Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
mehr gewillt, sich dieser Sache zu widmen. Stattdessen ging sie im Stillen durch, wie viele Bücher sie noch für ihren Großvater durchzusehen hatte, damit sie das Arbeitsprogramm ein wenig straffen und ihren Aufenthalt verkürzen konnte. Erst dadurch bemerkte sie, dass sie eine Art Flucht plante und insgeheim immer noch mit der Monstersache beschäftigt war.
Vielleicht hatte all das ja wirklich nur mit dem Land oder dem Hotel zu tun und nicht mit einem Virus oder einem Dämon. Wer wusste schon, wie sehr ein Land mit stark melancholischer Stimmung auf das Gemüt wirken konnte oder was genau in den alten Mauern eines Hotels schlummerte? Zuvor schon war sie zu dem Schluss gekommen, dass es etwas Neues in ihrem Leben sein musste und das betraf ja wohl derzeit ihr gesamtes Umfeld. Je rascher sie also nach Hause käme, desto schneller hätten die Albträume ein Ende. Alles würde normal werden und Emmi wieder in der Langeweile ihres alten Lebens versinken.
Ups ... dachte sie überrascht, weil sie ihren Alltag bisher noch nie so negativ gesehen hatte. Ein wenig verwirrt zählte sie noch einmal die Buchwünsche ihres Großvaters durch, rechnete die Arbeitsstunden zusammen und reduzierte ihren geplanten Aufenthalt um ganze drei Tage.
Wo ein Wille, da ein Weg! ... dachte sie und nahm sich ganz fest vor, noch mehr zu arbeiten und sich von nichts ablenken zu lassen. Sie würde ganz rasch wieder Zuhause sein und ihren Alltag genießen. Nur so konnte sich alles noch zum Guten wenden. Es war kein genialer Plan, aber es war zumindest ein Ansatz und für Emmi genau das Richtige, um endlich einschlafen zu können.
Die Hände dieses Mannes erschienen mir mit einem Mal überdimensional groß und die Bürde des Bindens schw erer als bisher. Den starren Blick konnte ich kaum ertragen. Wie bei den anderen war er leer und ohne Hoffnung. Lediglich der viele Schmutz in seinem Gesicht unterstrich das ungewöhnlich klare Blau seiner Augen.
Ein plötzliches Blinzeln schreckte mich aus meinen Gedanken. Er war noch nicht tot!!! ... das hatte ich doch gewusst! Warum also erschrak ich bei einer einfachen, menschlichen Regung? War ich selbst schon zu Eis erstarrt? Hatte der Krieg auch bei mir zu viele Spuren hinterlassen?
Sein Blick veränderte sich, suchte den meinen, und plötzlich wurde mir klar, dass ich diesen Mann bisher als reine „Sache“ betrachtet hatte, als Arbeit und vor allem als Bürde. Doch seine Augen lebten, bewegten sich. Sein Körper hingegen blieb reglos. Auch seine Hände verhielten sich vollkommen ruhig und ließen ein weiteres Binden zu. Nichts anderes sollte für mich von Bedeutung sein und nichts wichtiger, als ein zügiges Vorankommen.
Und doch ... seine Augen verlangten genauer hinzusehen, wollten etwas sagen oder zu erkennen geben. Aber was war das nur? Interesse, Begierde? Ich konnte es nicht glauben und doch wurde mir mit einem Mal die intime Nähe zwischen uns bewusst. Immerhin saß ich auf seinem Schoß und hatte seine Beine und Leibesmitte unter mir.
Bei Halbleichen musste man vor allem auf Übergriffe mörderischer Art achten, doch die Situation hier war anders. Alleine durch seinen Blick hatte sich die Atmosphäre zwischen uns sexuell aufgeladen. Dabei war der Gefangene nicht gerade von einnehmender Schönheit, geschweige denn eine längere Erwähnung wert. Sein Gesicht war verquollen und blutverschmiert, sein Bart zottelig ... und sein Körper schon so gut wie tot. Lediglich seine Augen hielten mich weiterhin in Schach, wollten mit ihrer Helligkeit der Endgültigkeit der Situation trotzen.
Wer war dieser Mann nur und ... verflucht ... was war das nun wieder? Die unverschämte Härte seiner Leibesmitte brachte mich kurz aus dem Konzept. Der Kerl hatte doch echt Nerven! In seinem Zustand und bei den Problemen, die er zweifelsfrei hatte, wagte er es doch tatsächlich an delikater Stelle anzuschwellen! Ich war schier sprachlos über diese Frechheit und – zugegebener Maßen – auch ein wenig unbeholfen. Die rebellische Lebendigkeit seiner Augen hatte sich doch tatsächlich einen Weg zu seinem Schwanz gebahnt und ging nun nahtlos in ein durch und durch schäbiges Lächeln über.
Schlagartig wurde ich wütend und kippte im Geiste in die ewig gepredigte Moral und Scheinheiligkeit der Kirche. Ein solch dreist anzügliches Verhalten war inakzeptabel und beschmutzte die heilige Sache des Sterbens. Selbst im Krieg musste man sich an Regeln halten und versuchen in Demut und Würde zu sterben!
Er bewegte
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