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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximo Duncker
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Erik sind, meine Kinder?«
    »Das kann ich Ihnen allerdings sagen«, antwortete Bürgermeister Dommasch, »die sind in aller Herrgottsfrühe mit Karol und Felix zusammen nach Polen rüber, nach S ł ubice. Zum Shoppen, wie es Ihre Tochter ausgedrückt hat.«
    »Aber heute ist doch Sonntag.«
    »Ich nehme mal an, die Geschäfte haben dort auch am Sonntag geöffnet.«
    »Nein, ich meine wegen des Busses.«
    »Keine Sorge, die sind mit dem Wagen vom Felix Jagoda los.«

 
    Die Ruhe vor dem Sturm
    Fast eine ganze Woche passierte nichts. Beinahe schien es, als komme Altwassmuth zur Ruhe, als kehre der Frieden wieder in die drei Gemeindeteile ein, in den Dorfkern von Altwassmuth, wo der Pfarrer und der Bürgermeister und der selbst ernannte Dorfpate Winfried Jagoda lebten, Witwer irgendwie alle drei, und alle drei Väter von halb erwachsenen Söhnen. Nach Vieracker, wo Bruno Zabel wohnte und nach Zirnsheim, wo das Deutsche Haus stand und sich das Bauernhaus der van Harms befand. Und dazwischen und darüber, wie die guten Geister des Ortes, die Störche, mit weiten Schwingen gleitend, brütend in den Horsten, fressend auf den Äckern und in der Zirnsheimer Wiese.
    In diesen Tagen saß Kai täglich für ein paar Stunden an seinem Tischchen im Hof und werkelte an der Reportage herum. Die länger wurde jeden Tag, in der die Figuren an Charakter gewannen und die Landschaften an Kontur. Er erweiterte und feilte an seinem Text, der, so kam es ihm selbst vor, allmählich zu glänzen begann wie ein poliertes Kleinod.
    Von ihrer Einkaufstour nach Polen hatten Janne und Erik Nietengürtel und abgewetzte Lederjacken mitgebracht, die sie jetzt auch bei der größten Hitze stolz spazieren trugen. Das Geld für die Sachen, behaupteten sie, hätte ihnen ihre Mutter vor der Fahrt aufs Land zugesteckt, die das bestätigen konnte, als van Harm sie eines Tages tatsächlich erreichte.
    Van Harm machte Constanze sogleich Vorwürfe, dass sie sich nicht gemeldet habe, dass ihr das Wohlergehen der Kinder wohl gleichgültig sei. Was Constanze natürlich bestritt und die ungünstige Lage ihres Ferienhauses auf einem hohen Berg oder in einem tiefen Tal – Kai hatte es vergessen – für ihre schlechte Erreichbarkeit verantwortlich machte.
    Sie hatte gefragt, wie es den Kindern gehe, und Kai hatte gesagt gut, ohne mit einem Wort ihre seltsame und schleichende Metamorphose zu erwähnen. Constanze hatte erwidert, dass sie das freue, und Kai, dass er Schluss machen müsse, weil seine Reportage auf ihn warte, woraufhin Constanze höhnisch aufgelacht und er sofort auf die Taste mit dem roten Hörer gedrückt hatte.
    Es stimmte: Leider war die Metamorphose seiner Kinder noch immer nicht abgeschlossen. Nach wie vor schminkten sie sich die Gesichter, wenn sie jetzt in ihren Lederjacken aus dem Haus gingen, noch schlimmer aber war, dass sie nach Zigaretten rochen und manchmal sogar eine Schnapsfahne hatten und leicht schwankten, wenn sie spät am Abend versuchten, sich auf ihr Zimmer zu schleichen. Weiterhin kam Kai seinen erzieherischen Pflichten nur nach, wenn es gar nicht mehr anders ging.Zum einen war es natürlich bequemer, ihr Tun zu ignorieren, zum anderen stand er damit vor Janne und Erik besser da. Und drittens sah er gar nicht ein, dass er sich mit den Pubertierenden rumquälen sollte, während Constanze wochenlang auf der faulen Haut lag. Und zwar mit wer weiß wem.
    Immerhin hielten sich Janne und Erik nun wenigstens tagsüber, wenn draußen die heiße Sommersonne vom wolkenlosen Himmel brannte, häufiger im Haus auf, meistens in der Küche. Anfangs hatte sich Kai noch gewundert, woher ihre neue Leidenschaft fürs Kochen kam, bis sie ihn aufklärten, dass sie keineswegs die Absicht hatten, eine Suppe oder Sauce zuzubereiten. Vielmehr versuchten sie nach verschiedenen Rezepturen, die sie im Internet gefunden hatten, künstliches Blut herzustellen. Dickes dunkles und helles rotes. Ein paar spezielle Zutaten, Farbstoffe vor allem, hatten sie gleichfalls im Internet bestellt und sich liefern lassen. Alles andere, was man dazu brauchte, war in jedem normalen Haushalt zu finden.
    Am liebsten hätte Kai sie laut angeschrien, als Janne und Erik ihm ihr neuestes Hobby verkündeten. Stattdessen sagte er nur und das mit demonstrativer Ruhe: »Findet ihr nicht, dass ihr es langsam übertreibt?«
    »Mensch, Papa«, sagte Janne, »das brauchen wir für einen Film. Für ein Musik-Video, das wir drehen wollen. Als Requisite.«
    »Du sagst doch selber, dass wir

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