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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nehmen.
    Ich ziehe Jacke und Mantel wieder an
und verwische die Abdrücke, die meine Finger möglicherweise hier und da
hinterlassen haben. Als ich ins Freie trete, wartet außer der frischen Luft der
rappelmagere Hund auf mich. Das treue Tier bringt mich auf eine Idee. Ich
schnappe mir den Köter — ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was ich da drin
geleistet habe! — , locke ihn in den Schuppen und
versperre die Tür hinter ihm.
    Doch, heute bediene ich mich völlig
neuer Methoden!

Hélènes Theorie
     
    Ich fahre in meine Privatwohnung und
nehme ein heißes Bad, um den Leichengeruch loszuwerden. Dann fülle ich neues
Wasser ein und nehme ein zweites Bad. Sicher ist sicher. Das fällige
Mittagessen lasse ich ausfallen. Der makabre Fund hat mir den Appetit
verdorben. Ich ersetze die Mahlzeit durch einen Telefonanruf. Régine ist zu
Hause. Ihrer Stimme merkt man immer noch die Aufregungen der letzten Nacht an.
Ich frage sie, ob Yolande inzwischen wieder aufgetaucht sei. Nein. Rita hat
eine Vermißtenanzeige aufgegeben. Das Beste, was sie machen konnte.
    Nach dem Gespräch zünde ich mir eine
Pfeife an und fahre in die Agentur von Fiat Lux.
    „Hallo!“ begrüßt mich Hélène. „Ein
prima Laden ist das hier. Ab und zu sieht man sogar mal den Chef!“
    „Wär’s Ihnen lieber“, erwidere ich,
nachdem ich mich gesetzt habe, „wenn ich Ihnen ständig zwischen den Beinen
rumlaufen würde?“
    Sie errötet.
    „Erzählen Sie keine Schweinereien, Sie
Sittenstrolch. Erzählen Sie mir lieber, was Sie seit vorgestern getrieben
haben.“
    „Getrieben hab ich ‘ne ganze Menge.“
    „Haben Sie das Fotomodell vom Prickelnden
Paris aufgetrieben?“
    „Aufgetrieben... getrieben... Ja, hab
ich. Auf- und wieder abgetrieben.“
    Ich informiere meine Sekretärin über
das Nötigste.
    „Also wirklich! Was für ‘ne Geschichte“,
sagt sie kopfschüttelnd und schnuppert plötzlich in meine Richtung.
    „Stammt der aufdringliche Geruch von
Ihren neuen Freundinnen?“
    „Nein. Hab mich mit Kölnisch Wasser
zugeschüttet.“
    „Um einen anderen Gestank zu
übertünchen?“
    „Ja. War heute morgen auf Île de la Grande-Jatte. Eine bezaubernde kleine Insel... und voller
Überraschungen!“
    Ich erzähle Hélène von meiner.
    „Um Gottes willen!“ ruft sie entsetzt.
„Wer könnte da...“
    „Wahrscheinlich ein Freund von
Désiris, den das Genie um die Ecke gebracht hat. Doppelmord mit anschließendem
Selbstmord, heißt jetzt der Filmtitel.“
    „Vielleicht ein Liebhaber seiner
Frau?“
    „Glaub ich nicht. Meiner Meinung nach
ging’s da um diese verdammte Erfindung, die alle so ins Schwitzen bringt. Das
Spezialpapier für das Zeichnen von Plänen bringt mich auf eine Idee... Ich
glaub, Viénot hat recht: Désiris hat als Erfinder nicht versagt, und deswegen
war er auch nicht verzweifelt, wie unser Freund Marc Covet vermutet hat. Er hat
seine Erfindung zu Ende geführt, hat aber wichtige Teile für das Verständnis
nicht rausgerückt und die Zeichnungen irgendwo in der Werkstatt versteckt. Der
andere findet sie, will sie sich aneignen, um entweder daraus Profit zu
schlagen oder sie zu vernichten, aus reiner Böswilligkeit, Neid oder so. Désiris
überrascht ihn dabei. Schlägerei mit tödlichem Ausgang. Totschlag oder
vorsätzlicher Mord, je nachdem. Wenn der andere die wichtigen Papiere schon
vernichtet hat, kann man sich die Wut des Erfinders lebhaft vorstellen. Aber
wohin mit der Leiche? Am besten, sie gleich an Ort und Stelle begraben.
Gedacht, getan. Désiris ist fürs erste erleichtert. Später aber drückt ihn die
ganze Geschichte immer mehr nieder. Der Verlust der Zeichnungen, die vielleicht
unersetzbar sind... Sein Verbrechen... Das alles hat bei ihm sämtliche
Schrauben gelockert... Aber das sind alles nur Vermutungen. Die Flics werden
schon Licht ins Dunkel bringen.“
    „Haben Sie sie benachrichtigt?“
    „Nein. Das wird ein Köter erledigen.
Hab ihn in der Werkstatt eingeschlossen. Im Augenblick wird er wohl ein Höllenspektakel veranstalten. Ist auch nötig. In der gottverlassenen
Gegend muß man sich schon einiges einfallen lassen, um jemanden anzulocken.“
    „Und wie passen Yolandes Entführer ins
Gesamtbild? Haben die sich tatsächlich auch für die Erfindung interessiert, wie
Viénot?“
    „Ganz bestimmt.“
    „Freunde von Désiris?“
    „Weiß ich nicht. Jedenfalls haben sie
das Mädchen auf die Insel geschleppt, kannten also die Werkstatt. Das will aber
noch nichts heißen.“
    „Und

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