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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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Sie denn mit Ihren blöden Kühen aus England? Glauben Sie wirklich, das interessiert hier irgendein Schwein?» Und das war’s dann.
    Heute genügt schon ein toter Vogel am Wegesrand, um viele Menschen in Angst zu versetzen. Wenn die Medien die Vogelgrippe ausrufen, wandern die Chicken-Nuggets vom Kühlschrank in die Biotonne, und wer kann, der bunkert stattdessen Impfstoffe im Kühlfach. Anderswo sind die Menschen pragmatischer: In Kambodscha, beispielsweise, hat die Vogelgrippe 2004 dazu geführt, dass frisch gefangene Ratten das Geflügel vom Speiseplan verdrängten. 4 Wildfänge sind ja auch bei uns beliebte Alternativen zum Fleisch aus der Nutzviehhaltung. So fand das Fraunhofer-Institut bei einer Überprüfung von Rindsrouladen aus dem Handel verblüffenderweise Taubenfleisch. 14 Zum Glück hat das aber niemand mitbekommen.
    So wie bei marinierten Grillhähnchen bedarf es auch bei der Inszenierung von Lebensmittelskandalen ein wenig Geschick und Erfahrung, damit beim Leser/Zuschauer Panik aufkommt. Das offizielle Management der Vogel- und Schweinegrippe-Epidemien zeigt geradezu musterhaft, wie man sein Süppchen auf der Angst der Öffentlichkeit kocht, wie man diese so verunsichert, dass sie nicht mehr danach fragt, wer gerade versucht, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dabei pflegen die Nutznießer durchaus zu variieren. Mal sind es Spendensammler, (vulgo «Schützer»), mal politische Grüppchen, die ihren gesellschaftlichen Einfluss mehren wollen, und in deren Gefolge spezifische Wirtschaftsgruppen.

Die Partei hat immer recht
    Werfen wir einen kurzen Blick zurück: Im Jahr 1997 wurden in einer Wildente in Hongkong Antikörper des inzwischen berüchtigten Virus-Subtyps H5N1 entdeckt. Der Erreger war bereits 1959 isoliert worden, hatte in der Zwischenzeit aber nur relativ selten zu Problemen beim Hausgeflügel geführt. Es mangelte damals noch an geeigneten Laboratorien und Spezialisten, sodass entsprechende Befunde höchst selten waren. Mit dem zügigen Ausbau analytischer Einrichtungen in den Schwellenländern, aber auch in der Dritten Welt, werden Risiken nicht nur schneller erkannt, sondern können auch gezielter für Kampagnen eingesetzt werden.
    Zunächst sah es so aus, als würden die Hongkonger Behörden die Geflügelpest mit einer Notschlachtung rasch in den Griff bekommen. Menschen galten als ungefährdet – bis am 21. Mai 1997 ein kleiner Junge an einer Lungenentzündung starb. Bei ihm wurde der Subtyp H5N1 nachgewiesen; der Erreger war also offenbar auch für den Menschen pathogen. 12 Als durchsickerte, dass weitere Personen erkrankten und starben, begann sich Panik in der Stadt auszubreiten. Hongkong war damals gerade erst an China zurückgefallen, die Presse wurde noch nicht zensiert und konnte Druck auf die Behörden ausüben. Noch vor Jahresende wurden 1,6 Millionen Stück Geflügel in Stadt und Umland getötet, jede Geflügeleinfuhr verboten und die Geflügelmärkte geschlossen.
    Während in Hongkong die Aufregung immer größer wurde, herrschte auf der anderen Seite des Perlflussdeltas, in Guangdong, Grabesstille. Die Provinz ist einer der größten Geflügelproduzenten Chinas, hier drängen sich mehr als 700 Millionen Hühner. Doch «dank der korrekten Linie der Kommunistischen Partei Chinas gibt es keine Vogelgrippe in Guangdong», so die dortige Presse – die chinesische Variante von «wir dürfen den Verbraucher nicht verunsichern».
    Im Jahr 2003 tauchte dann in Hongkong ein neuer, offensichtlich eingeschleppter H5N1-Subtyp auf, aber die Volksrepublik China blieb bei ihrer Linie: Es gebe keine Vogelgrippefälle in Guangdong, und für alle weiteren Informationen sei «die Propagandaabteilung der Partei» zuständig. Jedem, der über Fälle in China berichtete, drohte eine Anklage wegen Landesverrats. Hinter diesem Vertuschungsversuch steckten wohl nicht nur der alte stalinistische Reflex des Totschweigens unangenehmer Wahrheiten, sondern auch massive ökonomische Interessen. Denn andere asiatische Geflügelproduzenten, allen voran Thailand, verhielten sich nicht anders. 13

Politik und Wirtschaft: Eine Hand wäscht die andere
    Weltweit werden jährlich an die zehn Milliarden Hühner «produziert», und daran ist an vorderster Front das Unternehmen Charoen Pokphand ( CP ) mit Sitz in Bangkok beteiligt. CP produziert «ab ovo» in einer geschlossenen Kette: von den Brut- und Zuchtanlagen über Tierfutter bis zur Schlachtung und Verarbeitung von Geflügel. Als

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