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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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schließlich ein winziges weißes Hemd heraus, das ihm bestenfalls am Oberschenkel passen könnte.
    »Ups!«, kommentiere ich und fange an, hysterisch zu kichern.
    Mark findet das gar nicht lustig. »Luisa?! Du hast die Koffer vertauscht!«
    »Das war eigentlich nicht ich«, korrigiere ich lachend. »Die Japaner haben diesen übrig gelassen. Bestimmt bauen sie gerade eins deiner Hemden als Zelt auf.«
    »Bravo.« Mark klingt bitter und öffnet meinen Koffer. Obenauf leuchtet ihm meine schönste rote Spitzenunterwäsche entgegen, was ihn unter normalen Umständen ein bisschen erfreut hätte. Heute aber zucken nicht einmal seine Mundwinkel. Wütend schaut er mich an. Dass ich immer noch kichern muss, weil ich mir Mark die ganze Zeit in diesen absurd kleinen japanischen Klamotten vorstelle, macht die Situation nicht besser.
    »Luisa. Wenn du nicht endlich aufhörst, so blöd zu lachen, fahre ich sofort nach Hause!«
    »Viel Glück. Der nächste Taxistand ist etwa zwanzig Kilometer entfernt. Den findest du sicher spielend.« Entspannt lasse ich mich aufs Bett fallen.
    Mark schaut mich kurz an und scheint zu überlegen. Dann klappt er den Koffer wieder zu und legt sich neben mich. Gemeinsam starren wir die Decke an.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Telefonieren.«
    Bei meinen ersten beiden Telefonaten mit dem Busunternehmen sitzt Mark noch alibihalber daneben. Dann verweist er auf seine mangelnden Sprachkenntnisse und leiht sich von Salvo eine Badehose, die ihm ungefähr so viel zu groß ist wie die japanischen Hemden zu klein. Nachdem er sie mit einem Bindfaden festgezurrt hat, strebt er damit gen Pool. Natürlich nicht ohne ein freundliches »Du machst das schon, Liebes!« auf den Lippen. Manchmal frage ich mich, wozu man heutzutage überhaupt noch heiraten muss. Frauen bringt es nur Nachteile. Wir müssen unsere eigenen Probleme weiterhin selbst lösen und die der Männer meistens noch mit übernehmen. Und warum? Weil die Kerle immer so hilflos tun, und wir nicht dabei zusehen können, wenn sie ein halbes Jahr für den Abschluss einer Kfz-Versicherung brauchen. In der Zeit haben wir alle denkbaren Versicherungen verglichen, die günstigste abgeschlossen und noch zwei Mal die Reifen gewechselt. Also machen wir es schnell selbst. Schließlich kostet das weniger Nerven, als einem Mann dabei zuzuschauen.
    Eine halbe Stunde später hat das Busunternehmen endlich den Namen des Hotels herausgefunden, in dem die Japaner abgestiegen sind. Doch die Rezeptionistin ist ein wenig hilflos beim Gedanken, sich auf Japanisch über einen vertauschten Koffer verständigen zu müssen. Also schnappe ich mir Salvos alten Fiat, packe den Koffer ein und zuckele über die löchrige Landstraße in Richtung Meer. Die Landschaft hier habe ich schon als Kind geliebt. Ich fand immer, die Bäume sehen aus wie Regenschirme: zugeklappt sind sie Zypressen, aufgeklappt sind sie Pinien.
    Irgendwo zwischen Follonica und Piombino halte ich vor einer Bettenburg in einer Art Industriegebiet. Was hatte ich auch erwartet – die Japaner sind nicht hier, um edel zu logieren. Die wollen nur die Städte anschauen. Genau das tun sie auch gerade, erklärt mir die unfähige Rezeptionistin mit verschränkten Armen. Ihre Koffer hätten sie nur eben im Zimmer abgestellt und wären sofort wieder losgefahren. Ich rede fünf Minuten lang auf sie ein, mich die Koffer tauschen zu lassen. »Auf keinen Fall fahre ich mit dem falschen Koffer wieder zu Onkel Salvo!«, pflaume ich sie schließlich an.
    »Salvo? Ich kenne einen Salvo. Salvo Conte.«
    »So heißt mein Onkel.«
    »Non é vero.«
    »Si.«
    »Nettes Lachen, großer Bauch, eher klein als groß?«
    »Das ist er.«
    Plötzlich strahlt sie mich an, hat einen Schlüssel in der Hand und bugsiert mich in den Lift. Während wir in den fünften Stock fahren, erzählt sie mir von ihrer Schwester, die einen von Salvos Freunden geheiratet hat. Und zwar auf dem Landgut. Es sei traumhaft gewesen. Der Hund habe die Ringe zum Brautpaar getragen!
    Sicherheitshalber öffne ich Marks Koffer, der dem vertauschten verblüffend ähnlich sieht. Das Chaos darin kommt mir bekannt vor.
    »Wurde er am Flughafen durchwühlt?«, fragt die Rezeptionistin entsetzt.
    »Nein. Mein Verlobter packt immer so.«
    »Na, wenn Sie ihn erst geheiratet haben, werden ja Sie seine Koffer packen!«, plaudert sie fröhlich.
    O Gott. Werde ich? Nein. Manchmal bin ich doch sehr glücklich darüber, nicht vollständig im ländlichen Italien aufgewachsen zu

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