Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
kurzen Summton. Das Mädchen drehte sich um, sah dann aber wieder zu Elaina. Sie schien zu überlegen.
»Da gibt es ein Mädchen. Die ist oft hier. Keine Ahnung, wer das ist.«
In Elainas Fingern juckte es. Sollte sie den Notizblock herausziehen? Sie ließ es bleiben. »Wie sieht sie aus?«
Ein Schulterzucken. »Wie alle aussehen.«
»Wie du?« Eine Weiße mit blonden Haaren, braungebrannt und mager?
»Huch. Braune Haare, glaub ich. Sie sieht nicht besonders gut aus. Ich glaub, er hat es hauptsächlich auf ihren Jeep abgesehen.«
»Sie hat einen Jeep?«
»Ein blauer Rubicon Jeep von Wrangler. Die ideale Kiste für den Strand. Noah ist nämlich Surfer.« Sie seufzte. »Ich muss jetzt los. Tut mir leid mit deinem Gesicht. Vielleicht benutzt du das nächste Mal deine Knarre.«
»Ich werde daran denken«, sagte Elaina und bedankte sich.
Elaina bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge im Coconuts. Sie tat ihr Bestes, um von den schwitzenden Körpern nicht erdrückt zu werden. Cinco stand an der Bar. Er hatte sich als Surfer verkleidet und trug Board Shorts.
»Ist sie schon da?«, fragte Elaina und setzte sich auf den Hocker neben ihm.
»Ich habe sie noch nicht gesehen.«
»Auf dem Volleyballplatz war sie auch nicht.«
»Sie wird kommen.« Cinco trank einen Schluck von seinem Bier. Elaina versuchte, keinen Würgeanfall zu bekommen. »Sie hat heute frei. Und hier trifft man sich.«
Elaina begriff sofort: Nackte Haut, hüpfende Brüste, Frauen in Bikinis, die sich in den Sand warfen, um den Ball noch zu erhaschen – die Volleyball Night im Coconuts war das ideale Event, um jemanden für die Nacht abzuschleppen. Keine andere Veranstaltung am Mittwoch konnte dieser Aufreißshow das Wasser reichen.
Das hatte man Elaina zumindest erzählt. Hier ließ sich bestimmt manch interessante Nachrichtenquelle anzapfen. Brenda, das Mädchen von der Hotelrezeption, hatte ihr geraten, sich hier über die Raverszene, die garantiert auch schon unter den Radar von Chief Breck geraten war, zu informieren.
So war sie Troys Rat gefolgt und zeigte heute Abend ein bisschen mehr Haut, um nicht als Fremdkörper aufzufallen. Die anderen Agenten, die heute Abend hier Dienst schoben, gerierten sich prüder. Sie hatte ihre fünf Kollegen vom Büro in Brownsville innerhalb von fünf Minuten entdeckt. Sie steckten in Khakishorts, Hawaiihemden und Deckschuhen.
»Schöne Señorita, ein Drink?«
Sie blickte in die warmen braunen Augen des Barkeepers. Wie hieß er noch? Joe? John?
»Nein, danke, Joel. Nur ein Wasser.«
Der Barmann verzog das Gesicht. Elaina sah ihren Fehler ein. Außerdem wollte sie nicht auffallen.
»Ein Cocktail, aber ohne Alkohol«, verbesserte sie sich. Ein Schluck Tequila, Rum oder irgendein anderer Schnaps – und sie wäre erledigt.
Cinco beobachtete sie. Er sah zu viel für ihren Geschmack. Er wusste, dass sie gestern Abend mit Troy zusammen gewesen war. Vielleicht hatte er ihm sogar einen detaillierten Bericht abgeliefert. Das Bett, die Kondome auf Troys Nachttisch, die zerknitterten Laken tauchten wieder vor ihrem inneren Auge auf. Sie schwitze.
Ob alle Polizisten auf der Insel über ihr Abenteuer Bescheid wussten? Cinco war keine Klatschbase, aber Elaina war Realistin. Als einzige Frau in der Task Force bot sie sich als Objekt für anzügliche Kommentare geradezu an.
Joel servierte ihr ein Getränk, das dick und rot war.
»Meine Spezialmedizin gegen Kater.«
Sie sah ihn an. »Sehe ich so schrecklich aus?«
Er lächelte. »Nein. Aber ich rieche einen Kater zehn Meilen gegen den Wind.«
Sie roch an ihrem Glas. Irgendetwas Tomatiges. Ihr Magen zog sich zusammen. In ihren Kopf hämmerte es. Ach, wäre dieser Tag doch endlich vorbei. Sie trank einen kleinen Schluck.
»Warst du beim Verhör von Noah Neely dabei?«, fragte Cinco.
»Nein. Du?«
»Hab nur davon gehört«, sagte er. »Der Kerl soll verschwiegen wie ein Grab sein.«
»Das wundert mich nicht. Bei dem Vorstrafenregister.«
»Er hat sofort nach einem Anwalt verlangt. Aus dem Typen kriegen sie so schnell nichts raus.«
»Wahrscheinlich.« Deshalb mussten sie umso dringender seine Freundin finden. Elaina sah sich wieder um. Diesmal erregte aber ein Mann, den sie kannte, ihre Aufmerksamkeit. Der saß am anderen Ende der Bar, neben ihm eine Blondine in einem Bustier. Sie redete und lächelte ihm zu. Er rückte näher, um sie besser zu verstehen. Unbändige Eifersucht stieg in Elaina hoch.
»Auf der Suche nach jemandem?«
Sie sah von Troy weg
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