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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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2007 hatte der Erreger bereits den Jemen erreicht und an Virulenz noch zugelegt. Ein Jahr später wurde diese Mutante in den Kornfeldern des Iran entdeckt. 18 Derzeit wird der Schaden durch den Rost gewöhnlich mit modernen Azolfungiziden kontrolliert.
    Die Windverbreitung von Pilzsporen ist auch der Grund, warum deutsche Weizenzüchter ihre Versuchsfelder an den nach Westen gerichteten Anhöhen der Schwäbischen Alb betreiben. Dort kommen die ganzen Weizenkrankheiten aus dem Pariser Becken innerhalb von zwei Tagen per Luftpost angeflogen. Neue Sorten, die diese Feuerprobe unbeschadet überstehen, sind geeignete Kandidaten für die Weiterentwicklung.
    Norman Borlaug war es dann auch, der aus eigener Initiative begann, den Kampf gegen den Resistenzdurchbruch global zu organisieren. 28 Die Suche nach Resistenzgenen wird von Mexiko aus betreut, die meisten Freiland-Versuche wiederum finden in Uganda statt, weil dort der Rostpilz allgegenwärtig ist. Inzwischen ist es gelungen, eine Varietät ausfindig zu machen, die gewissermaßen «rostfrei» bleibt. Jedes verfügbare Korn wurde einzeln ausgesät, gehegt und gepflegt. Auf diesem Weg sind mittlerweile einige Tonnen Saatgut produziert worden. Auch in Indien wurden inzwischen resistente Weizen-Varietäten entdeckt. Nun beginnt die eigentliche Arbeit: der Einbau der Gene in die bestehenden Hochleistungssorten. 24
    Das geht natürlich auch mit normalem Kreuzen, allerdings mit dem Nachteil, dass es ziemlich lange dauert. Zudem ist dieses Zuchtverfahren nur schwer berechenbar. Die Züchter müssen zahllose Kreuzungsversuche samt «Freisetzung» unternehmen. Da niemand weiß, was sich dabei so alles im Genom tut, treten immer wieder überraschende Effekte und Merkmale auf, die prinzipiell auch unbekannte Risiken bergen. Wesentlich überschaubarer sind die Effekte bei einer gentechnischen Übertragung der Resistenzgene. Das geht nicht nur schneller, sondern ist vor allem viel präziser möglich. Das wiederum bedeutet weniger Veränderungen am Genom und weniger Freisetzungsversuche. Natürlich heißt das nicht, dass die Gentechnik eine «gute» oder
per se
«harmlose» Technik ist. Es ist nur eine Methode, die in diesem Falle weniger Risiken birgt.
    Ernteverluste sind keineswegs nur ein Problem für unsere heimische Landwirtschaft. Getreide wird das ganze Jahr über rund um den Globus geerntet. Die jeweiligen Getreidevorräte in den Lagern der internationalen Handelsorganisationen decken gerade mal den Weltbedarf von zwei, drei Monaten. Ein massiver Ernteausfall anderswo in der Welt wirkt sich also auch auf uns aus. Man kann sich unschwer vorstellen, was es bedeutet, wenn das Brotgetreide knapp würde, weil kurzfristig ein Fünftel der Welternte fehlt. Preissteigerungen um den Faktor zehn oder mehr wären dann nicht ungewöhnlich. Denn essen muss der Mensch. Und Hunger bringt ihn auf die Barrikaden. Die politischen Unruhen in Nordafrika Anfang 2011 wurden durch höhere Lebensmittelpreise ausgelöst, sie begannen mit Hungerrevolten. Und Hunger kann man nicht mit Panzern bekämpfen. Wer das nicht beachtet, provoziert Revolutionen. 32
    Pflanzenkrankheiten, Schädlinge und aggressive Unkräuter sind die großen Gewinner der Globalisierung. Deshalb wird sich die Problematik weiter verschärfen. Dies liegt vor allem am wachsenden Personenfernverkehr und am weltweiten Handel mit Waren. Ständig breiten sich auch auf unseren Äckern gefährliche Neuankömmlinge aus, nicht selten solche, gegen die die hergebrachten Bekämpfungsstrategien versagen. Der Zeitungsleser erfährt davon meist nichts – warum auch, das sind die Probleme von Landwirten, Züchtern und Pflanzenschutzindustrie. Aber wenn ein Grundnahrungsmittel betroffen ist, dann wirken sich solche Ereignisse ohne die Fachkompetenz der Pflanzenschützer nicht viel anders aus, als wenn ein neuer Erreger unser Nutzvieh oder den Menschen selbst bedroht. Die Kartoffelfäule in Irland hat genauso ihre Opfer gefordert wie anderswo die Cholera.

Bildung vom Acker
    In der Öffentlichkeit werden Landwirte gern als Empfänger von EU -Subventionen betrachtet, die mit diesem Geld den Entfaltungsraum der Natur beschneiden. Mit Unkrautvernichtungsmitteln rotten sie vitaminreiche Wildkräuter und schöne Wildblumen aus, mit Insektengiften trachten sie bezaubernden Schmetterlingen und schillernden Käfern nach dem Leben. Wer die Wildnis schätzt, mag mit gutem Beispiel vorangehen: Er braucht nur seinen Vorgarten ein paar Jahre sich selbst zu

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