Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
sogar ein bisschen lächelte. Auch seine Gedanken hatten sich bei dem langen Aufstieg scheinbar geklärt.
„Schließlich hat unser Aufzug eine Fehlfunktion gehabt. Es war nicht Ihre Schuld. Und gegen Klaustrophobie gibt es nicht allzu viele Mittel“, meinte er milde, obwohl er sich gerade auf einen Affen schwitzte und vor lauter Keuchen nur langsam sprechen konnte. Die kleinen Seitenhiebe waren dadurch vergessen und Emmi reichte ihm spontan die Hand.
„Danke!“, sagte sie und drückte fest zu.
In ihrem Zimmer grübelte sie noch einmal über alles nach, denn es war ihr unbegreiflich, warum sie derart reale Szenen sah, wenn sie gar nicht stattfanden. Noch dazu mit solch brutalen Details! Nie hatte sie etwas für derartige Scheußlichkeiten über gehabt oder schlimme Horrorfilme gesehen. Auch das schnelle Verblassen ihres Schocks hatte sie verwundert und zu dem Schluss kommen lassen, eher einen Albtraum erlebt zu haben oder eine Vision. Warum aber wurde sie mit solchen Visionen konfrontiert?
Zu allererst dachte sie an einen mutierten Virus, der die Wahrnehmung veränderte, Angstzustände hervorrief und Visionen erzeugte. So etwas in der Art eben. Eine Krankheit, die sie sich höchst wahrscheinlich im Kla pperflugzeug eingefangen hatte. Von Klimaanlagen an sich hörte man ja schon nichts Gutes, aber in einem Billigstflieger waren die vermutlich der blanke Horror und voller Scheußlichkeiten und Bakterien. Aber hätten dann nicht auch alle anderen infiziert werden müssen oder zumindest ein paar mehr? Das war freilich eine Schlussfolgerung, die diese Möglichkeit unwahrscheinlich machte. Der düstere Herr Jäger hatte genau vor ihr gesessen und wäre dann ebenfalls mit einem möglichen Virus konfrontiert gewesen. So wie der sich aber benahm, war er gesund und grimmig wie eh und je.
Als nächstes überlegte sie eine genetisch bedingte Disposition, also eine Vererbung der dämlichen Art. Alleine bei der Vorstellung wurde ihr schon mulmig zumute, weil sie ihren Stammbaum nie weit zurückverfolgt hatte. Aber von den paar wenigen Generationen wusste sie, dass ihre Familie einem gesunden, stabilen Stamm ohne Depressionen und Geisteskrankheiten entsprang. Ihre Vorfahren neigten stets eher zu Nüchternheit und mathematischer Logik, denn zu spirituellen Ungereimtheiten.
Es musste also etwas Neues in ihrem Leben sein und nicht unbedingt etwas mit ihrer Familiengeschichte zu tun haben. Sie war zwar kein Mensch, der zu abstrusen Sonderszenarien neigte, aber durch die Eigenart der Vorfälle konnte sie sich auch durchaus etwas Magisches vorstellen. Bis hin zu der Möglichkeit, zeitweise von einem Dämon besessen zu sein oder eine Verbindung zu einem zu haben. Emmi lachte kurz auf und verzog die Lippen zu einem bösen Lächeln, als würde sie das mit dem Dämon-Sein schon mal üben. Sie glaubte es nicht, auch wenn es eine mögliche Variante blieb. Denn, nur weil sie von diesem magischen Hokuspokus keine Ahnung hatte, hieß das noch lange nicht, dass es ihn nicht gab. Vielleicht machte sich ja wirklich ein magischer Idiot einen Heidenspaß daraus ihr Hirn allmählich zu Matsch zu verarbeiten. Die wahre Kunst der Logik war es doch, über den eigenen Schatten zu springen, Grenzen zu sprengen und das Unwahrscheinliche zu erwarten. Und hörte man nicht oft von Exorzismen und besessenen Menschen, die sich quasi über Nacht extrem verändert hatten und manchmal Sprachen konnten, die sie nie gelernt hatten? Kopfschüttelnd kam Emmi zu dem Schluss, dass das auf sie nicht zutraf. Sie konnte nicht plötzlich Latein, Griechisch oder eine andere, alte Sprache. Sie hatte auch kein seltsames Körpergefühl oder fühlte sich wirklich anders. Sie hatte eben nur seltsame Erscheinungen und Träume ... nicht mehr und nicht weniger. Automatisch gab sie auch dieser Überlegung den erwünschten Todesstoß.
Ab jetzt werde ich wohl nie wieder Charmed oder Buffy gucken! ... lachte sie , weil sie zwar einen Tick für mystische Artefakte hatte, aber nie wirklich an Dämonen und Hexen glauben hatte können. Aber Magie schien nicht so abwegig zu sein, denn die Maske war angeblich ein magisches Wunderwerk aus alten Tagen und vielleicht reichte ja alleine das Interesse an ihr, um ihren magischen Wirkungskreis zu berühren. Möglich war schließlich alles, wenn auch nicht recht vorstellbar.
„Ich bin einfach überarbeitet!“, war ihr lautes Resümee und zugleich der Schlussstrich unter all ihren Überlegungen. Sie war einfach zu müde und auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher