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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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aber gesamtgesellschaftlich gesehen ist der Job einer Staatsanwältin wichtiger als der eines Seelenklempners.«
    Barnie klappt den Mund auf und zu, aber es kommt nichts raus. »Ich find’s scheiße, dass ihr nach Paris zieht«, sagt er schließlich ein bisschen kleinlaut. Ach so. Daher die Wut auf Karrierefrauen.
    »Weil ich dir deinen Spielkameraden entführe«, mutmaße ich.
    »Ja, das und …« Er schaut kurz zu Mark. »Das, ja.«
    »Wie war’s bei Verena?«, fragt Mark in einem verzweifelten Versuch, die Stimmung zu retten.
    »Ehrlich gesagt, gar nicht so viel anders als hier. Aber netter«, antworte ich und rausche türeknallend aus dem Zimmer.
    Am nächsten Tag steht Mike in meinem Büro.
    »Ich bin aus dem Urlaub zurück«, sagt er ohne sein übliches Rumgetucke.
    »Willkommen zu Hause, Mike.«
    »Ich wollte noch …« Er schaut zu Boden.
    »Ja?«, frage ich freundlich. Hätte ich mir denken können, dass es ihm schwerfallen würde, mir zu gratulieren. Zu großes Ego, zu wenig Manieren.
    »Ich wollte fragen, ob ich eine Frau zu eurer Hochzeit mitbringen darf.«
    »Aber klar.« Ich muss lachen. Keine Ahnung, ob das wirklich der Grund für sein Erscheinen war. Falls nicht, hat er sich elegant aus der Affäre gezogen. »Wer ist denn die Glückliche?«
    »Du wirst es nicht glauben, ich habe sie hier auf der Straße vor dem Büro kennengelernt. Sie hat mich über den Haufen gerannt, als ich gerade einen Cappuccino to go in der Hand hatte. Großes Kaffeemassaker an unseren Klamotten.« Mike grinst verlegen.
    »Das freut mich. Sie ist herzlich eingeladen.«
    »Schön.« Mike wendet sich zum Gehen. »Ach, und …« Zögernd schaut er mich an. »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke, Mike. Ich weiß das sehr zu schätzen. Du wolltest den Job genauso sehr wie ich.«
    »Ja.« Mike lässt den Kopf hängen. »Ich hatte schon die Sartre-Gesamtausgabe gekauft und wollte sie in mein Pariser Bücherregal stellen.«
    Wenn er solche Sätze sagt, weiß ich wieder, warum ich ihn mag. Er ist so herrlich verschroben.
    »Kopf hoch. Beim nächsten Job bist du dran«, sage ich aufmunternd.
    »Mal sehen. Wo wird der dann sein? Werde ich gebeten, eine Zweigstelle in Nowosibirsk zu eröffnen?«
    »Ich glaube, da schminkt man sich nicht.« Grinsend zwinkere ich ihm zu. »Das Make-up würde draußen einfrieren und wie eine Maske vom Gesicht fallen.«
    »Wahrscheinlich. Gehst du mal wieder mit mir zu Mittag essen?«
    »Gerne. Sag mal, wie heißt deine Freundin eigentlich? Wegen der Tischkarten.«
    »Franziska.«
    »Franziska«, wiederhole ich, während ich mir den Namen notiere. Dann hebe ich den Kopf und starre ihn an.
    »Was ist denn?«, fragt Mike verwirrt.
    »Lange schwarze Haare, blaue Augen?«
    »Ja. Kennst du sie?«
    »Kann sein. Geistesgestört?«
    »Was? Nein, gar nicht. Sie ist fröhlich, liebenswert und überhaupt großartig!« Mit beseeltem Lächeln schwebt Mike zur Tür hinaus.
    Ich atme erst mal tief durch. Und dann ärgere ich mich. Mike kauft also Jean-Paul Sartre beim Gedanken, nach Paris zu ziehen, und ich muss mich erst mal mit meinen und Marks Freunden herumschlagen. Kein Wunder, dass so viele Frauen keine Karriere machen. Offenbar mangelt es uns einfach an Chuzpe. Immerhin hält Mark zu mir. Meine Eltern dagegen waren ebenso wenig angetan wie Verena, da sie ähnlich zügig wie sie die Korrelation zwischen neuem Job und Familienplanung verstanden hatten. »Ich warte schon so lange auf Enkelkinder!«, rief meine Mutter in den Telefonhörer, als ich ihr die Neuigkeit mitteilte. Ihr Tonfall schwankte zwischen Enttäuschung und Entrüstung.
    »Aber Mama, warum bin dafür immer ich verantwortlich? Du hast auch noch einen Sohn.«
    »Ja, der.« Ich konnte hören, dass sie an einer Zigarette zog. Das tut sie nur, wenn sie sehr aufgebracht ist. »Dein Herr Bruder hat mir eröffnet, dass er alleine zu deiner Hochzeit kommt, weil – ich zitiere – ›das hier alles nichts Ernstes ist.‹ Alles nichts Ernstes , was soll das heißen? Hat er fünf Freundinnen gleichzeitig?«
    »Nein, Mama, bestimmt nicht.« Ähem. Ich konnte mir das eigentlich gut vorstellen, aber so was sollte ich meiner Mutter nicht sagen.
    »Jetzt hast du schon so einen netten Mann gefunden«, fing die Litanei wieder an. »Und jetzt verlässt du ihn für deine Karriere?«
    »Mama, ich verlasse ihn nicht. Wir führen für eine Weile eine Fernbeziehung. Mark wird das schon überleben.« Himmel, war ich genervt.
    »Ja. Aber du? Ich weiß noch, du hattest schon als

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