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Wer hat Tims Mutter entführt?

Wer hat Tims Mutter entführt?

Titel: Wer hat Tims Mutter entführt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Eisentür sich dort öffnete, spaltweit, nahm sie eine maskierte
Gestalt wahr. In eine Kutte hatte der Mann sich gehüllt, mit Kapuze — wie ein
Mönch bei Schlechtwetter.
    Aber Mönche tragen nicht
zusätzlich eine Sturmhaube, die durch den Sehschlitz nur glitzernde Augen
freiläßt.
    Der Vermummte hatte gestern
zweimal — morgens und abends — ein Tablett mit der Mahlzeit hereingeschoben. Er
antwortete auf keine Frage. Als Susanne auf ihn zuging, nahm er eine drohende
Haltung ein.
    Gestern war Susanne zu
verstört, zu verängstigt, stand zu sehr unter Schock, um klar zu überlegen.
Heute pochte ihr Herz nicht mehr ganz so heftig, und die lähmende Angst blieb
in den Füßen. Das Gehirn wurde frei.
    Hängt es, überlegte sie, mit
meiner Entdeckung zusammen? Ist Silent Warrior der Grund, weshalb ich hier vergraben
werde? Dann ist mein Ende vorprogrammiert. Dann werde ich umkommen. Ewig kann
man mich nicht als Gefangene halten. Unmöglich. Denn ich bin — wahrscheinlich —
noch in Deutschland. Das Malzbier — eine deutsche Marke. Die anderen
Lebensmittel auch. Vielleicht bin ich sogar noch in meiner Stadt, obwohl ich
nichts von ihr höre, keine Geräusche hereindringen. Wie lange kann man mich,
die Mitwisserin, hier verstecken, einkerkern? Nur begrenzt. Und dann müssen sie
mich umbringen. Ich war dumm. Den Mund hätte ich halten müssen. Erst denken,
mir klar werden über die Folgen — dann erst mich entrüsten.
    Sie blickte zur Tür.
    Wann kam der Maskierte?
    Tim, dachte sie. Mein Junge!
Sehe ich dich wieder? Weißt du schon, daß ich... Ja, bestimmt. Ich war mit
Marion verabredet. Spätestens seit gestern muß ich als vermißt gelten. Oder hat
jemand beobachtet, daß es Menschenraub ist? Wurde Tim von Marion
benachrichtigt? Freitagmittag beginnen die Ferien. Wir wollten zu zweit nach
Italien. Das Hotel ist gebucht. Lieber Gott! Bitte, hol mich hier raus!
    Sie blickte wieder zur Tür.
    Draußen klirrte der Schlüssel.
    10.19 Uhr.
    Spät für ein Frühstück. Noch
später als gestern. Hieß das, der Maskierte kam von weither?
    Die Tür wurde geöffnet.
    Der Gang dahinter war dunkel.
    Nur umrißartig sah Susanne die
Mönchsgestalt: erdbraune Kutte, Kapuze, ein Kopf ohne Gesicht, statt dessen das
dunkle Grau der Wollmaske — unheimlich.
    Er war mittelgroß, bückte sich,
setzte ein Tablett auf den Boden und schob es herein.
    Eine Hand, die in einem grauen
Wollhandschuh steckte, deutete befehlend zum Tisch.
    Susanne gehorchte, stand auf,
nahm das Tablett mit den Resten der Abendmahlzeit und trug es zur Tür.
    Der Vermummte nahm es entgegen.
    „Kann ich einen Spiegel haben?“
fragte sie. „Einen Kamm? Ich möchte mich waschen.“

    Der Vermummte trat zurück.
    Die Tür fiel ins Schloß. Der
Schlüssel knirschte.
    Susanne hob das Tablett mit dem
Frühstück auf und stellte es auf den Tisch.
    Zimmer-Service!
    Zwei Tränen kullerten ihr über
die Wangen.
    Susanne hatte braunes Haar,
leuchtende Augen, betonte Wangenknochen: ein anziehendes Gesicht.
    Aber sie fühlte sich
schmuddelig. Ihr gelbes Kostüm war verknittert, der letzte Hauch von Parfüm
verflogen.
    Ich muß etwas essen, dachte sie
und setzte sich an den Tisch.
    Plastikgeschirr,
Weißbrotscheiben, Butter, Kirschmarmelade, abgepackter Schinken, Käse und eine
Kanne mit nur noch lauwarmem Kaffee.
    Susanne zwang sich zu essen,
denn sie brauchte viel Kraft, um ja nicht schlappzumachen. Aber sie konnte
nicht verhindern, daß sie weinte.

15. Wahre Freunde
     
    Das Herumsitzen brachte nichts.
Noch weniger half es Tim, wenn er durch die Stadt kurvte. Marion hatte
angerufen. Tim sagte, daß sie ihm wirklich nicht helfen könne. Er müsse
irgendwie die Zeit bis heute abend überbrücken, ohne gänzlich aus der Haut zu
fahren.
    Etwas später meldete sich Anna
Beheim über den Draht. Tim erklärte ihr dasselbe.
    „Ist Frau Biermüller zurück?“
fragte er.
    „Sie hat heute frei. Du willst
sie wegen Silent Warrior fragen?“
    „Ist so eine Idee.“
    „Ich glaube, Tim, die Mühe
kannst du dir sparen. Die Biermüller hat alles berichtet, was Susanne am
Telefon sagte.“
    Gegen 11 Uhr beschloß er,
abermals bei Mortius anzurufen und ihn zu fragen, ob ihm der Name Silent
Warrior was sage.
    Wenn Mortius immer noch
schläft, dachte Tim, probiere ich’s später. Mehr als ein Hick-Hack mit dem
blöden Martin Dramp kann nicht passieren. Aber erst — klar, erst hole ich die
Sonntags-Zeitungen. Vielleicht steht über Fuentedos was drin, über die
stählerne

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