Wer einmal auf dem Friedhof liegt...
mich nach
Sarfotti. Kommissar Faroux ist ganz versessen darauf, Sie zu sprechen. Sie
rufen mich ganz vorsichtig an. Erzählen Sie mir nicht das Gegenteil! Ich
spür’s. In der Rue du Dobropol ist ein Mann erschossen worden, Pierre Brousse.
Aber inzwischen hat man ihn sich genauer angesehen. Die Flics sind etwas
gesprächiger geworden. Der Tote heißt immer noch Pierre, aber mit Nachnamen
Breteau. Pierre Breteau, Kapitänleutnant, Sarfottis Vertrauens- und
Verbindungsmann in Paris, seit Sarfottis Verhaftung
von der Polizei so verzweifelt wie vergeblich gesucht. Und Sie fragen mich nach
Sarfotti!“
„Dann erzählen Sie mir endlich was von
ihm!“
„Gerne, aber springt auch was für mich
dabei raus?“
„Wie immer... Sarfotti ist also ein
Verbrecher?“
„Genauer gesagt, ein
Zigarettenschmuggler. Die amerikanischen Zigaretten werden in Tanger ein-, in
der Gegend um Marseille ausgeladen und in der Gegend um Pigalle verhimmelt.
Können Sie alles in einem alten Artikel von mir nachlesen.“
„So langsam dämmert’s mir. Ich glaub,
Sie sind dafür extra nach Marseille gefahren, stimmt’s?“
„Stimmt. Nach seiner Verhaftung.“
„Und warum nennen Sie Sarfotti den ,Mann mit dem U-Boot’? Ach ja, die Zigaretten wurden in
einem U-Boot transportiert…“
„So ungefähr. Jedenfalls mit einem
Ding, das unter Wasser schwimmt. Ein umgebauter Unterwasserjäger der
griechischen Marine. Hat mir Sarfotti freundlicherweise erklärt, nach seiner
Verhaftung letzten März... Mann, Burma!“ Covet wird immer aufgeregter. „In dem
Monat ist ja allerhand passiert! Anfang März... Sarfotti verhaftet, Chambefort
ermordet, Désiris... selbstermordet, seine Frau ermordet. Ergibt ‘n hübsches
Sümmchen. Aufgerundet durch Ihre zufällige Beteiligung.“
„Regen Sie sich ab, Covet! Beantworten
Sie mir lieber folgende Frage: Seit wann - Jahreszeit, Datum, Uhrzeit — hat
Sarfotti das U-Boot benutzt? Ich ruf Sie gleich wieder an.“
„Sie können ruhig dranbleiben. Hab das
Archiv gleich hier im Büro.“
Er wirft den Hörer mit Getöse auf den
Tisch. Nach ein paar Minuten meldet er sich wieder:
„Sind Sie noch dran? ... Kommt es auf
einen Tag mehr oder weniger an?“
„Ich bin bescheiden.“
„Also: Die ersten Transporte von
Tanger nach Marseille wurden im Mai oder Juni 57 abgewickelt.“
„Vielen Dank, mein Lieber. Sie hören
von mir.“
Ich lege auf.
13
Die Nebenbeschäftigung des Genies
„An die Arbeit, Hélène“, sage ich.
„Ein Name noch und ein Datum, und das Puzzle ist fix und fertig.“
„Fix und fertig?“ fragt sie ungläubig.
„So gut wie. Setzen wir doch mal die
Teile zusammen. Auf welchem Weg hat sich Désiris das nötige Kapital besorgt, um
sich auf der Île de Grande-Jatte einzurichten und in Ruhe arbeiten zu können?
Auf betrügerischem Weg, das haben Sie schon ganz richtig erkannt. Aber nicht
durch einen Raubüberfall, sondern indem er seine Fähigkeiten als Ingenieur in
den Dienst der Gangster stellte. Seine Abwesenheit von Paris — Mitte Februar
bis Ende April 1957 — , seine Rückkehr, sein Weggang
von Dugat und die Einrichtung der Werkstatt — Ende April — und die ersten
Transporte mit dem U-Boot — Mai oder Juni 57: die Termine hängen so schön
zusammen, daß wir ganz sicher sein können. Er hat sich am Umbau des alten
Unterwasserjägers in ein brauchbares U-Boot beteiligt, wahrscheinlich als Chef
der technischen Mannschaft. Wenn Sie meine Meinung wissen wollen: Er hatte ‘ne
Menge auf dem Kasten, war aber nicht grade das, was man einen Glückspilz
nennt... Also, er kommt mit vollen Taschen zurück nach Paris. Anfang März 58
wird Sarfotti verhaftet. Zur gleichen Zeit bringt Désiris seine Frau und dann
sich selbst um.“
„Einfach so!“
„Einfach so, jawohl. Das Genie hat
Angst, daß der Oberschmuggler singt und ihn verpfeift. Désiris macht eine Krise
durch. Das große Geld der Bande hat er nicht, dafür aber alles Pech der Welt.
Erstens: die Erfindung! Es hat sie gegeben, gibt sie aber nicht mehr,
sozusagen. Chambefort hat sie vernichtet, und zur Strafe bringt Désiris ihn um.
Dann hört der Ingenieur von Sarfottis Verhaftung. Seine Erfindung ist im Eimer,
die Bande zerfällt, und irgendwann kommt seine Rolle beim U-Boot-Bau ans
Tageslicht. Jedenfalls befürchtet er das. Diesem Druck hält er nicht stand.“
„Und warum bringt er im selben
Arbeitsgang auch seine Frau um?“
„Weil er sie inzwischen haßt, sie und
ihre Familie. Er hatte sich soviel von ihr
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