nehme einen Zug. Und gebe sie ihm langsam zurück, versuche, nicht zu würgen. Wir schweigen lange. Er bläst Rauchkringel in die Luft, und ich sehe zu, wie sie zur Decke wabern.
    » Also«, sagt er, » was ist aus dem Typen auf Sarahs Party geworden?« Und plötzlich ist der Schmerz wieder da. » Du weißt schon, dieser gut aussehende Surfer-Typ.«
    » Ich kenne keine Surfer-Typen«, sage ich und greife nach meinen Klamotten.
    » Was machst du da?«
    » Nach was sieht es denn aus?« Ich stecke die Arme in meinen ersten Kapuzenpulli und streife ihn mir über.
    » Aber warum?«
    Ich ignoriere ihn. Ziehe mir eilig den zweiten Kapuzenpulli an.
    Er schlägt die Decke zurück. Ich sehe weg.
    » Also«, sagt er und zwängt sich in seine Jeans. » Nicht dass es zur Gewohnheit werden soll oder so … aber kann ich deine Nummer haben?«
    Ich muss schnell denken. » Ich ruf dich an«, sage ich und habe nicht vor, es zu tun. Ich will Louis vergessen. Ich will vergessen, dass ich überhaupt hier war.
    Er grinst. » Du redest nicht. Du rückst deine Nummer nicht raus … Bist du sicher, dass du kein Junge bist?«
    Ich gehe zur Tür. » Bring lieber das Bett in Ordnung.«
    » Ach ja, richtig.« Er zieht die Decke glatt.
    Ich warte nicht. Auf dem Weg nach unten schalte ich mein Handy ein, um ein Taxi zu rufen. Auf dem Display erscheinen Nachrichten. Eine Menge Nachrichten und verpasste Anrufe. Einige mit Mikes Nummer, einige unterdrückt – von zu Hause. Der letzte Anruf war vor drei Minuten. Ich schließe die Augen. Will ich wirklich zurück? Dann steht Louis neben mir. Mir fällt ein, dass ich kein Geld habe. Aber ich bitte ihn nicht darum. Ich komme mir schon so billig genug vor.
    » Man sieht sich, okay?«, sage ich.
    Für einen Moment sieht er mich an, als wäre ihm klar, dass ich ihm eine Abfuhr erteile, was ich auch tatsächlich tue. Er zuckt mit den Schultern. Lächelt. » Okay.«
    Er geht zurück zur Party.
    Draußen, auf einer der geschäftigsten Straßen in South Dublin, winke ich ein Taxi heran. Ich setze mich auf den Rücksitz und versuche, den größten Fehler meines Lebens zu vergessen. Draußen wanken Leute von irgendwelchen Partys nach Hause. Ein Mädchen läuft barfuß und hat ihre Schuhe in der Hand. Die Jacke ihres Freundes liegt um ihre Schultern. Das erinnert mich an eine Zeit, als ich in einem Märchengarten saß und eine Bank mit einem Ritter geteilt habe. Stumme Tränen laufen mir über das Gesicht.

25 Ein Versehen
    Noch bevor das Taxi anhält, schwingt die Vordertür unseres Hauses auf. Es ist Mike und gleich hinter ihm der Rockstar. Sie rennen die Treppe hinunter. Müde öffne ich die Tür des Taxis.
    » Gott sei Dank«, sagt der Rockstar. Als würde er sich um mich sorgen.
    » Hast du Geld? Ich brauch es für das Taxi«, sage ich kühl. Das scheint ihn aus dem Konzept zu bringen. Er bleibt stehen, kramt in seinen Taschen und zieht einen zerknitterten Zwanziger hervor. So viel Respekt, wie er dem Schein entgegenbringt, könnte es sich auch um ein Taschentuch handeln. Ich reiße ihm den Schein aus der Hand und gebe ihn dem Fahrer. Ich sage ihm, dass er den Rest behalten kann. Es ist eine Menge. Aber der Rockstar hat sowieso zu viel und kann es ruhig ein bisschen verteilen. Ich schlage die Tür zu und marschiere am Rockstar vorbei.
    » Alles in Ordnung mit dir?«, fragt Mike mich, und ich werde weich, als ich

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