Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
nicht zitieren. Ich schreibe nur über den Fall. Kapier das endlich.«
Sie sah nicht auf und versuchte ihre Gefühle zu verbergen. Sie nickte. »Es tut mir leid.« Mit dem Ärmel fuhr sie über ihre Nase. »Mir geht’s … Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was heute mit mir los ist.«
»Du warst den halben Nachmittag am Tatort. Dann warst du bei einer Obduktion, dann hast du dich um eine trauernde Familie gekümmert. Und am Abend bist du den Spuren eines widerlichen Spanners nachgegangen.«
Sie nickte und sah weg. Dann räusperte sie sich. »Du hast recht. Ich bin nur müde.« Sie atmete tief durch und strich ihr Haar nach hinten. »Ich muss Scarborough anrufen.« Als sie die Nummer in ihr Handy tippte, zitterte sie.
Troy fuhr weiter. Sie sah zum Fenster hinaus, nachdem sie ihrem Chef eine Nachricht hinterlassen hatte. Sie wirkte jetzt ruhiger.
»Ich bin einfach nur erleichtert, verstehst du? Endlich habe ich etwas Richtiges getan.«
Er sah zu ihr hinüber. Ihr strahlendes Lächeln von vor ein paar Minuten war verschwunden.
Was ihn beunruhigte. Sie rechnete mit einer Niederlage. Er war sich sicher.
»Du glaubst, dass er darauf eingeht?«
»Was meinst du?«
»Du glaubst, Scarborough schickt Techniker vorbei, damit sie die Kugel untersuchen?«
»Natürlich werden wir sie untersuchen.« Ihre Augenbrauen wölbten sich nach oben. »Sie könnte DNA …«
»Nach zehn Jahren?«
»Das ist möglich. Soll ich etwa ein solches Beweisstück übergehen? Es könnte Spuren unseres Täters enthalten. Und seine DNA ist vielleicht gespeichert.«
»Das habe ich nicht gesagt. Aber jemanden zu finden, der die Kugel sofort untersucht, wird schwierig. Ist euer Labor nicht arg überlastet?«
»Schon.« Jetzt klang sie wieder defensiv.
»Und eine zehn Jahre alte Kugel wird dann sofort untersucht? Glaubst du das im Ernst?«
Sie antwortete nicht und sah zum Fenster hinaus. Ihre Euphorie hatte sich verflüchtigt.
»Falls dein Boss Schwierigkeiten macht, ich habe Beziehungen zu einem Privatlabor«, sagte er. »Kennst du das Delphi Center?«
»Wer kennt es nicht?«
»Eine Topkraft im DNA -Test ist eine Bekannte von mir. Ich rufe sie gerne an.«
»Nicht nötig. Ich regle das allein.«
»Wie du willst.« Er sah sie von der Seite an. »Woher hast du gewusst, dass Ronnie verwitwet ist? Ich dachte, sie wäre geschieden.«
Elaina zuckte mit den Achseln.
»Nein, wirklich. Wie bist du darauf gekommen?«
»Wegen ihres Wohnzimmers. Geschiedene Frauen errichten normalerweise keinen Altar für ihren Ex. Wahrscheinlich liebt sie ihn noch immer.«
Troy war überrascht. Erst die Tränen, dann dieser sentimentale Kommentar. Elaina hatte auch eine weiche Seite. Als er sie als strenge und sachliche FBI -Agentin zum ersten Mal im Jachthafen in Aktion gesehen hatte, hätte er das niemals vermutet.
Sie erreichten die Insel. Aber anstatt nach rechts in Richtung Sandhill Inn abzubiegen, fuhr er nach links. Elaina war so in Gedanken versunken, dass sie es nicht bemerkte. Er fuhr auf den Parkplatz einer Tankstelle.
»Was machen wir hier?«, fragte sie.
»Bier besorgen.«
»Für wen?«
»Für uns.«
»Ich muss ins Hotel zurück«, sagte sie. »Vielleicht ruft mein Chef an. Und arbeiten muss ich auch.«
Er legte eine Hand auf ihre Schulter. Sein Daumen streifte ihren Nacken. Er sah sie an. »Hast du heute nicht genug getan?«
»Ich muss noch …«
»Verschnauf mal.« Er drückte ihre Schulter. »Du bist so verspannt. Pass auf. Bald reißt du wie eine Gitarrensaite.«
Sie blickte ihm lange in die Augen. »Und wenn ich mit dir ein Bier trinke, kommt alles wieder in Ordnung?«
»Es kann nicht schaden. Jetzt sag ja. Ich kümmere mich darum.«
Sie war unsicher. Und wo würden sie das Bier trinken? Bei ihr im Hotelzimmer? In seiner Wohnung? Er überließ ihr das Spekulieren, denn er saß nur ruhig da.
Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Aber nur eines . Danach muss ich ins Hotel.«
»Kein Problem.«
Während er in der Tankstelle das Bier besorgte, fielen ihr Weaver’s warnende Worte wieder ein. Und auch ihr Verstand meldete sich wieder.
Ein Mann. Dazu Bier und Mondschein. War doch klar, wo das hinführen würde. Dahin, wo Elaina nicht hinwollte. Oder besser: dahin, wo sie unbedingt hinwollte. Aber das hier war ihr erster großer Fall, ein Wendepunkt in ihrer Karriere und bestimmt nicht der richtige Moment für eine Affäre mit einem Fremden, der ihr zudem noch allerhand professionelle Probleme bereiten könnte.
Würde er das tun?
Er
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