Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
wilden Jahre, die hinter dir liegen, interessieren mich nicht.«
»Nicht mal ein bisschen?« Er spielte den Gekränkten, und sie verdrehte die Augen.
Als Nächstes hob sie die Akte vom Wagenboden auf, platzierte ihre Füße auf dem Sitz und las weiter.
Mia Voss hatte rotblondes Haar und dazu passend viele Sommersprossen. Sie sah überhaupt nicht so aus, wie sich Elaina eine DNA -Spezialistin vorgestellt hatte.
»Wie alt ist die Probe?«, fragte sie. Mias Büro war winzig und so gut beleuchtet wie eine Besenkammer. Mia selbst hatte den beiden ihr kleines Reich als eine »gemütliche Ecke« vorgestellt.
»Ungefähr neuneinhalb Jahre«, antwortete Elaina.
Mia sah Troy entgeistert an. »Und wir reden von einem Schuppen ohne richtiges Dach? Die Probe war jahrelang dem Wetter ausgesetzt.«
»Da hatten wir ziemliches Glück«, sagte Troy. »Die Kugel hat sich tief ins Kantholz gegraben. Elaina hat das ganze Stück mitgebracht. Es liegt unten bei deinem Assistenten.«
Mia vergrub die Hände in ihrem Laborkittel und holte tief Luft. »Zumindest habt ihr sie nicht mit einem Taschenmesser herausgepellt.« Sie warf Troy einen Blick zu. Tatsächlich hatte er in Ronnies Hof mit dem Gedanken gespielt.
»Für wie blöd hältst du uns?«, sagte er jetzt. »Klar, die Sache liegt lange zurück. Aber versuch es, bitte.«
»Es geht um einen sehr wichtigen Fall«, ergänzte Elaina. Mia sah sie an.
»Dann geht’s wohl um den Paradieskiller?«
Elaina wollte gerade eine ihrer typischen Kein-Kommentar-Gesten machen, als Mia die Hand hob.
»Schon gut. Vergessen Sie meine Frage«, sagte sie. »Sie dürfen mit den Details nicht herausrücken, und ich will sie auch nicht wissen. Dennoch …«, und sie schrieb in aller Eile etwas auf einen Notizzettel, »falls es um diesen Fall geht, rufen Sie diesen Mann an.«
Elaina blickte auf den Zettel. »Ric Santos, San Marcos Polizeirevier.«
»Er ermittelt in einigen ungeklärten Fällen und glaubt an eine Verbindung. Er wollte mit dem Polizeichef da unten reden, aber der wollte nicht.«
Wut stieg in Elaina auf. Dieser Breck war wirklich zu blöd. Selbst wenn man ihn mit dem Kopf auf eine Spur stieß, sah er weg. Und dabei war angeblich sie diejenige, der es an Erfahrung fehlte.
»Wann können wir mit einem Ergebnis rechnen?«, fragte Troy.
»Keine Ahnung. Von meiner Arbeitsbelastung her würde ich sagen, kurz vor Weihnachten.«
Troy sah sie vorwurfsvoll an, was Elaina ziemlich aufregte.
»Jetzt aber«, sagte er. »Willst du, dass ich vor dir auf die Knie gehe?«
»Ich tue, was ich kann«, versprach sie. »Aber macht euch nicht zu große Hoffnungen. Eine neun Jahre alte DNA -Probe – die auch noch den Elementen ausgesetzt war –, nicht gerade ideal.«
»Versuch, was möglich ist«, sagte Troy. »Wir erwarten keine Wunder von dir.«
Wahrscheinlich doch, dachte Mia und brachte sie zur Tür.
»Könntest du Elaina kurz herumführen?«, fragte Troy. »Sie ist zum ersten Mal hier.«
»Ich habe zweihundertdreiundzwanzig unbeantwortete Nachrichten auf meiner Mailbox. Es tut mir leid, ich habe heute noch nicht einmal Zeit zum Atmen.«
»Wir finden allein hinaus«, sagte Elaina, aber Mia wich nicht von ihrer Seite. Trotz Besucherausweis war es ihnen wohl nicht erlaubt, sich ohne Begleitung hier zu bewegen.
Aber wie gerne hätte sie es getan. In der Lobby waren ihr die Hinweisschilder zu den verschiedenen Abteilungen aufgefallen. Da gab es eine für Fingerabdrücke, eine für Spurensicherung, eine für den Schriftvergleich und eine osteologische Abteilung im Keller. Elaina war schon immer von Knochen fasziniert gewesen. Das Delphi Center besaß eine der besten forensischen anthropologischen Abteilungen der Welt. Kelsey Quinn aus der Osteologie hatte während Elainas Studienzeit eine Vorlesung an der FBI -Akademie gehalten. Die Jungs hatten sich wohl hauptsächlich über ihr Aussehen verlustiert und so das Wesentliche ihres Vortrags verpasst. Elaina aber hatte Doktor Quinns Fachkenntnis tief beeindruckt.
Sie kamen an einem großen Fenster vorbei, auf dem eine Doppelhelix eingraviert war. Dahinter arbeitete etwa eine Handvoll Wissenschaftler an Mikroskopen.
»Wie viele DNA -Spezialisten habt ihr?«, fragte Elaina.
»In meinem Team sechs«, sagte Mia. »Dann gibt es noch meinen Chef, der die Fälle verteilt. Er ist zurzeit im Urlaub. Deshalb kann ich euren Fall dazwischenschieben.«
Sie kamen zu einem Raum, der voller Computer war.
»Hier geht es um Online-Kriminalität«, sagte Mia.
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