Wer hat Alice umgebracht?
nicht sofort auf. Wie soll es dann weitergehen?“
„Ich werde ihm ein Treffen vorschlagen. Und wenn ich dem Prof Auge in Auge gegenüberstehe, versuche ich, ihm ein Geständnis zu entlocken. Ich dachte, du könntest mir dein Handy leihen, damit ich einen Tonmitschnitt machen kann.“
„Mein Handy kriegst du, das ist kein Problem. Aber so eine Begegnung mit MacLaren ist viel zu gefährlich. Immerhin ist der Kerl ein Frauenmörder. Ich will auf jeden Fall dabei sein.“
„Darauf wird er sich bestimmt nicht einlassen.“
„Dann solltest du dir diesen Anruf sparen, Lindsay. Ich will nicht, dass du dein Leben riskierst.“
Ich war innerlich hin und her gerissen. Einerseits fand ich es total süß, dass sich Cameron so um mich sorgte. Andererseits sah ich gerade in einem Treffen mit MacLaren die einzige Chance, um meine Unschuld zu beweisen. Deshalb redete ich eindringlich auf meinen Freund ein.
„Überleg doch mal, Cameron. MacLaren ist clever, er wird nichts riskieren wollen. Er weiß, dass ich auf der Flucht vor der Polizei bin und nichts mehr zu verlieren habe. Ich werde behaupten, dass ich Geld von ihm will, damit ich Großbritannien verlassen kann. Die ganze Aktion steht und fällt mit meiner Glaubwürdigkeit. Wenn der Prof den Fake durchschaut, ist die Sache sowieso gestorben.“
Nun sagte auch Elliot seine Meinung.
„Es geht mich zwar nichts an, aber ich finde Lindsays Idee auch gut. Gewiss, es ist riskant. Aber was für andere Möglichkeiten gibt es, um Lindsays Unschuld zu beweisen? Mir ist noch keine eingefallen, und ich zerbreche mir ständig den Kopf darüber.“
„Ich auch“, gab Cameron zu. „Also gut, Lindsay, dann ruf jetzt MacLaren an. Aber ich möchte in deiner Nähe bleiben, wenn du diesen Mörder triffst.“
Ich lächelte meinem Freund zu.
„Dagegen habe ich absolut nichts einzuwenden.“
Mir war auch wohler bei dem Gedanken, dem Killer nicht mutterseelenallein gegenübertreten zu müssen. Wir fingen sofort damit an, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Als Erstes suchten wir wieder eine funktionierende Telefonzelle. Dort rief ich zunächst die Auskunft an, um mir MacLarens Telefonnummern geben zu lassen. Tagsüber hielt er sich wahrscheinlich in seinem Uni-Büro auf, falls er nicht gerade ein Seminar oder eine Vorlesung gab. Ansonsten bekam ich auch noch seine Privatnummer.
Zunächst hängte ich den Hörer wieder ein. Ich musste mich innerlich einen Moment lang sammeln. Cameron und Elliot standen draußen vor der Zelle. Während der alte Bildhauer eine aufmunternde Geste machte, schien mein Freund immer noch nicht von meinem Plan überzeugt zu sein. Aber ich tat das hier auch für ihn. Ich wollte ein normales Leben führen und mit Cameron zusammen sein. Ich hatte weder Lust auf ein Leben im Untergrund noch auf eine lebenslange Haftstrafe in einem schottischen Frauengefängnis.
Also tat ich, was ich tun musste: Ich rief den Mörder an.
8. KAPITEL
Das Freizeichen ertönte. Mit der rechten Hand hielt ich den Telefonhörer an mein Ohr gepresst, mit der linken Handfläche wischte ich mir den Schweiß vom Gesicht. Was sollte ich tun, wenn der Professor gar nicht in seinem Büro war? Oder wenn er das Gespräch einfach abwürgte und die Polizei alarmierte? Es gab zu viele offene Fragen. Ich musste einfach improvisieren, mir blieb nichts anderes übrig.
„MacLaren.“
Nach dem dritten Freizeichen wurde der Hörer abgenommen. Unwillig musste ich mir eingestehen, dass die Stimme des Verbrechers eigentlich sehr angenehm klang. Sie war tief und wohltönend. Es war das Organ eines Mannes, der gut mit Worten umgehen kann. Ich konnte mir gut vorstellen, dass die Studenten in den Vorlesungen aufmerksam an seinen Lippen hingen. Und das galt nicht nur für junge Mädchen, die heimlich auf MacLaren standen. Sicher konnte er auch die Typen in seinen Bann schlagen. Dieser Professor war einer der beliebtesten Lehrenden an unserer Universität, dafür musste es ja Gründe geben. Aber ein Mörder war er trotzdem.
„Hallo? Mit wem spreche ich?“
Die Stimme des Professors hörte sich nun ein wenig ungeduldig an. Ein paar Sekunden lang hatte ich schweigend gezögert. Nun musste ich endlich ein Lebenszeichen von mir geben, sonst würde MacLaren auflegen, das spürte ich. Und ich war mir nicht sicher, ob ich mich ein zweites Mal trauen würde, ihn anzurufen.
„Professor MacLaren? Hier spricht Lindsay Duncan.“
Ich versuchte, möglichst fest und selbstsicher zu klingen. Ob es mir gelang, kann
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