Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
sich ein wenig, aber genau so, dass sengende Hitze in meine Wangen schoss, meine Haut zu kribbeln anfing und ich ihn noch deutlicher spüren konnte. Die sexuelle Spannung zwischen uns war nicht zu leugnen, obgleich alleine das Bemerken davon einer Sünde gleich kam. Die eigene, aufkommende Erregung versuchte ich zu negieren und als Teufelswerk zurückzudrängen. Sie passte nicht hierher und war – ganz klar – nur ein krankes Symptom des Krieges und meiner eigenen, inneren Verletzungen.
Doch das Verdrängen stand auf wackeligen Beinen, hatte keinen Bestand. Die Gier nach Leben war gar zu allmächtig und brach letztendlich auch mit aller Macht über uns herein. Es war wie ein Funke, ein Erkennen. Beide waren wir vollkommen erschöpft von der langen Schlacht und dem Gräuel, das wir gesehen hatten. Beide waren wir innerlich ausgeblutet und zugleich hungrig nach Leben. Sein Blick weckte etwas in mir, schien zu erfassen, was ich in meiner Verwunderung plötzlich selbst bemerkte und fühlte. Er sagte nichts, aber sein Gesicht sprach Bände, ebenso wie seine harte Leibesmitte. Sein freches Lächeln traf mich wie ein Keulenschlag und sickerte tief in meine Seele, während ich mich wunderte, wie unerwartet weiß seine Zähne waren.
Die Situation war schlicht grotesk. Hier war ein Mann am Sterben, der nichts anderes im Sinn hatte, als dies glücklich zu tun. Eigentlich hätte ich ihm eine Ohrfeige verpassen sollen oder zumindest angewidert aufstehen müssen. Doch ich zauderte, war verwirrt und wusste nicht recht damit umzugehen. Außerdem war ich noch nicht fertig mit meiner Arbeit und einen Fehler konnte ich mir nicht leisten. Alleine mein Zaudern verschaffte seinem Spiel also mehr Raum, seiner Präsenz mehr Kraft. Ich wusste, es war ein Fehler, aber wie oft hatte ich mich in letzter Zeit schon gefragt, was für einen Sinn das Leben noch hatte und damit gehadert, nichts mehr fühlen zu können? Sein Vorgehen war so unpassend passend, dass ich gar nicht anders konnte, als diesen Funken zu bemerken, das Feuer zu spüren. Ausgerechnet dieser stinkende, halbtote Mann war in der Lage, meinen wunden Punkt zu erkennen und gegen mich zu verwenden. Ausgerechnet er, der kein geringerer war als der Feind!
Energisch biss ich die Zähne zusammen und versuchte mich aufzurichten, um von seiner Leibesmitte Abstand zu bekommen. Das hier war nicht richtig und ich einfach nur erschöpft und ausgehungert vom Krieg. Ich konnte vielleicht nicht verbergen, was in mir vorging, aber ich wollte verdammt sein, wenn ich mich nicht um Konzentration und Festigkeit meines Glaubens bemühen würde! Doch als ob er den Anflug von Stärke bemerkt hätte, veränderte der Mann sein Verhalten und fasste blitzschnell meine Hände. Mit ungeahnter Kraft zwang er mich zurück auf seinen Schoß.
Vor Schreck schrie ich laut auf, zerrte wild an seiner Umklammerung und wollte mich mit den Beinen vom Boden abdrücken. Aber er hatte all seine Kraftreserven aktiviert und hielt mich so fest, als wäre er aus geschliffenem Metall und nicht aus Fleisch und Blut. Keinen Millimeter bekam ich meine Hände frei und der Abstand zu seiner Leibesmitte wurde auch keinen Deut besser. Das Schlimmste aber waren seine Augen, die mir böse und schelmisch entgegen blitzten und zeigten, dass er die ganze Zeit nur auf diesen Moment gewartet hatte.
Keuchend fuhr Emmi aus dem Schlaf und blickte ve rwirrt in die Dunkelheit des Zimmers. Sie war verschwitzt und versuchte ihre Atmung zu beruhigen. Ihre Hände zitterten so heftig, als hätte sie diese nur mit größter Anstrengung aus dem Traum und dem festen Griff des Fremden befreien können. Schnell ballte sie sie zu Fäusten und versuchte die Kontrolle zurückzugewinnen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es noch mitten in der Nacht war und sie gerade einmal zwei Stunden geschlafen hatte.
„Nicht schon wieder etwas Nervendes zu später Stunde!“, seufzte sie und ließ sich auf das weiche Kissen zurückfallen. Ihre Augen hielt sie bewusst offen, hatte aber immer noch das Gefühl mit einem Fuß in einer anderen Welt zu schweben. Für Emmi war es schlicht unbegreiflich, dass sich die Handlung eines Traumes mit jeder neuen Schlafphase fortsetzen konnte und dann auch noch wie eine Reise in eine andere Zeit wirkte. Aber neben dem Unbegreiflichen war es vor allem die inhaltliche Entwicklung, die ihr zu schaffen machte. Was so harmlos begonnen hatte, endete nun auch bereits scheußlich und bei jemanden, der ihr etwas antun wollte. Es
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