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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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starten.
    Ich warte fast eine geschlagene Stunde, bis Luisa wieder aus dem Bad kommt. Über ihren Haaren schlängelt sich ein Handtuchturban, ihren Körper bedeckt ebenfalls ein Handtuch. »Du hast zwei Handtücher?«, stelle ich fest.
    »Ja, und?«
    Eins wäre wohl meins gewesen.
    Luisas Blick ist so giftig, dass ich schnell zur Seite blicke. »Sonst noch was?«
    Ich zögere keine Sekunde. »Ja.«
    »Was?«
    Ich atme tief ein. »Luisa, cara mia, vorrei bambini con te«, spiele ich die Kinderkarte aus. All in, quasi.
    Luisa sieht mich genervt an. »Du bist vielleicht ein Spaßvogel, Mark. Wie kommst du jetzt auf Kinder?«
    »Weil ich welche haben möchte. Mit dir!« Ich setze meinen treuherzigsten Blick auf.
    »Und wie willst du das anstellen?«
    Ich überlege, was Luisa meinen könnte.
    »Du weißt aber schon, Mark, was du mit deinem Sperma befruchten musst.«
    »Eizelle.«
    »Und was nicht?«
    »Brüste.«
    »Volle Punktzahl.« Luisa schiebt mich zur Seite und legt sich in ihr Bett.
    »Und jetzt?«, frage ich hoffnungsvoll.
    »Gute Nacht.«
    Um kurz nach sechs Uhr am nächsten Morgen stehen wir schweigend am Bahnhof von Florenz. Es ist noch kühl, die Sonne geht gerade erst auf. Es scheint aber ein richtig schöner Tag zu werden, wettermäßig jedenfalls. Ich hoffe, dass sie auf diesem Landgut von Luisas Onkel einen Pool haben. Luisa ist immer noch einsilbig, obwohl sie im Gegensatz zu mir gut geschlafen hat. Ich musste die erste Nachthälfte nachdenken, was ich – außer dem allzu Offensichtlichen – alles falsch gemacht habe, und als ich es endlich wusste, konnte ich nicht mehr einschlafen. Im Nachbarabteil feierte ein Pärchen eine Sexorgie, wie sie die Päpste in der Renaissance nicht besser hinbekommen hätten. Stöhnen, quietschen, poltern. Ich weiß nicht, was genau da vor sich gegangen ist, aber es war wohl ein großer Spaß für alle Beteiligten.
    Ich verspüre das glatte Gegenteil von Spaß. Langsam ziehe ich meinen Koffer hinter mir her. Luisa versucht mich anzutreiben. Ich nehme lieber auf einer Bank Platz.
    »Hopp! Jetzt bloß keine Müdigkeit vorschützen.«
    Ich sehe weit und breit niemanden, der uns abholt. »Uno momento, per favore.«
    »Un momento«, korrigiert mich Luisa.
    »Auch gut.«
    »Weißt du, was ich jetzt brauche?«, fragt Luisa.
    Ich nicke, stehe auf und ziehe los, Kaffee holen, während Luisa auf ihren Onkel oder Cousin wartet. Für die Schönheit des Kopfbahnhofs Firenze Santa Maria Novella fehlt mir der Sinn, obwohl der Bahnhof im Vergleich zu München oder Stuttgart ganz bezaubernd ist. Fast schon ein Museum. Bis zu den Uffizien soll es gar nicht weit sein. Wäre ich ausgeschlafener, könnten wir noch schnell einen kleinen Abstecher wagen. Aber tatsächlich bin ich froh, mich überhaupt auf den Beinen halten zu können. Am liebsten würde ich schlafen.
    Im Vorübergehen höre ich das vertraute Dampfen einer Espressomaschine. Ich bleibe stehen, halte meine Nase in die Luft und folge dem Kaffeeduft durch die offene Glastür in das Innere einer Bar. Dort steht eine junge, dunkelhaarige Frau mit braunen Rehaugen hinter einem mächtigen Tresen aus Holz und zermalmt in einer Kaffeemühle die Bohnen, die sie dann in einen Behälter umfüllt und an die Dampfmaschine schraubt. Obwohl ich weiß, wie das funktioniert, fasziniert mich ihr Geschick. Es hat etwas Meditatives. Jeder Handgriff sitzt. Als mich die Barista wahrnimmt, lächelt sie.
    »Buon giorno«, grüße ich.
    »Un caffè?«
    »Due caffè doppio con macchiato, per favore«, stöpsle ich zusammen und schiebe noch ein »to go« hinterher. In dem Moment flutet wie aufs Stichwort eine Truppe Touristen aus dem Mutterland des Filterkaffees das Lokal.
    »To go?«
    »Si, prego«, brülle ich gegen den Lärm der Amerikaner an.
    Zehn Minuten später halte ich Luisa stolz einen Becher Kaffee unter die Nase. »Doppio macchiato.«
    Luisa greift nach dem Becher, nimmt einen kräftigen Schluck, verzieht das Gesicht und spuckt den Kaffee sofort wieder aus. »Heiß«, schreit sie.
    »Caldo.«
    »Troppo caldo.« Luisa nimmt nach einer kurzen Pause einen weniger hastigen Schluck. »Sehr gut«, urteilt sie, während sie einen Moment die Augen schließt. Dann seufzt sie, blickt auf die Uhr, lehnt sich auf der Bank zurück und schlägt mit der Faust auf selbige. »Mist!«
    »Merda«, übersetze ich.
    »Könntest du jetzt bitte mal aufhören!«
    »Womit?«
    »Alles, was ich sage, ins Italienische zu übersetzen.«
    »Va bene.«
    »Ma-ark! Es reicht

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