Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
Geister, wollte aber mit ihrer Schimpftirade auf Nummer sicher gehen.
Mit einfacher Hinterlist, wie von dem Krieger in den Traumsequenzen davor, konnte sie wenigstens noch umgehen. Aber das Biest war eine vollkommen andere Liga! Während das Vieh an ihr gearbeitet hatte, war sie wie gelähmt und zugleich gefangen gewesen in einer Blase aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Als hätte Emmi eine Parallelwelt ohne Zeit erlebt, oder eine Begegnung im zeitlosen Raum, die nur darauf wartete, endlich Realität zu werden. Überall und jederzeit hätte diese Blase aufbrechen können und Emmi ein Leben zu verschiedenen Zeiten und an mehreren Orten ermöglicht. Aber schön war die Vorstellung nicht, denn das schreckliche Biest im Traum war böse und erinnerte 1:1 an ihre beiden anderen Horrorerscheinungen.
Mittlerweile fürchtete sie sich sogar schon vor dem Einschlafen. Zu Beginn hatte sie all die schaurigen Seltsamkeiten noch auf das Land oder auf ein mögliches früheres Leben in Portugal geschoben. Doch mittlerweile glaubte sie, dass alles mehr mit dem Hotelgebäude zu tun hatte. Denn, woran sonst sollte es liegen, wenn nicht an alten Mauern, die schon eine Menge erlebt und gespeichert hatten? Vielleicht spukte es hier ja wirklich auf eine Weise, die noch kein Mensch bisher erlebt oder über lebt hatte. Kein Geist im herkömmlichen Sinn mit weißem Laken und rasselnden Ketten, sondern etwas völlig anderes. Ein Wesen aus einer anderen Dimension, das in der Lage war sich in die Gehirne Einzelner zu pflanzen, grässliche Träume und Erscheinungen hervorrufen und völlig neue Formen von Realitäten vorgaukeln konnte. Genau solch ein Wesen hatte sie in diesem Traum besucht und vermutlich auch all die anderen Schauerlichkeiten erzeugt.
Ja! So muss es sein! Hier spukt es, also brauche ich ein anderes Hotel! Doch genau das war vermutlich ein Problem, denn bereits vor ihrer Abreise hatte sie von ihrem Großvater erfahren, dass in Lissabon ein medizinischer Kongress tagte und so gut wie alle Hotels und Pensionen ausgebucht waren. Emmi hatte es zwar als Ausrede für seinen Geiz gesehen, konnte sich mittlerweile aber durchaus vorstellen, dass es tatsächlich kein freies Zimmer mehr in Lissabon gab. Gerade in diesem Hotel hatte ihr alter Herr noch ein Zimmer bekommen.
Jetzt weiß ich auch warum! ... ätzte sie im Stillen und ärgerte sich, dass es in Reisekatalogen keine Warnhinweise vor Gespenstern gab. „Vorsicht spooky!“ oder „Hier könnten Sie zum Hirnschüssler werden!“. Sie kicherte leise und konnte gar nicht aufhören, ein paar weitere, verrückte Slogans zu wälzen. Fakt aber war, dass sie früher oder später aus diesem Hotel hinaus musste, und wenn nicht gleich morgen, dann wenigstens nach ihrer Fahrt zur Templerburg.
Oje, das auch noch! Eine Reise nach Tomar mit der düstersten und unheimlichsten Person, die ich im realen Leben kenne. Sie seufzte und strich sich wild durchs Haar, weil sie Angst hatte und dann auch noch wie ein Computerfreak dachte, der extra darauf hinweisen mussten, wenn er mal das REALE Leben meinte.
16 . Kapitel
Am nächsten Morgen hielt sie sich nur kurz mit Markus auf, der zwar süß und erfrischend war, aber doch nichts Besseres wusste, als über Aron Jäger zu philosophi eren. Und nach allem, was sie in dieser Nach erlebt hatte, wollte sie sich von keiner verworrenen Schwärmerei tyrannisieren lassen. Ihre Gedanken waren immer noch erfüllt von der intensiven Begegnung mit dem fremdartigen Wesen und dem nachhallenden Wort ‚ausgetrickst‘. Es war genau dieses Wort, das die Verbindung zum anderen Traum hergestellt hatte. Obwohl ... ach, egal ... sie hatte einfach keinen Sinn für Markus und flüchtete förmlich aus dem Frühstücksraum und auch gleich aus dem Hotel, um nach Bairro Alto zu fahren. Erst in der öffentlichen Gondel fiel ihr ein, dass sie ja eigentlich an der Rezeption nach einem anderen Hotel hätte fragen sollen.
Was soll‘s! Diese eine Nacht werde ich auch noch überleben! Dann geht’s ab nach Tomar und danach in ein neues Hotel. Emmi versuchte sich zu motivieren, ihre Angst zu vergessen und ganz auf ihr Vorhaben zu konzentrieren. Für den heutigen Tag hatte sie nämlich viel vor. Ihr Hauptaugenmerk lag natürlich auf der Bibliothek, die gestern geschlossen war.
Zu ihrer Verwunderung war die Bibliothek auch heute geschlossen.
Seltsam! ... dachte sie und ein mulmiges Gefühl sagte ihr, dass hier etwas nicht stimmte. Mit
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