Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
hatte ihr versprochen, sie nicht in seinem Buch zu erwähnen. Aber konnte sie ihm trauen?
Elaina seufzte. Sie war wütend auf sich. Warum ließ sie sich jetzt gerade in Versuchung führen? Während der zweiundzwanzig Wochen an der Akademie war sie abstinent geblieben und hatte sich nicht am allgemeinen Rumvögeln beteiligt, wie es unter auszubildenden Agenten üblich ist. Was kein Wunder war. Denn wenn man eine Meute von Zwanzig- bis Dreißigjährigen zusammensperrt und sie jeden Tag bis in die Nacht schwitzen und büffeln lässt, dann ist Sex für viele das einzige Heilmittel gegen diesen Stress.
Elaina hatte ihre körperliche Entspannung auf dem neun Meilen langen Hinderniskurs gesucht, den alle in Anspielung auf den Zauberer von Oz die Straße des gelben Ziegelsteins nannten, weil zur Orientierung der Läufer mancher Fels gelb markiert war. SEI KEIN WARMDUSCHER ! QUÄL DICH UND LEIDE ! LIEBE DEN SCHMERZ ! Diese Sprüche am Wegrand hatten sie angetrieben und daran erinnert, dass Ausdauer und Leidensfähigkeit auf dem Weg nach oben unabdingbar waren.
Und als der Druck an der Akademie noch größer geworden war, hatte sie sogar ihren Schlaf geopfert. Sie schuftete wie ein Pferd, die unmoralischen Angebote der Jungs konnten ihr nichts anhaben. Die Konzentration auf ein Ziel, von dem sie sich durch nichts ablenken ließ, war immer eine ihrer Stärken gewesen.
Und jetzt das.
Drei Mädchen in Bikinitops und Selfmade Shorts kamen aus dem Laden und kletterten in ein Cabrio. Musik dröhnte aus dem Wagen, als sie auf den Lito Highway einbogen.
Wehmütig sah Elaina dem Wagen nach. Bedauern über etwas, das sie nie erlebt hatte, überfiel sie. Doch dann verschwand die Wehmut, und sie fragte sich, ob die drei Mädchen wohl heil nach Hause kommen würden. Wahrscheinlich schon. Aber vielleicht eine von ihnen nicht.
Die Wagentür ging auf, und Troy stieg ein. Er hatte ein Sixpack gekauft. Die gekühlten Flaschen waren von der Hitze ganz glitschig.
»Ich habe eine SMS von meinen Chef bekommen«, sagte Elaina.
Troy fuhr auf den Highway und sah sie an.
»Ich soll ihn anrufen. Diese Gelegenheit lass ich mir nicht entgehen.«
Er sagte kein Wort auf dem Weg zum Sandmill Inn. Als er den Blinker setzte, um zu ihrem Hotel zu fahren, bemerkte sie ihren Fehler. Denn keineswegs wollte sie, dass er sie auf ihr Zimmer begleitete.
»Könntest du mich bis zu dem kleinen Lebensmittelladen fahren?« Sie lächelte ihn an. »Ich habe das Abendessen ausfallen lassen.«
»Aha, der Appetit ist wieder da.«
»Jawohl.«
Troy fand einen Parkplatz direkt vor dem Eingang des Geschäfts.
»Danke«, sagte sie und öffnete die Tür. »Auch für deine Begleitung zu Ronnie. Ich halte dich mit dem Projektil auf dem Laufenden.«
»Ich fahre dich zum Hotel zurück.«
»Nicht nötig. Das sind nur ein paar Meter.« Sie lächelte. »Nochmals vielen Dank.«
Beim Betreten des Supermarkts spürte sie seine Augen in ihrem Rücken. Sie blieb im grellen Neonlicht stehen und überlegte. Sie brauchte tatsächlich einige Lebensmittel. Sie hatte nicht gelogen. Sie nahm einen Korb und kaufte die gleichen Dinge wie zu Hause ein: Müsliriegel, Sonnenblumenkerne und Brezeln. Außerdem Joghurt und etwas Obst.
Auf dem Rückweg zum Hotel gratulierte sie sich, dass sie der Versuchung, eine Dummheit zu begehen, widerstanden hatte. Sie war zufrieden mit sich.
Dennoch war sie schlechter Laune.
Sie nickte Brenda, dem Mädchen an der Rezeption, zu. Vor ihrer Sand Dollar Suite war die Beleuchtung defekt. Gleich morgen früh würde sie es melden.
Im Zimmer roch es wieder nach Zitronen. Das Zimmermädchen war wohl da gewesen. Die Einkaufstaschen stellte sie auf die Kommode, ein paar Sachen verstaute sie in dem kleinen Kühlschrank. Sie schloss ihr Handy an das Ladegerät an. Noch immer kein Rückruf von Scarborough.
Troy hatte recht gehabt. Ihre Muskeln waren verspannt. Aber mehr als Bier und Gesellschaft brauchte sie eine heiße Dusche.
Sie stand unter dem kochend heißen Wasserstrahl und dachte über ihr Fundstück nach. Wie würde ihr Chef darauf reagieren? Höchstwahrscheinlich skeptisch. Ein neun Jahre altes Projektil war alles andere als ein vielversprechendes Indiz. Elainas Bitte, ein Team von Technikern herzuschicken, um die Kugel aus Ronnies Schuppen zu bergen, würde im Büro bestimmt für ausgelassene Heiterkeit sorgen. Außerdem wurden DNA -Tests im Eilverfahren nur für potentielle Täter genehmigt. Untersuchungen ins Blaue hinein waren die Ausnahme.
Doch
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