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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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ja: nach Berlin— Neukölln . Nach seiner Nachbarin.
    »Es tut mir ja sehr leid, Herr van Harm, aber ick kann dich nich besuchen kommen am Wochenende, so wie wir es abjemacht hatten …«
    Kais Herz schlug hart auf dem Tatsachenboden auf. Die Enttäuschung, die er plötzlich empfand, machte ihm erst klar, wie sehr er die kurze Zeit mit Peggy genossen hatte: das einvernehmliche Nichtstun, die gedankenfreie Schwerelosigkeit.
    »Bist du noch dran, Herr van Harm?«
    »Ja«, sagte Kai, räusperte sich und fuhr eine Oktave tiefer fort: »Da kann man nichts machen. Pech.«
    »Meine kleene Schwester hat …«, versuchte Peggy die Sache zu erklären, aber Kai schnitt ihr das Wort ab: »Verstehe schon. Tschüss!«
    »Auf Wieder…«, wollte auch Peggy sich verabschieden, aber Kai war schneller und drückte heftig die Taste mit dem roten Hörer: ein etwas peinlicher Sieg.
    »Soll ick Ihnen ma wat sajen«, sagte Bruno ohne Begrüßung, als Kai, diesmal schlaftrunken, das zweite Mal an diesem Tag zum Handy griff.
    Aus Ärger über Peggys Absage hatte er sich nicht etwa an sein Notebook gesetzt, um zu arbeiten, um irgendeinen Text zu beginnen, damit es wenigstens so aussah, als würde er arbeiten. Damit er Constanze etwas zeigen konnte, falls sie ihn fragte, was er die ganze Zeit mache. Sondern er hatte sich abermals aus den Berliner Vorräten an Alkoholika bedient. Mehrmals und großzügig, Perlwein und Billig-Grappa, was ihn kurz nach zwei so schläfrig gemacht hatte, dass er sich für ein halbes Stündchen aufs Ohr legen musste. In voller Montur, sogar die Schuhe hatte er an den Füßen behalten. Er war praktisch weggekippt.
    »Jetzt sprechen Sie schon!«, sagte van Harm nun genervt, während er mit letzter Kraft auf dem Display erkannte, dass es schon halb fünf war.
    »Benzin hatta einjelagert. Literweise, der Schlawina. In Kanistern.«
    »Wie jetzt? Wen meinen Sie denn eigentlich?«
    »Na den feinen Herrn Popen, wen denn sonst? Anjeblich fürt Notstromaggregat der Kirche. Keen Wunder, dass die Bude jebrannt hat wie Zunda.«
    »Sie meinen die Kirche, hier in Zirnsheim.«
    »Jenau die, wo dit Lager jewesen war.«
    »Aber ist das denn illegal? Ich meine, Benzin einzulagern.«
    Bruno schien zu überlegen, denn für eine halbe Minute hörte van Harm nur seinen Atem. »Wat weeß denn icke«, sagte er dann. »Aber dit macht man do’ nich: Benzin inna Kürche. War denn die Polente bei Ihnen jewesen? Ick hatte mir schon Sorgen jemacht, weil Sie nich zu erreichen jewesen waren. Sie wissen doch, weil ick Ihre Frau Gattin …«
    »Ja, ja, ich weiß«, versuchte van Harm weitere sinnlose Abschweifungen Bruno Zabels zu unterbinden. »Und ebenfalls ja: Der Kommissar war bei mir und hat meine Aussage aufgenommen.«
    »Der Kriminal ober kommissar!«
    »Wie auch immer.«
    »Wat ick neulich schon fragen wollte: Wer war eijentlich die Kleene, mit der Sie letztens über die Dörfer jezogen sind? Die mit die Frisur, na, und die Augenbrauen. Sie wissen schon.«
    »Meine Nachbarin aus Berlin«, sagte Kai barsch. Hoffentlich hatte Bruno diese Beobachtung nicht brühwarm an Constanze weitergetratscht. »Ich muss jetzt Schluss machen, weil ich zu tun habe.«
    »Juti!« sagte Bruno. Diesmal verlor van Harm das Duell im Auflegen.
    »Jetzt hör mir mal gut zu«, begann das nächste Telefonat dieses Tages. Es war halb neun, und van Harm saß bei einer Tasse Pfefferminztee am Küchentisch und kuckte auf den Bildschirm seines Notebooks, wo sich schon eine geraume Weile nichts mehr getan hatte. Kai hatte es lediglich geschafft, der leeren Seite seines Textverarbeitungsdokumentes eine Überschrift zu verpassen, weshalb jetzt dort geschrieben stand:
    Das Oderbruch – Eine Region im Wandel.
    Eine Reportage von Kai van Harm.
    Danach war er sofort in eine Art Starre gefallen, ein Wachkoma, nur ohne Bewusstlosigkeit, aus dem ihn erst Constanzes Anruf wieder herausriss.
    »Ja?«
    » Also … «, hob Constanze zu sprechen an, und dieses Also klang nicht weniger herrisch, nicht weniger weisend als jenes von Friedrich Nietzsche, als der seinerzeit Zarathustra zum Sprechen hatte anheben lassen. Van Harm schauderte: Wann immer er ein Also dieser Art hörte, kam er sich ganz winzig vor. Das aber, was Constanze dann tatsächlich erzählte, machte ihn ratlos und eifersüchtig, ein bisschen wütend und sehr, sehr müde.
    »… wie du ja weißt, beginnen am Freitag die Sommerferien der Kinder.« Nein, das wusste er natürlich nicht. »Und weil ja in diesem Jahr sowieso

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