Wer hat Angst vor Jasper Jones?
letzter Zeit. Eliza hatte versucht, es zu ignorieren, doch es wurde immer schlimmer und ergriff von ihr Besitz. Immer mehr häufte sich an, bis es schließlich umkippte. Jetzt wollte sie wissen, was los war. Falls dieser Ausflug nichts ans Licht brachte, würde sie morgen ihre Schwester zur Rede stellen. Sie würde der Sache endlich auf den Grund gehen. Folgendesistpassiert: Immer noch aufgeregt, weil sie zum ersten Mal nachts unterwegs war, bemühte sich Eliza im Hopserlauf Schritt zu halten. Laura lief schnell, sie ging gebeugt und mit verschränkten Armen. Und sie schienen eine gefühlte Ewigkeit unterwegs zu sein. Auf dem ganzen Weg durch die Stadt sah sich Laura nicht ein einziges Mal um. Sie liefen am Bahnhof vorbei und am breiten Ende des Corrigan River bei der Brücke und den Picknickplätzen. Vorbei an den idyllisch gelegenen Anwesen, mit denen Corrigan vor Urzeiten seinen Anfang genommen hatte. Vorbei an Mad Jack Lionels heruntergekommenem Cottage, in dem noch Licht brannte. Eliza schauderte, als ihr klarwurde, wo sie sich befand. Sie dachte ernsthaft darüber nach umzukehren. Doch nun war sie wild entschlossen. Und ihr Entschluss verfestigte sich noch, als sie den Rand des Buschs erreichten und in ihn eindrangen. Eliza hatte schreckliche Angst davor, Laura aus den Augen zu verlieren. Mehrmals geriet sie außer Sichtweite, und Eliza musste stehen bleiben, die Ohren spitzen und dem Pfad mit gesenktem Kopf folgen. Sie war entnervt und verwirrt und schnitt sich an Ästen und Dornen. Inzwischen bedauerte sie ihren Entschluss. Wohin gingen sie? War dies der Ort, den Laura schon das ganze Jahr über aufsuchte? Und wo war Jasper Jones? Wartete er am Ende dieses Weges? Sie wusste gar nichts und fühlte sich wie ein kleines, unerfahrenes Kind. Als Laura am Fuß eines gewaltigen Jarrah-Baums stehen blieb und mir nichts, dir nichts zwischen den Akazienzweigen verschwand, schauderte Eliza plötzlich. Sie wollte unbedingt nach Hause. Trotzdem kroch sie unter die Akazien und versteckte sich im Gebüsch unter einem Zylinderputzer. Als sie die Zweige zurückbog, entdeckte sie die merkwürdige kleine Lichtung. Verblüfft über diesen Ort hockte sie sich hin und ließ Laura nicht aus den Augen. Das musste der Platz sein, zu dem sie immer gegangen waren. Er wirkte so vollkommen. So wunderschön und heiter, fast überirdisch. Eine kleine zeitlose Blase in dieser Welt. Ein geheimer Garten. Ihre Schwester ging zu dem glatten grauen Eukalyptusbaum auf der anderen Seite der Lichtung, der sich über einem kleinen Stausee erhob, und spähte in eine Art breite Aushöhlung am Fuß des Stamms. Als sie wiederauftauchte, suchte sie mit zusammengekniffenen Augen die Lichtung ab. Eliza zog sich in den Schatten zurück und hielt die Luft an. Laura wandte sich ab, sackte am Rand des Wassers zusammen und legte den Kopf auf die Knie. Eliza wäre zu gern zu ihr hinübergegangen, doch sie wusste, was ihr blühen würde, wenn sie es tat. Außerdem hatte es den Anschein, als wartete Laura auf jemanden. Auf Jasper, nahm Eliza an. Sie würde ihre Schwester wahrscheinlich nur enttäuschen, wenn sie unter den Bäumen hervorkroch und sich zeigte. Folgendesistpassiert: Laura stand auf und begann unter dem Baum hin und her zu laufen. Sie sah sehr bedrückt aus. Sie raufte sich die Haare. Zweimal noch schaute sie in der Aushöhlung nach, ehe sie herauskam und etwas in der Hand hielt. Dann setzte sie sich hin und weinte. Sie schlang die Arme um den Bauch und wiegte sich neben dem Wasser vor und zurück. Eliza konnte es kaum ertragen. Sie wollte hinüberlaufen und sie in die Arme nehmen. Ganz leise weinte sie vor sich hin, während sie verfolgte, was geschah. Sie musste sich in die Faust beißen und wegschauen. Sie wollte unbedingt wissen, was los war, doch sie saß in der Falle ihrer eigenen Indiskretion. Es war so schwer, außen vor zu bleiben und das Geschehen zu verfolgen wie einen grobkörnigen Film. Folgendesistpassiert: Laura beugte sich vor und konzentrierte sich auf etwas in ihrem Schoß. Es sah aus, als würde sie schreiben. Dann stand sie mit verschränkten Armen und gebeugtem Kopf da. Eliza sah, dass ihre Schultern bebten. Schließlich ging Laura zu dem Eukalyptusbaum. Und mit einer Kraft und Behändigkeit, die Eliza überraschte, erklomm ihre Schwester den Stamm, schob sich an einigen Stellen mit den Beinen hinauf und benutzte Tritte und Haltepunkte an anderen. Borkenstücke lösten sich unter ihren nackten Füßen. Das Nachthemd hing an ihr
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