Wer Hat Angst Vorm Zweiten Mann
daran denken, wie rücksichtslos Mark die Kin der und mich mit seiner Freundin Franziska konfrontiert hatte und dass ich nicht ahnen konnte, was noch auf mich zukommen würde. Da mir Frau Kühnes Vorschlag deshalb sinnvoll erschien, bat ich sie um die Kontaktdaten eines Mediators.
»Bleiben Sie am besten bei mir«, antwortete Frau Kühne. »Ich habe eine Zusatzausbildung als Mediatorin, und bisher waren alle Mandanten sehr zufrieden mit mir.«
Warum nicht, dachte ich zuerst. Dann aber nannte mir die Anwältin den Stundensatz für ihren Zusatzdienst. Der war so unverschämt hoch, dass ich mein Vertrauen in sie umgehend verlor. Endlich verstand ich, warum Mark einige seiner Kollegen als Winkeladvokaten bezeichnete.
Der dritte und letzte Anwalt, den ich aufsuchte, hieß Dr. Gero Krause und kam wieder von Svens Liste. Seine Kanzlei lag am Savignyplatz in Charlottenburg und war auf angenehme Weise unprätentiös: Die Wände waren mit weißer Raufaser tapeziert, und auf dem Boden lag ein hellgrauer, in die Jahre gekommener Teppich. Auch das übrige Mobiliar ließ erkennen, dass es hier um Funktionalität ging.
Gero Krause wirkte ebenso sachlich wie das Design seiner Kanzlei. Nach der Erstanamnese meines Falls legte er mir einen genauen Fahrplan für die nächsten Schritte dar und überschlug die Kosten, die nach der Gebührenordnung auf mich zukommen würden. Anschließend erklärte er mir, dass mir nach der aktuellen Rechtsprechung nach der Scheidung eigentlich kein Ehegattenunterhalt mehr zustand, da die Zwillinge schon drei Jahre alt waren.
»Der Trend geht aber dahin«, fuhr er fort, »dass jede Scheidung individuell beurteilt wird. Und in Ihrem Fall wird kein Richter befürworten, dass Ihr Mann sein überdurchschnittlich hohes Gehalt für sich allein behält, während Ihre gemeinsamen Kinder und Sie in Armut leben.«
Ich fragte Herrn Krause, ob es auch eine gesetzliche Regelung gab, die Väter dazu verpflichtete, sich hälftig um ihre Kinder zu kümmern. Anstatt eines weiterhin hohen Unterhalts war mir nämlich daran gelegen, mehr Zeit für die Ausübung meines Berufs zur Verfügung zu haben.
Doch Gero Kruse musste mich in dieser Hinsicht enttäuschen. So eine Zwangsarbeit für Männer gab es nicht. Außerdem, fuhr er fort, könne ich froh sein, dass Mark sich überhaupt noch um die Kinder kümmerte. Mehr als die Hälfte aller Väter würden ihre Kinder nach der Trennungsphase nur noch selten oder gar nicht mehr sehen. Obendrein bezweifelte er, dass es dem Wohl der Kinder zuträglich wäre, wenn sie öfter als jedes zweite Wochenende bei einem Vater lebten, der rund um die Uhr arbeitete.
Ich schwieg dazu, da sich die Katze wieder einmal in den Schwanz biss, und nahm mir vor, meine Töchter frühzeitig über die Konsequenzen aufzuklären, die eine Heirat mit einem von seiner Karriere besessenen Mann mit sich brachte.
Während ich Gero Krause die notwendigen Vollmachten für das Mandat über den Tisch reichte, vibrierte mein Handy. Um einen Kindernotfall auszuschließen, schielte ich auf das Display.
»Wollen wir uns treffen?« , stand dort. Ich zuckte zusammen, als ich in der Absenderzeile »Jesco« las. Auf die Vollmachten konnte ich mich überhaupt nicht mehr konzentrieren, und so unterschrieb ich sie nach kurzem Querlesen. Ich eilte nach draußen und simste zurück:
»In einer halben stunde im brel am savignyplatz« , woraufhin ich von Jesco ein »Ok, bis gleich« erhielt.
Nervös kaute ich auf ein paar Erdnüssen herum, die vor mir auf dem Tisch standen, und wettete neunzig zu zehn mit mir selbst, dass Jesco gleich offiziell mit mir Schluss machen würde. Wider Erwarten wirkte er jedoch völlig entspannt, als er ins Brel kam und mir zur Begrüßung einen Kuss geben wollte. Ich wich ihm aus.
Das kann nicht sein, dachte ich fassungslos. Erst streiten wir uns, dann meldet er sich eine Woche lang nicht, und jetzt tut er so, als wäre nichts passiert.
Wieder mal musste ich an meine Großtante Hella denken, die mir schon als kleines Kind geraten hatte, Männer ebenso konsequent zu erziehen wie Hunde: »Machen sie einen Fehler, musst du ihre Nase sofort in ihr Pipi stecken. Später erinnern sie sich sonst nicht mehr daran, was sie falsch gemacht haben.« Damit hatte sie recht. Außerdem legt man am Anfang einer Beziehung Verhaltensmuster fest, die sich später nur noch schwer oder gar nicht mehr korrigieren lassen.
»So funktioniert das nicht«, sagte ich deshalb möglichst resolut.
»Du hast vollkommen
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