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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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»Danke, Mark. Das bedeutet mir viel. Du hängst so sehr an dem allen hier.«
    »Ja, schon.«
    »Aber?«
    Mark schenkt mir ein schiefes Lächeln. »Aber an dir noch mehr.«
    Wir trinken unseren Wein aus und gehen ins Bett.
    Mark kommt mit mir nach Paris. Während er neben mir schläft, liege ich wach und starre ins Dunkel. Eigentlich hatte ich erwartet, ich würde jetzt von Spaziergängen an der Seine fantasieren, Hand in Hand mit Mark. Ich, die Kreativchefin, er, der fließend französisch parlierende Arzt. Wir würden uns die Zeit im Louvre vertreiben und uns abends unter dem Eiffelturm küssen, wenn die Arbeit mich aus ihren Fängen entlassen hat. Ich hatte erwartet, ich würde mich gut fühlen. Aber ich fühle mich schrecklich.
    Ein paar Tage später besuche ich Verena und ihre kleine Tochter. Der Fratz sieht aus wie aus einem Katalog für besonders hübsche Kinder. Sogar, als das Bäuerchen das extra hingelegte Tuch überwindet und Verenas Rücken hinunterläuft.
    Sie trägt ein dünnes weißes T-Shirt, das sich sofort an ihre Haut klebt. »Iiiiihhh«, ruft sie angeekelt und drückt mir ihr Baby in die Hände. »Ich muss mir was anderes anziehen. Komm mal mit ins Bad.«
    »Ich finde das ziemlich beruhigend«, sage ich, während ich die kleine Sara schaukele.
    »Was denn?« Verena entledigt sich ihres Shirts zugunsten einer frischen Bluse.
    »Dass du nicht alles toll und süß findest, was aus deinem Kind rauskommt. Gibt doch solche Mütter.«
    »O ja«, sagt Verena lachend. »Die waren mit mir im Hechelkurs, glaube ich. Da hat auch eine gefragt, in welcher Stellung sie am besten gebären sollte, um das Baby gleich selbst auffangen zu können.«
    »Eine ehrgeizige Person.«
    »Und gelenkig, hoffe ich.« Verena nimmt mir Sara wieder ab und legt sie in ihr Bettchen mit altrosafarbenem Himmel. Über ihr baumelt ein ökologisch korrektes, aber immerhin quietschbuntes Holzmobile. Zeit für den Mittagsschlaf.
    »Wie sieht es mit euren Umzugsplänen aus?«, fragt Verena und lässt sich erschöpft auf das Sofa plumpsen.
    »Darüber will ich momentan gar nicht nachdenken. Jetzt heiraten wir erst mal, und dann ziehen wir im Winter um. Mark hat schon unsere Wohnung gekündigt. Er nimmt sich dann ein Zimmer.«
    »Ich dachte eigentlich, du willst bald Kinder.«
    »Will ich auch. Wieso?«
    Verena schaut mich erstaunt an. »Weil du in diesem neuen Job ja nicht sofort schwanger werden kannst. Oder?«
    »Hm. Nein, da hast du natürlich recht. Das geht nicht.« Mist. Warum habe ich darüber noch gar nicht nachgedacht? Ich war so stolz, als mein Chef mir die Beförderung verkündete. Mike hat bei seiner Präsentation wohl derart durch Ideenlosigkeit geglänzt, dass die Entscheidung für mich recht schnell fiel. So ist das manchmal im Land der Blinden. Vielleicht war Mike auch einfach nur viel zu nervös, um einen geraden Satz herauszubekommen.
    »Und Mark?« Verena trifft heute aber auch alle empfindlichen Punkte. Sie weiß, wie ich ticke. Wir kennen uns schon seit dem ersten Semester. In der Einführungsveranstaltung für Kunsthistoriker war sie mir aufgefallen, weil sie bei jedem abgestandenen Witz des Professors die Augen verdrehte. Ab da saßen wir meist nebeneinander und spielten Bullshit-Bingo mit Worten wie Bilddiagonale und Gewandfalten , die in eigentlich jeder Vorlesung dieses Professors fielen.
    »Mark bleibt wahrscheinlich noch für ein Jahr in München.«
    »Ihr wollt frisch verheiratet für ein Jahr eine Fernbeziehung führen?«
    »Ach, Verena!« Frustriert lasse ich mich neben meine Freundin in ihr riesiges blaues Sofa sinken. »Von wollen kann doch keine Rede sein. Aber es geht nun mal nicht anders.«
    »Wenn du den Job willst, nicht. Das ist richtig«, bemerkt Verena süffisant.
    »Ich will den Job.«
    »Warum hast du dann das Gefühl, du musst dich rechtfertigen?«
    Ich komme um eine Antwort herum, weil Sara anfängt zu greinen. Verena bleibt noch einen Augenblick sitzen, aber als die Kleine plötzlich ein Riesengetöse veranstaltet, springt sie auf und nimmt sie auf den Arm. »Was ist denn, kleine Maus?«, flüstert sie leise. Sofort wird Sara ein bisschen ruhiger, als wolle sie hören, was ihre Mama sagt. Nach noch ein bisschen Wispern und Kuscheln fallen ihr schon wieder die Augen zu. Melancholisch schaue ich den beiden zu. Sie strahlen ein schimmerndes Glücksgefühl aus.
    Wie lange muss ich als Vice President wohl warten, bis ich auch so was haben darf? Reicht ein Jahr? Ein Jahr wäre okay. Aber vielleicht

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