Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
sonst etwas karg ausgefallen“, ist das einzige Problem, das Claire daran erkennt. Vergiss Weihnachten – dein Mann will mich am Steinkreis opfern. Heute ist sowieso erst der 21. Dezember. Bis zum 24igsten können die Straßen schon wieder frei sein – hoffentlich.
Die Jungs haben am Abend ein Feuer vor dem Haus entzündet und rundherum Baumstämme platziert. Das soll wohl irgendein Brauch sein. Ein Keltischer – möchte ich wetten. Schön langsam friere ich mir, trotz der Hitze der Flammen, den Arsch ab.
„Lasst uns Weihnachtslieder singen.“
Wer war das
? Wer hat so blöde Ideen?
„Warte, ich hole die Geige“, erklärt Kadien und geht ins Haus. Können wir nicht, wie jede normale Familie, drinnen sitzen und in die Glotze starren? Ich vergaß, sie haben ja keine.
„Ich hole uns die Flöten“, lässt mich die Augen rollen. Emma macht sich schon in Richtung Haus auf, dreht sich aber noch einmal um. „Lucien? Kommst du mit? Ich habe solche Angst.“ Ihr Schoßhündchen tut sogar, was sie verlangt und geht mit. Mann, ich kann mich nicht erinnern, dass
sie
von einem knurrenden Einbrecher verprügelt worden wäre. Was soll
ich
denn sagen. Wenn hier jemand das Recht hat, Angst zu haben, dann ja wohl meine Wenigkeit. Mir wird gerade klar, dass die Angriffe auf mich etwas mit diesem Schwarzen Orden zu tun haben könnten. Hat mein Onkel den Handel vielleicht längst abgeschlossen? Hm, aber der Typ hat mich gleich in der ersten Nacht, als ich angekommen bin, angegriffen. Da war das Haus noch gar nicht mit dem Kreuz markiert. Echt eigenartig.
Genervt schupse ich die Katze weg, die mal wieder nicht von meiner Seite weichen will.
Als sie zu singen beginnen, intensiviert sich mein unterschwelliger Kopfschmerz. Kadien spielt unsagbar mies. Emma und Lydia mit Flöte sind auch nicht besser.
„Hope, willst du nicht mitsingen?“, fragt mich Tante Claire. Ich schüttle den Kopf und versuche, mir unbemerkt den mp3-Player reinzustöpseln. Keine Chance. Sie haben mich im Visier.
Kadien spielt ein paar irische Lieder. Das ist ja grauenhaft. Er spielt so falsch, dass es mir die Gänsehaut aufzieht. Ich halt das nicht mehr aus. Genervt stapfe ich zu ihm rüber, entreiße ihm das Teil und stimme es erst mal. Kadien starrt mich mit offenem Mund an. Ich fass es nicht, dass ich das jetzt tue, aber bevor ich noch ein einziges Lied von ihm ertragen muss, spiele ich lieber selbst.
Voller Konzentration schließe ich die Augen und spiele das einzige irische Lied, das ich kenne. Ich erinnere mich, es als Kind immer gespielt zu haben, weil es so fröhlich ist.
Mein Haar lasse ich wild im Takt der Musik durch die Luft schnellen. Die Jungs stoßen Freudenschreie aus, springen auf und tanzen. Als ich ihnen beim Tanzen zusehe, kann ich mich sofort wieder an die Schritte erinnern. Der Tanz hat wohl die Jahrzehnte überdauert und wird selbst in unserer Zeit noch so getanzt. Lachend tanze ich mit. Immerhin bin ich eine waschechte Irin, die hier aufgewachsen ist. Ich hab den Rhythmus im Blut.
Lucien klatscht im Takt. Er singt sogar dazu. Den gälischen Text hatte ich ganz vergessen. Ich konnte die Sprache mal fließend. Glaube ich zumindest. Eigenartig, das hatte ich ganz vergessen.
Auch als ich bereits zu Ende gespielt habe, tanzen wir weiter. Mittlerweile hat Kadien die Geige wieder übernommen und spielt für uns.
Der alte Volkstanz ist leicht. Die Jungs nehmen mich in die Mitte. Gleichzeitig hüpfen wir zu der Musik. Das macht so viel Spaß, dass ich die Welt um mich herum vollkommen vergesse.
Befreit drehe ich mich im Kreis vor dem Feuer. Erst viel zu spät erkenne ich, dass die Jungs bereits stehengeblieben sind. Mit offenen Mündern starren sie auf das Feuer hinter mir.
Blitzschnell drehe ich mich um und erkenne, dass die Flammen wie ein kleiner Tornado rotieren. Mit dem nächsten Wimpernschlag ist es vorbei. Wow, ich hab schon Windhosen gesehen, die dasselbe mit Stroh gemacht haben, aber bei Feuer wirkt das noch spektakulärer.
„Daddy, hast du gesehen, was der Wind mit dem Feuer gemacht hat?“, ruft Lydia begeistert. „Ja, das war toll.“ Kriegt euch wieder ein.
Plötzlich zerreißt ein Schrei die Stille. Emma hat die Hände vor den Mund geschlagen und starrt mit angstgeweiteten Augen in Richtung Wald. Dort steht die schwarze Gestalt mit Kapuze.
Ha
! Jetzt haben sie sie auch endlich gesehen. Ich bin also doch nicht verrückt.
Lucien springt an meine Seite und zieht mich hinter sich. Tristan und Kadien schnappen
Weitere Kostenlose Bücher