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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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exzellente Maskenbildnerin. Also bekommt vielleicht doch eine andere das Schmuckstück. Hat Mark eine neue Arzthelferin? Wieso habe ich mich nur immer für zu cool gehalten, um seine Mitarbeiterinnen eifersüchtig zu überwachen? Jetzt weiß ich nicht mal, ob da eine Heike Makatsch dabei ist!
    Nebenbei denke ich noch an all die Frauen, die die Taschen ihrer Männer durchwühlen und wegen jeder Kneipenrechnung, die sie dort finden und nicht gleich zuordnen können, ausflippen. Kein Mann will eine Frau an seiner Seite, die ihm nachspioniert. Das ist mir klar. Trotzdem habe ich vorhin das Kästchen herausgenommen. Muss ich ein schlechtes Gewissen haben? Wenigstens habe ich es nicht aufgemacht! Das zeugt ja wohl von übermenschlicher Selbstbeherrschung und großem Respekt vor Marks Privatsphäre. Und es ist doch sicher sowieso für mich. Ein Ring bestimmt. Ein Verlobungsring? Vielleicht hätte ich es geöffnet, wenn Mark nicht im gleichen Moment aus der Dusche gestiegen wäre. Hätte ich? Ja, wahrscheinlich schon. Ich bin eine Horrorfrau, der Albtraum eines jeden Mannes. Viel zu neugierig.
    Andererseits ist natürlich alles Marks Schuld! Wie kommt der dazu, so ein Kästchen mit sich herumzutragen? Ich habe es ja zufällig gefunden, damit hätte er doch rechnen müssen. Was soll eine Frau schon denken, wenn sie so etwas findet? Entweder: Ah, das ist sicher für mich, das mach ich gleich auf. Oder: Für wen hat der Arsch das gekauft? Mark bringt mich absichtlich in diese schwierige Situation, in der ich nur verlieren kann! Das ist gemein von ihm. Ich will gar keinen Schmuck von diesem Fiesling geschenkt bekommen. Ich will nur nie wieder ein Kästchen finden, das mir nicht wenige Minuten später als Geschenk überreicht wird.
    Gleichzeitig sitzt im Kassenhäuschen der Achterbahn die Vernunft und sagt immer wieder durch die Lautsprecheranlage, aus der sonst Eine neue Runde, es geht weiter dröhnt: Du musst jetzt schlafen! Und dann gibt es da noch das Schnarchen von Mark, das einen trägen Beat dazu liefert. An Schlaf ist nicht zu denken. Ich bin fix und fertig. Wenn ich jetzt nicht schlafe, werde ich morgen schrecklich aussehen, und spätestens bei diesem Anblick wird Mark sich doch entschließen, mich übernächtigtes Häufchen Elend zu verlassen und den Ring einer seiner Arzthelferinnen zu schenken. Auch wenn sie nicht wie Heike Makatsch aussieht, sondern eher wie Fritzi Haberlandt. Beim Gedanken daran kann ich schon gar nicht schlafen. Du steigerst dich gerade in einen albernen Wahn hinein , sagt die Vernunft in das Mikro meines Kassenhäuschens. Recht hat sie, aber ich kann nichts dagegen tun. Das ist kindisch , legt sie nach. »Jaha! Aber du hast mir gar nichts zu sagen, du bist nicht meine Mama!«, murmele ich.
    Mark unterbricht sein Schnarchen, dreht sich zu mir und wirft einen Arm um meine Taille. Dann zieht er mich an sich und brummt dabei zufrieden.
    Mit den Fingern fahre ich langsam über sein Gesicht. Er riecht nach Duschgel, seine Wangen sind ganz weich. Ich küsse seine Nase und atme tief durch. Der Arzthelferin werd ich’s zeigen.
    Mark
    Dass wir nach diesem Abend noch Sex haben würden, hätte ich nicht geglaubt. Der Heimweg war ja nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Ich war nur dankbar, dass wir die Lesung, das Konzert und die paar Erfrischungsgetränke nicht weiter durchdiskutieren mussten. Das hätte ohnehin zu nichts geführt – außer vielleicht zu Streit.
    Das Schlimmste für mich ist, mit negativen Gedanken einzuschlafen. Wenn ich als Kind das abendliche Geschrei meiner Eltern bis in mein Zimmer hörte, bekam ich oft Albträume. In denen versuchte ich immer zu schlichten, bevor ich irgendwo hinunterfiel. Seitdem hasse ich Felsen, Klippen, Aussichtstürme. Beim Bergsteigen war ich ein Mal und danach nie wieder. Ich bin ein Meer-Typ. Ich liebe das flache Land. Eigentlich dürfte ich nicht so nah an den Alpen wohnen, sondern müsste nach Hamburg oder Holland ziehen. Aus sicherer Entfernung kann ich mit Bergen ganz gut umgehen.
    Als ich vorgebe zu schlafen und so vor mich hin schnarche, muss ich an Sylt denken. Ärger im Urlaub ist noch schlimmer als dicke Luft daheim. Ich drehe mich um und lege meinen Arm sanft um Luisas Taille. Sie streichelt meine Wangen, küsst mich zu meiner eigenen Verblüffung auf die Nase. Ich höre sie atmen, öffne meine Augen, ziehe sie noch ein bisschen näher heran, küsse sie auf den Mund, den Hals, meine Hände wandern südwärts. Ich ziehe ihr das Oberteil aus,

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