Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
Elaina bot ihm die Hand zum Schnuppern an. Er war eine Art deutscher Schäferhund, aber nicht reinrassig. Sie kraulte ihn hinter den Ohren.
»Du magst Hunde.«
Sie sah hoch. Troy lächelte ihr zu.
»Und du nicht?«, fragte sie ihn.
»Doch. Aber vorhin schienst du ängstlich zu sein.«
»Ich habe mich erschrocken. Das war alles. Ich liebe Hunde.« Sie stand auf und steckte die Hände in die Hosentaschen, was Bär sichtlich missfiel.
Troy lächelte noch immer. »Hast du einen?«
»Nein. Aber das kann sich ändern.« Falls sie irgendwann einmal ein klitzekleines Appartement ihr Eigen nennen sollte.
Elaina sah sich um. Sie ließ den Raum auf sich einwirken. Wann immer es möglich war, führte sie Befragungen in der Wohnung durch. Man erfuhr so viel mehr über die Menschen, wenn man sah, wie sie lebten. Ihr Blick fiel auf einen abgenutzten grünen Lehnstuhl in der Ecke. Das Polster passte nicht zum Rest der Einrichtung. An der Wand hinter dem Stuhl hingen ausgestopfte Fische.
Ronnie kam mit zwei großen Gläsern zurück, die bereits schwitzten.
»Ihr Mann war wohl ein begeisterter Fischer.«
Ronnie blickte verwundert.
»Ich habe die Trophäen entdeckt.«
Ronnie lächelte liebevoll. »Er hat das Wasser geliebt. Sie kennen den Begriff Golfwitwe ? Ich war eine Fischerwitwe, lange bevor ich eine richtige Witwe geworden bin.« Sie hielt inne. »Seit Jahren will ich das Zeug abhängen, bring’s aber nicht übers Herz.«
Elaina lächelte höflich und probierte den Tee. Er war kalt und süß.
Ronnie setzte sich in einen Ohrensessel mit Blümchenmuster und sah zu Elaina. »Was kann ich für Sie tun? Sie haben von einem Spanner im Viertel gesprochen. Das muss ja was Ernstes sein, wenn das FBI sich dafür interessiert.« Sie zog ihre sorgfältig nachgezeichneten Augenbrauen hoch. »Ich nehme an, dass es nichts mit dem Mädchen zu tun hat, das man heute Morgen im Vogelpark gefunden hat.«
»Doch«, sagte Elaina, bevor Troy das Gespräch wieder an sich reißen konnte. Sie setzte sich aufs Sofa, er blieb neben dem Kamin stehen. »Wir sehen uns bestimmte Verbrechen der letzten Jahre noch einmal genauer an.«
»Sie reden von dem Voyeur, der vor zehn Jahren …«
»Ich glaube, es waren neun«, sagte Elaina. Sie holte ihren Notizblock aus der Handtasche. Bär machte es sich vor ihren Füßen gemütlich.
»Das ist ganz schön lange her«, sagte Ronnie. »Ob mir dazu noch viel einfällt? Ich habe ihn herumschleichen gesehen und gleich gewusst, was er im Schilde führt.«
»Und was hat er im Schilde geführt?«, fragte Elaina.
»Nichts Gutes«, antwortete sie und setzte einen angewiderten Blick auf. Für Elainas Teeglas hielt sie einen gehäkelten Untersetzer bereit.
»Im Polizeibericht fehlt eine Personenbeschreibung. Erinnern Sie sich an sein Aussehen?«
»Ich habe ihn nicht gut gesehen.«
»War er groß? Klein? Erinnern Sie sich an seine Haarfarbe?« Elaina hatte ihren Bleistift gezückt, doch Ronnies Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
»Es war dunkel«, sagte sie. »Ich habe nur einen Schatten gesehen.«
Elaina war enttäuscht. Gut, die Aussicht, irgendetwas Brauchbares zu erfahren, war gering gewesen. Aber trotzdem. Die zeitliche Nähe von Mary Beth’ Ermordung zu den Vorfällen in der Straße, in der sie gewohnt hatte, waren vielleicht kein Zufall.
»Ist Ihnen an jenem Abend irgendetwas Besonderes aufgefallen? Vielleicht ein unbekannter Wagen, der in der Nähe geparkt hatte? Oder ein obszöner Anruf?«
»Ich kann mich an nichts in der Art erinnern.«
»Und Sabrina?« Elaina griff nach jedem Strohhalm. »Hatte sie jemand in der Schule oder in der Arbeit belästigt? Wie alt war sie damals?«
»Sie war in der zwölften Klasse, Highschool. Gearbeitet hat sie nicht. In ihrer Freizeit wollte sie nur tanzen.« Ronnie konnte in Elainas und Troys Gesicht deren Enttäuschung ablesen. »Wissen Sie, Sabrina hat beim Ausziehen immer vergessen, den Rollladen runterzulassen. Zweimal habe ich ihn im Hof stehen sehen. Beim zweiten Mal habe ich ihn fast gestellt.«
»Tatsächlich? Dann haben Sie beim zweiten Mal die Polizei verständigt?«, fragte Elaina.
»Nein, beim ersten Mal.« Ronnie verschränkte die Arme. »Die haben sich ganz schön viel Zeit gelassen, bis sie hier eingetrudelt sind. Der Kerl war natürlich schon lange weg.«
»Und beim zweiten Mal?«
»Da habe ich ihm in den Hintern geschossen.«
8
»Sie haben ihm in den Hintern geschossen? Womit? Mit einer Schusswaffe?«
Troy schüttelte den Kopf
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