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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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all die Jahre gewesen?«
    »Ist das wichtig?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    Die Umarmung lockerte sich etwas. Sie zog den Kopf zurück und sah ihm ins Gesicht. Er hatte einen Zwei- bis Dreitagebart. Seine Haare waren immer noch voll und zerzaust, allerdings zeigten sich ein paar erste graue Strähnen an den Schläfen. Als sie ihm in die dunkelblauen Augen sah, traf es sie wie ein Schlag, der sie ins Trudeln versetzte. Einen Moment lang hatte sie weiche Knie.
    »Ich versteh das nicht«, sagte Ray. »Warum bist du zurückgekommen?«
    Sie räusperte sich. »Es wird noch ein Mann vermisst.«
    Sie war neugierig auf seine Reaktion, sah aber nur mehr Schmerz und Verwirrung.
    »Auch am achtzehnten Februar«, sagte sie. »Am selben Tag, an dem damals auch Stewart Green verschwunden ist.«
    »Verschwunden ist?«, wiederholte er.
    »Ja.«
    Ray öffnete den Mund, schloss ihn dann wieder. Hinter ihm im Ventura’s Greenhouse, einem beliebten Restaurant mit Biergarten, herrschte Hochbetrieb. Ein paar Gäste betrachteten sie. Megan nahm Rays Hand, und so gingen sie am alten Andenkenladen vorbei auf die andere Seite von Lucy, wo man sie nicht mehr sehen konnte.
    »Du bist also«, sagte Ray in einem seltsamen Tonfall, »nach siebzehn Jahren wiedergekommen, woraufhin noch ein weiterer Mann – na ja – verschwunden ist?«
    Megan sah ihn an. »Nein, ich bin erst hinterher gekommen.«
    »Warum?«
    »Um zu helfen.«
    »Wobei?«
    »Ich wollte helfen festzustellen, was passiert ist. Ich habe versucht, diesem Leben zu entfliehen, aber es hat mich wieder eingeholt.«
    Ray schüttelte den Kopf und sah sie noch verwirrter an. »Wer ist wieder da?«
    »Stewart Green.«
    Seine Stimme überschlug sich jetzt beinah: »Wie kommst du denn darauf?«
    »Jemand hat ihn gesehen.«
    »Wer?«
    Sie schüttelte den Kopf: »Das spielt keine Rolle.«
    Ray sah sie wie benommen an. »Ich versteh das Ganze nicht.«
    »Doch, Ray, das tust du.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich hab das Foto gesehen, das du der Polizei geschickt hast.«
    Wieder öffnete er den Mund. Wieder bekam er nichts heraus. Megan drehte sich zum Zaun um, der Lucy umgab. Sie stellte einen Fuß an die Wand des Andenkenladens und schwang sich hinüber. »Komm mit.«
    »Glaubst du, der passt noch?«
    »Eher nicht.«
    Ray zögerte keinen Moment. Auch er sprang über den Zaun. Sie gingen unter Lucys Bauch hindurch zu ihrem Hinterbein. Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte, trat Ray nah an sie heran. Sie spürte die Wärme, die von ihm ausging.
    Er versuchte vergeblich, den Schmerz aus seiner Stimme herauszuhalten. »Warum bist du damals verschwunden?«
    »Das weißt du ganz genau, Ray.«
    »Hast du ihn umgebracht?«
    Sie erstarrte. »Was?«
    »Hast du Stewart Green umgebracht?«
    »Nein«, sagte sie. Sie trat näher an ihn heran und sah ihm wieder in die Augen. »Ich hab dir doch nie erzählt, wie ausfallend er geworden ist. Welche Schmerzen er mir zugefügt hat.«
    Er runzelte die Stirn. »Meinst du, ich hätte das nicht mitgekriegt?«
    »Doch, ich denke schon.«
    Der Schlüssel passte nicht.
    »Sag mir einfach, warum du damals verschwunden bist«, sagte Ray. »Erzähl mir, was in der Nacht passiert ist.«
    »Ich bin den Pfad zu den Ruinen raufgegangen. Als ich ein Geräusch gehört habe, bin ich nach rechts zu dem großen Felsen gerannt. Du weißt schon, welchen ich meine.«
    Er brauchte nicht zu nicken.
    »Da habe ich Stewart in einer Blutlache liegen sehen.« Sie stockte.
    »Also bist du abgehauen.«
    »Ja.«
    »Weil du gedacht hast, die Polizei würde dir die Schuld in die Schuhe schieben?«
    Eine Träne lief ihre Wange hinab. »Zum Teil.«
    Megan wartete, hoffte, dass sie die andere Möglichkeit nicht erwähnen musste, sondern dass er von selbst darauf kam. Es dauerte ein oder zwei Sekunden, doch dann weiteten sich seine Augen.
    »O mein Gott«, sagte Ray. »Du hast gedacht, ich war das.«
    Sie antwortete nicht.
    »Du bist abgehauen«, sagte er langsam, »weil du gedacht hast, dass ich Stewart Green umgebracht habe.«
    »Genau.«
    »Hast du Angst vor mir gehabt? Oder wolltest du mich beschützen?«
    Sie überlegte. »Vor dir hätte ich niemals Angst gehabt, Ray. Wenn du in der Nähe warst, hab ich mich immer sicher gefühlt.«
    Ray schüttelte den Kopf. »Das erklärt fast alles – sowohl dass du nie zurückgekommen bist, als auch, dass du dich nie gemeldet hast.«
    »Die Polizei hätte entweder dich oder mich für den Täter gehalten. Andere Möglichkeiten gab es nicht.«
    Ray nahm ihr

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