Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
Hotelkollege “, erklärte Emmi pflichtbewusst, doch es entging ihr nicht, dass die beiden sich nicht einmal in die Augen sehen konnten. Zumindest machte Carmen einen sehr unglücklichen Eindruck.
„Hey! Ein Hotelkollege?“, schnaubte Aron sichtlich erschüttert. „Eine langweiligere Bezeichnung ist dir wohl nicht eingefallen!“ Zum ersten Mal schien er wieder etwas anderes empfinden zu können als kindliche Freude, denn seine Pupillen reagierten sofort.
Ätsch! ... dachte Emmi, die sowieso seit seinem Anblick in die übliche Wut gekippt war.
„Entschuldige Emmi, ich muss jetzt leider gehen“, meinte Carmen plötzlich und stand auf. Das kleine Hickhack zwischen Aron und Emmi hatte ihrem Unbehagen offenbar noch den Rest gegeben.
„Ein dringender Termin ... du verstehst! “, meinte sie und formulierte selbst die Frage wie eine Feststellung. Emmi aber verstand nicht die Bohne, außer, dass es Carmen ernst mit ihrem Aufbruch war. Gut, Mr. Finster war ein Kapitel für sich, aber gleich so schnell zu flüchten, erschien Emmi übertrieben. Carmens Blick aber war eindeutig. Es gab keine Möglichkeit mehr sie umzustimmen. Darüber war Emmi so enttäuscht und zugleich wütend auf Aron, dass sie diesen hundert Kilo Mann neben sich am liebsten vom Stuhl gezerrt hätte. Carmen aber war schon am Sprung und Emmis Kopfszenario nicht wirklich umzusetzen. Sie musste also die schlechte Wendung akzeptieren und reichte Carmen die Hand zum Abschied.
„Das tut mir ehrlich leid. Und du bist natürlich auf den Kaffee eingeladen! Aber sag‘, kann ich mich bei dir noch einmal melden? Ich meine ... ich würde so gerne mehr erfahren. Bitte!“
„Ist gut. Du weißt ja wo du mich finden kannst. Und danke für den Kaffe“, antwortete Carmen knapp und versuchte ein Lächeln. Emmi war immer noch unglücklich über ihren plötzlichen Aufbruch, doch als sie verschwunden war, zeigte Aron Jäger plötzlich ein Grinsen, als hätte er einen Sieg davongetragen.
Idiot! ... ärgerte sie sich und hätte dem Mann am liebsten den Rest von ihrem kalten Kaffee über den Kopf geleert. Für sie war nicht nur ein wichtiger Teil ihrer Arbeit unterbrochen, sondern ihr Tischnachbar quasi von gut auf böse getauscht worden.
„Toll! Danke!“, ätzte sie und funkelte ihn wütenden an. „Was denkst du dir eigentlich dabei? Du hast gerade meine wichtigste Informationsquelle verscheucht!“, zeterte sie, biss sich aber auf die Lippen, weil sie Carmen so plump auf ihren Zweck zu reduziert hatte. „Ich meine, diese Frau ist etwas ganz Besonderes und wichtig für meine Arbeit! Immens wichtig, verstehst du?“
„Den wirklich wichtigen Termin hast du in Tomar. Glaube mir! Und jetzt trinken wir einfach Kaffee, okay?“
15 . Kapitel
Emmi hatte sich nach Arons erstem Kaffee verabschiedet und wa r mit der Straßenbahn zurück zum Hotel gefahren.
Den Rest des späten Nachmittags verbrachte sie damit, die Geschichte von Prinzessin Akascha und ihrem Geliebten Raschdte auf ihrem Laptop zusammenzuschreiben. Sie wusste, sie vertrödelte wertvolle Zeit, hätte in andere Bibliotheken pilgern und weiter recherchieren müssen. Doch sie war gefesselt von der Geschichte der schönen Prinzessin und des verwegenen Helden, der aus Liebe so viel ertragen musste. Körperliche Qualen und ewige Verdammnis. So etwas war natürlich weniger romantisch und auch sehr traurig. Und wer wusste schon, ob dieser einst schöne Mann nicht tatsächlich heute noch als Gespenst oder Vampir herumgeisterte?
Während dem Tippen kippte sie immer mehr in die Geschichte hinein und wurde mit jedem Wort ein Teil davon. Sie spürte förmlich die hitzige Leidenschaft der beiden, die Sehnsucht, das Verlangen und die Liebe. Eine seltsame Melancholie ergriff sie, denn sie durchlebte nicht nur die Leidenschaft, sondern auch die Qual und Verzweiflung der beiden. Es war ähnliche einem Traum, intensiv und echt. Nur eben, dass sie dabei hellwach war.
In irrem Tempo tippte sie die Geschichte auf ihrem Computer und speicherte es ständig auf der Festplatte. Sie war wie beflügelt, – nein, besessen – vergaß aufs Abendbrot, auf noch geöffnete Bibliotheken und auf Aron Jäger. Sie tippte und tippte. Dann blinzelte sie und entdeckte, dass sie mehr geschrieben hatte, als ihr Carmen eigentlich erzählt hatte.
Marrakech, 429 n. Chr.
... Akascha war wütend auf ihren Vater. So wütend wie nie zuvor in ihrem Leben. Ewige Verdammnis wünschte er ihrem Geliebten? Nun das konnte er ebenso
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