Wer braucht schon Liebe
gerade eine ganz schreckliche Nachricht gehört.
» Mike hat recht«, seufzt er tief. » Ich habe dich im Stich gelassen.« Sein Blick ist jetzt voller Bedauern. Jetzt sieht mich nicht der Rockstar an, sondern mein Vater. » Ich hab dich verloren, oder?«, fragt er. Und es kommt mir vor, als hätte sich alles geändert, als wäre ich nicht mehr sein kleines Mädchen.
Ich schlucke.
» Alex, es tut mir leid.«
Denkt er wirklich, es ist so einfach? Ein kurzes » Es tut mir leid« und alles ist wieder in Ordnung? Jemand anders hätte ein » Tut mir leid« nötig, aber sie wird es nie mehr hören können.
» Ist das alles?«, frage ich, als wäre ich gelangweilt. Ich schiebe meinen Stuhl zurück.
» Nein«, sagt er. » Das ist nicht alles. Dieser Junge. Liebst du ihn?«
» Louis?« Ich lache laut und schroff. » Hast du die Stylistin geliebt?«
Er sieht aus, als wäre ihm schlecht. » Sag mir wenigstens, dass ihr Vorsichtsmaßnahmen getroffen habt.«
» Oh mein Gott. Ich fass es nicht, dass du mich das fragst. Habe ich dich gefragt, ob du mit ihr › Vorsichtsmaßnahmen‹ getroffen hast?« Und für was hält er mich eigentlich? Für total bescheuert?
Er holt tief Luft, als würde er um Geduld ringen. » Alex, es liegt in meiner Verantwortung, für deine Sicherheit zu sorgen. Ich bin dein Vater.«
» Seit wann? Seit ein paar Minuten?« Aber die eigentliche Frage ist, wie lange er plant, Vater zu bleiben – weitere fünf Sekunden?
» Ich will nicht, dass du mit diesem Jungen zusammen bist.«
» Mit was für einem Jungen?«
» Tu nicht so unschuldig. Mit dem Jungen, den du letzte Nacht getroffen hast.«
» Ich bin nicht mit ihm zusammen.«
» Richtig, also sieh zu, dass das so bleibt.«
» Ach ja, und aus heiterem Himmel bist du plötzlich Mr Autorität?« Wütend sehe ich ihn an, den Dad-auf-Knopfdruck, und beschließe, dass ich Louis noch mal treffen werde – nur um ihn zu ärgern.
» Wenn es sein muss, bin ich Mr Autorität.«
» Ach ja?«
» Okay. Jetzt reicht’s. Du hast Hausarrest, junge Dame.«
Ich pruste los. In meinem ganzen Leben hat er mich noch nie zu Hausarrest verdonnert. Ich stehe auf und gehe zur Tür. Von dort drehe ich mich noch einmal zu ihm um. » Ach, und übrigens – Hausarrest macht nur Sinn, wenn man ein Leben hat.«
Ich renne nach oben. In meinem Zimmer suche ich Louis’ Nummer auf meinem Handy. Er antwortet nach dem fünften Klingeln. Er klingt groggy, so als hätte er noch geschlafen. Und ich frage mich, was ich hier eigentlich tue.
» Ja?«
Ich denke an den Rockstar, und das motiviert mich, weiterzumachen. » Hier ist Alex.«
» Na so was, hal-lo.« Er klingt, als hätte er sich plötzlich aufgesetzt.
» Hast du Lust, dich irgendwann mal mit mir zu treffen?« Ich kann es nicht fassen, was ich tue.
Es folgt ein kurzes Schweigen. » Da lag ich wohl daneben.«
» Was?«
» Ich hätte nicht gedacht, dass du anrufst.«
» Also wann?« Mist. Ich muss an Mike denken. Ich kann nicht riskieren, dass er wieder rausgeschmissen wird. » Ich ruf dich gleich zurück.«
Ich renne nach unten. Der Rockstar ist in seinem Arbeitszimmer, liegt mit einem nassen Waschlappen auf dem Gesicht auf seinem Ledersofa. Und es widerstrebt mir, ihn zu stören, aber … » Also, was genau meinst du mit Hausarrest?«
Er nimmt den Waschlappen vom Gesicht und setzt sich auf. Er sieht erschöpft aus.
» Ich meine, wenn du von der Schule heimkommst …«
» Arbeit«, sage ich, nur um ihn zu nerven.
» Okay, Arbeit. Wenn du von der Arbeit heimkommst, bleibst du hier.«
» Wie lange?«
» Den Rest des Abends.«
Ich verdrehe die Augen. » Wie lange habe ich Hausarrest?«
» Ach so, stimmt.« Nach einigem Zögern entscheidet er sich für eine Woche. Er hätte entschlossener klingen können, so wie damals, als ich noch ein Kind war und er kein Problem damit hatte, Nein zu sagen.
» Okay«, sage ich und gehe wieder raus.
Auf dem Weg nach oben denke ich darüber nach, wann ich frei habe und nicht zu Hause erwartet werde.
Ich rufe Louis wieder an. » Mittagessen, Montag.«
Er lacht. » Könntest du noch etwas präziser sein?«
» Ich habe Hausarrest. Anders geht es nicht.«
Ich kann hören, wie er lächelt, als er sagt: » Bist du etwa ein böses Mädchen gewesen?«
» Louis, willst du dich mit mir treffen oder nicht?«
» Ja, na klar.« Es folgt eine lange Pause. » Okay. Komm zu mir nach Hause. Es ist niemand da.«
Ich weiß, was das heißt. Ich weiß auch, dass es nie darum ging, dass
Weitere Kostenlose Bücher