Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
Auftraggebers einbringt. Und das waren nun einmal so gut wie immer Männer. Nein, eigentlich waren es IMMER Männer! Somit können wir uns leicht ausrechnen, was das für uns Frauen bedeutet!“
„Stimmt!“, bestätigte nun auch Emmeline, die ihre Bedenken beiseiteschob, weil sie spürte, wie sehr sie mit dieser Frau auf einer Wellenlänge lag. Außerdem war es eine Tatsache, dass historische Aufzeichnungen oft verfremdet wurden – auch wenn Emmi es nicht ausschließlich auf die Gattung Mann reduzieren wollte. Schon immer waren Fakten den verschiedensten Interessen untergeordnet worden. Selbst heutzutage konnte man wirklich unabhängige Berichterstattungen vermutlich an einer Hand abzählen.
„Ich bin der Meinung, dass es die absolute Wahrheit sowieso nicht gibt! Nur das glauben leider die Wenigsten. Und ja! Sicherlich haben die Männer eine Menge dazu beigetragen, die Geschichte der Menschheit in ihrem Sinne darzustellen, aber da könnten wir ja noch bis morgen reden! Überhaupt, wenn wir bei der Religion anfangen“, lachte Emmi und brachte auch die schöne Portugiesin zum Schmunzeln.
„Aber da fällt mir etwas ein! Die wunderbaren Wandteppiche aus England, die noch heute Geschichten über Schlachten oder Alltägliches berichten, wurden in erster Linie von Frauen gemacht ... in einer Zeit, wo kein Gelehrter daran gedacht hat die Geschichte für die Nachwelt zu erhalten. Diese Teppiche gelten als die besten historischen Aufzeichnungen aus dem frühen Mittelalter und sie sind meist wunderschöne Kunstwerke“, begeisterte sich Emmi und dachte an die Bilder, die sie von solchen Kunstwerken schon gesehen hatte.
„Ja, gut. Davon habe ich natürlich schon gehört, aber glauben Sie wirklich, dass auch der Rest der Welt davon weiß? Ich meine, wie viele Menschen kennen diese Teppiche und wissen, dass es Frauenkunst ist? Und wo, bitteschön, waren diese Kunstwerke denn schon je ausgestellt? In einem klassischen Museum bestimmt nicht, denn dort schlägt das Patriachat ebenso hart zu wie in so vielen anderen Bereichen. Oder kennen Sie im kunsthistorischen Museum einen Bereich speziell für Frauenmalerei oder Frauenkunst? Fakt ist doch, dass die Frau in der Kunstwelt nicht interessant war und auch nicht gefördert wurde. Die breite Masse weiß daher nur wenig über all das grandiose Schaffen, das es mit Sicherheit gegeben hat. Selbst eine Frida Kahlo gelangte erst unserer Tage zu Ruhm und Anerkennung und stand zu Lebzeiten stets im Schatten des Malers Diego Rivera. Wenn Sie mich fragen, ist das das ewige Los der Frau: Ihre eigentliche Arbeit geschieht im Verborgenen!“ Die schöne Portugiesin war vielleicht keine Feministin, aber wirklich leicht konnten es die Männer auch nicht mit ihr haben. Dafür brodelte zu viel Leidenschaft für die „Sache der Frau“ in ihr, ebenso wie gegen alle Ungerechtigkeiten dieser Welt.
„In unserer Familie wurden zum Beispiel nie Teppiche gemacht. Bei uns hatte immer das Wort die Macht. Nichts ist so einprägsam, wie wundersame Geschichten, die gut vorgetragen werden. Es mag auf Anhieb nicht sehr aufwendig oder besonders klingen, doch es ist eine wahre Kunst RICHTIG erzählen zu können.“ Während sie sprach, funkelten ihre Augen dunkel und voller Stolz. Emmi spürte förmlich den Enthusiasmus und die starke Überzeugungskraft dieser Frau.
„Das glaube ich sofort, auch wenn ich von einer Tradition über Jahrhunderte noch nie gehört habe. Natürlich gibt es bei Urvölkern traditionelle Überlieferungen, aber auch nicht über solch einen langen Zeitraum. Zumindest ist mir so etwas nicht bekannt. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht glaube. Im Gegenteil es klingt total spannend und alleine die Vorstellung einer solchen Möglichkeit, lässt mich hoffen.“ Emmis Wangen glühten vor Eifer, als hätte die Leidenschaft der anderen auch sie erfasst. Und weil sie sich gar so auf einer Wellenlänge mit dieser Frau fühlte, wagte sie dann einen Vorstoß, den sie sonst nie leichtfertig machte.
„Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber darf ich Sie auf einen Kaffee entführen und mehr über Ihre Geschichte erfahren? Wenn Sie dann auch noch Zeit haben, mir etwas über Felim und die marokkanische Prinzessin zu erzählen, machen Sie mich wohl zum glücklichsten Menschen auf dieser Erde.“ Am liebsten hätte sie die Dame gleich bei der Hand genommen und ins nächste Kaffeehaus gezerrt. Doch die ernste Miene der Frau ließ schon erahnen, dass sie eine Abfuhr bekommen würde.
„Das
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