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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Bühne nach hinten raus ging, dort, wo der dunkle und dichte Zirnsheimer Forst begann.
    »Schwarze Messen«, wisperte Frau Wurst, und erneut wanderte ihr Zeigefinger an die Lippen, und sie schielte zum Eingang der Gaststube, der leer blieb. »Wie man’s aus dem Fernsehn kennt«, flüsterte sie jetzt so leise, dass Kai sie kaum noch verstand, »mit Kerzen und mit Weihrauch. Und eins kann er mir glauben: Das waren nicht nur Tiere, die um ihr Leben schrien. Nein, das waren nicht nur Tiere.«
    Auch wenn er bei ihren letzten Worten eine leichte Gänsehaut bekommen hatte, klang ihr Schauermärchen so dämlich, dass sich van Harm in seiner Intelligenz beleidigt fühlte und abwinkte, so unwirsch allerdings, dass Frau Wurst ihre Gerüchteküche augenblicklich dichtmachte. Wie gesagt, 30 Minuten und 22 Sekunden waren bis dahin verstrichen.
    Aber bevor sie endgültig verstummte, öffnete sie eine Minute und zwölf Sekunden später noch einmal ihren Mund und fragte: »Weiß er denn überhaupt schon, wen der Hubschrauber nach Berlin geflogen hat?«

 
    Das Gesetz der Serie
    Kai van Harm, der den Hubschrauber schon beinahe vergessen hatte, wollte gerade den Mund öffnen, um Frau Wursts Frage zu verneinen, als eine schrille Fahrradklingel ihm das Wort abschnitt. Gleich darauf trat Bruno Zabel, rotgesichtig und schwitzend, voll in den Rücktritt seines rustikalen Damenrades, das von der Farbe her sehr gut zu seinem japanischen Automobil passte. Er kam direkt neben dem Biertisch zu stehen. Frau Wurst griff sich ans Herz. Und einmal mehr staubte es, weil Zabel das Hinterrad beim abrupten Bremsen leicht ausbrach.
    »Frau Pagel …«, keuchte Bruno, während er den Fahrradständer ausklappte, »der Hubschrauber. Er bringt sie nach Berlin. Unfallkrankenhaus Marzahn.«
    »Das wollte ich gerade erzählen«, sagte Frau Wurst und verschränkte die Arme vor ihrer Brust, als sei sie beleidigt.
    Bruno ließ sich neben van Harm auf die Bierbank fallen. »Bier!« Er japste. »Unser Fleisch is jerettet!« Er zog ein zerknülltes Stofftaschentuch aus der Hosentasche und wischte sich über die Stirn: »Schwerste Verbrennungen, die Frau Pagel, Mensch, wer macht denn so wat? Hier bei uns! Dit hat se nu weiß Jott nich verdient. Westen hin, Westen her.«
    »Sie wollen doch damit nicht etwa zum Ausdruck bringen, dass …«, hob Kai zu sprechen an, aber Bruno fuhr ihm scharf übers Maul und fauchte: »Papperlapapp, jar nüscht will ick.«
    »Und soll ich ihm noch eins sagen?«, wandte sich Frau Wurst wieder an Kai, »die Haut wird man ihr transplantieren müssen. Die arme Frau Pfarrerin. Was wird denn nun aus unsrem Fest? Und was wird aus dem Benjamin, so ganz ohne Mutter? Der arme Herr Pfarrer!«
    »Nu reg dir ma nich uff, Elseken«, sagte Bruno und tätschelte flüchtig Frau Wursts Unterarm, »noch isse ja nich doht.« Er sah zur Gaststättentür rüber, und weil dort niemand stand, schrie er aus voller Brust: »Wolf, jetzt komm ma aus’m Knick und bring ’ne Molle rüber!«
    Sofort trat der Wirt nach draußen, als habe er schon wieder hinter der Gardine gelauert. Auf seinem Tablett stand ein prächtig gezapftes Pils, das er dem durstigen Bruno gleich in die Hand gab. Dreimal ging der Kehlkopf hoch und runter, dann war das Getränk in Bruno verschwunden.
    »Noch eins?«
    »Jawollja. Und ’n kleenet für meinen Freund hier. Nee, nee, ick dulde kein Widerspruch. Is immerhin schon«, er sah auf seine Uhr, »nach zwei, und wir ham ’ne Menge jeschafft!«
    »Und was ist mit dir, du alte Giftschleuder?«, wandte sich der Wirt an Frau Wurst und grinste dabei. Irgendwie dreckig, wie Kai fand.
    Statt einer Antwort erhob sich Frau Wurst und ging schnurstracks zum Wurst-Mobil rüber, doch bevor sie Richtung Altwassmuth davonfuhr, drückte sie noch einmal die Hupe und La Cucaracha erklang. Bruno hob die Hand zum Gruß, und auch Kai, was ihn selbst ein wenig verwunderte, winkte ihr zum Abschied.
    »Ach, unser Elseken!«, sagte Bruno versonnen, »die hört manchmal die Flöhe husten«, und dann brachte der Wirt das Bier, und sie tranken, Bruno Zabel in großen, Kai van Harm in sehr kleinen Schlucken. Und immer wenn ein Glas drohte leer zu werden, rief Bruno den Wirt, dessen Groll gegen Kai im Laufe des Nachmittags allmählich schwand, je mehr dieser vom Gerstensaft trank, wie Bruno das Bier manchmal nannte, wenn er es nicht gerade als Männerbrause bezeichnete.
    Bruno erzählte, dass sich in der noch immer leicht qualmenden Ruine der Zirnsheimer Kirche, die

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