Wer hat das Rind zur Sau gemacht?
Ministerpräsident Deng Xiaoping den chinesischen Markt für ausländische Investoren öffnete, erhielt CP die Lizenznummer 001. Das war wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Und CP kleckerte nicht, sondern klotzte.
Schmiergelder zur Beziehungspflege strömten nicht nur in den asiatischen Raum, sondern auch gen Westen (so flossen z.B. «Wahlkampfspenden» in Höhe von 250 Millionen Dollar an George W. Bush sen., aber auch Bill Clinton ging nicht leer aus). 13 Das könnte erklären, warum Vogelgrippe-Ausbrüche in Thailand im Herbst 2003 zunächst verschwiegen wurden. Unterdessen arbeiteten die thailändischen Schlachtbetriebe der Geflügel-Megafarmen von CP mit Hochdruck: von 90000 Hühnern wurde die Tagesleistung auf 130000 hochgeschraubt – ein Arbeiter dazu: «Es war offensichtlich, dass sie krank waren, ihre Organe waren geschwollen … Im Oktober hörten wir auf, Hühner zu essen.» In China sah es nicht anders aus. Erst als die 2003er Epidemie schließlich nach Südkorea vordrang, informierten die dortigen Behörden die zuständigen internationalen Stellen. 13
Thailand und China mauerten weiter; hohe CP -Vertreter versicherten unverdrossen, es gäbe keine Vogelgrippe in Thailand, und spielten auf Zeit, um sämtliche Spuren der Infektion zu verwischen. Erst als mehrere Menschen, die intensiv mit den erkrankten Hühnern Kontakt hatten, an H5N1 erkrankten, ließ sich die Infektion der thailändischen Geflügelbestände nicht länger leugnen. Die EU und Japan verhängten daraufhin (im Gegensatz zu den USA ) sofort ein Importverbot für thailändisches Geflügel.
Thailands Regierung reagierte auf die Epidemie mit der Forderung, die «rückständige Freiland-Hühnerhaltung», wie sie fast alle Kleinbauern betrieben, einzustellen, und entschied, nur diejenigen für ihre toten Hühner zu entschädigen, die ihre «Fleischware» in modernen Aufzuchtanlagen produzierten. 13 Durch seine Lobbyarbeit gewann CP daher nicht nur Zeit, um seine Bestände notzuschlachten und noch vor offizieller Bekanntgabe der Infektion zu exportieren, sondern nutzte die Krise offenbar gleichzeitig, um sich lästige «Hinterhofproduzenten» vom Hals zu schaffen. So stiegen die CP -Aktien nach einem kurzen Einbruch denn auch rasch auf ein neues Hoch.
H5N1 – der Name ist Programm
«Vogelgrippe» steht für eine Erkrankung bei Vögeln, die von Influenzaviren hervorgerufen wird. Veterinäre sprechen beim Hausgeflügel von der Geflügelpest. Sie forderte vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts hohe Verluste in den Geflügelbeständen Europas. Bei wildlebenden Vögeln ist sie bis heute mit knapp 150 virulenten Grippestämmen weit verbreitet. 19 Die Medien meinen mit dem Schlagwort «Vogelgrippe» meist den Virus-Subtyp Influenza A/H5N1. Hinter diesem Buchstaben- und Zahlenkürzel versteckt sich ein nur 0,1 millionstel Meter großes Virus, dessen Erbinformation in RNA (statt wie üblich in DNA ) gespeichert ist. Seine Oberfläche ist mit «Proteinstacheln» aus Hämagglutinin-Molekülen und Neuraminidase-Enzymen besetzt. Die Hämagglutinin-Moleküle – auf sie geht das H im Namen zurück – wirken wie Dietriche, die die Wirtszelle aufknacken. So kann das parasitische Genom eindringen und die DNA des Wirtes dazu bringen, neue Viren zu produzieren. Diese knospen wie Stecknadeln aus der Hülle der befallenen Zelle, werden von dem vireneigenen Enzym Neuraminidase – sie liefert das N – «abgezwickt» und können dann weitere Zellen infizieren. Wird dieses Enzym gehemmt, kommen die neugebildeten Viren nicht frei, und das Virus kann sich nicht vermehren.
Um die verschiedenen Subtypen zu bezeichnen, wurde die Formel HxNy entwickelt. Diese unterscheiden sich nicht nur in ihrer Spezifität für bestimmte Wirte und Wirtszellen – für eine Entendarmzelle ist ein anderer H-«Dietrich» nötig als für eine menschliche Atemwegszelle –, sondern auch in ihrer Fähigkeit, durch eine hohe N-Aktivität rasch neue Zellen zu infizieren. Diese Fähigkeiten könnte das Virus im Prinzip durch Mutationen erlangen oder dadurch, dass es genetisches Material mit einem menschlichen Influenzavirus austauscht.
Lizenz zum Gelddrucken
Was die Aktienkurse betraf, so stand
ein
Profiteur der Vogelgrippe von vornherein fest: das Schweizer Pharmaunternehmen La Roche, Alleinhersteller des Grippemittels Tamiflu (Oseltamivir). Während man in Asien durch Stillschweigen die Umsätze der Geflügelindustrie zu retten versuchte, schürte man im Westen die Angst der Menschen
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