Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Titel: Wer hat Angst vorm bösen Mann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Borwin Bandelow
Vom Netzwerk:
zum Leben zu erwecken und Krebsgeschwüre durch Gesundbeten heilen zu können. Jones war aber auch wahnhaft davon überzeugt, dass eine atomare Katastrophe die Welt bald auslöschen würde. Und so zog er mit 150  Jüngern nach Kalifornien ins angeblich atombombensichere Redwood Valley und gründete dort eine Siedlung. Peoples Temple setzte sich für sozial Benachteiligte ein, Minderheiten, Migranten, Arbeitslose, Kriegsveteranen, Gestrauchelte, Alte, psychisch Kranke und Drogenabhängige, die in der Siedlung ein Leben ohne Verachtung, Diskriminierung und Ausbeutung erwarten konnten. 75  Prozent seiner Anhänger waren Schwarze. Da der Völkertempel Dienste wie kostenlose Kinderbetreuung oder Gesundheitstests anbot, gewann er immer mehr Zulauf.
    Jones nahm durch Spenden und wohltätige Aktionen Einfluss auf Politiker, darunter den damaligen Gouverneur von Kalifornien Jerry Brown, der seit 2011 wieder Gouverneur dieses Bundesstaats ist (als Nachfolger von Arnold Schwarzenegger). So sorgte Jones dafür, dass Jimmy Carter, zu dieser Zeit Gouverneur von Georgia und späterer Präsident der USA , bei einer Wahlkampfveranstaltung über die notwendige Zuschauermenge verfügte – Hunderte von Sektenmitgliedern wurden in Lastwagen herangekarrt, um als Claqueure zu dienen.
    Jones wurde allseits als rechtschaffener Mann geachtet, der sich unablässig für die Armen und Benachteiligten einsetzte. Hinter den Kulissen sah es jedoch anders aus. Wer in seiner Gemeinschaft nicht gehorchte, bekam Stockhiebe oder Elektroschocks. Es gab Berichte über Drogenexzesse und Vergewaltigungen von Frauen und Minderjährigen. Man warf ihm vor, mehrere weibliche Mitglieder der Sekte geschwängert zu haben und eine Art Vielehe zu führen.
    Finanziert wurde die Sekte durch Mitglieder, die ihr persönliches Vermögen hergaben, sowie durch Sozialversicherungszahlungen, aber auch durch Erpressung und Versicherungsbetrügereien. Dies berichtete die spätere Aussteigerin Deborah Layton Blakey, die als Finanzmanagerin der Vereinigung für den Transfer von Millionensummen auf ausländische Banken zuständig war.
    Nachdem sich ehemalige Mitglieder an die Presse gewandt und über die Zustände in der Siedlung berichtet hatten, wurde Jones zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. In der Folge zog er mit seiner gesamten Belegschaft von Kalifornien nach Guyana, einem dünnbesiedelten englischsprachigen Land in Südamerika an der Grenze zu Venezuela und Brasilien. Dort baute er im Dschungel die neue Siedlung «Jonestown», die hermetisch gegen die Außenwelt abgeriegelt wurde – mit Wachmännern, die bis unter die Zähne bewaffnet mit Bazookas und automatischen Gewehren um das Dschungelcamp herum patrouillierten.
    Nach dem Bericht von Deborah Layton und weiteren Enthüllungen von Völkertempel-Anhängern interessierten sich Presse und Politik zunehmend für die Sekte, besonders nach einem Vorfall, bei dem ein junger Mann unter ungeklärten Umständen vor einen Zug gestürzt und gestorben war – einen Tag nachdem er die Organisation verlassen hatte.
    Der demokratische US -Kongressabgeordnete Leo Ryan flog mit Helfern nach Guyana, um die Siedlung vor Ort in Augenschein zu nehmen. Als Ryan am 17 . November 1978 in Jonestown eintraf, versuchten einige Sektenmitglieder, die Peoples Temple für immer verlassen wollten, heimlich mit ihm Kontakt aufzunehmen. Ryan wurde daraufhin mit einem Messer angegriffen, sodass er, seine Begleiter sowie die fünfzehn Personen, die aus dem Camp fliehen wollten, am nächsten Tag zu einer nahegelegenen Landebahn liefen. Dort standen zwei Flugzeuge bereit, eine sechssitzige Cessna sowie eine zweimotorige Otter. Als die Cessna zum Start anrollte, eröffnete plötzlich Deborahs Bruder Larry Layton, der zunächst vorgegeben hatte, zu den Aussteigern zu gehören, in der Otter das Feuer auf die anderen Passagiere. Gleichzeitig fuhr ein Trecker mit einem Anhänger vor, von dem aus Mitglieder der Tempelsekte auf Ryan und seine Begleiter schossen. Der Abgeordnete starb, mit ihm drei Journalisten und ein Tempelmitglied. Zehn weitere Personen wurden verletzt.
    Dieses Ereignis war der Auslöser für die Katastrophe.
    Noch am selben Abend wurde die «White Night» ausgerufen – wie sie zuvor schon oft geprobt worden war. «Die Zeit ist gekommen, dass wir uns an einem anderen Ort treffen» – mit dieser Lautsprecherdurchsage forderte Jim Jones die Sektenmitglieder auf, sich zum zentralen Pavillon zu begeben. [196]

Schaum vor dem Mund
    In der

Weitere Kostenlose Bücher