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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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ich mir so eines wie meines vor. Arbeiten, lernen, Freizeit gestalten, Freunde haben, ein paar Hobbys, ab und zu in den Urlaub fahren, putzen, schlafen, essen, sich manchmal betrinken, viel lachen, Sex haben, ab und zu frustriert sein   … Einerseits frage ich mich: Was ist daran erstrebenswert? Wenn ich in Todesanzeigen lese «Nach einem erfüllten Leben verschied viel zu früh   …», läuft in meinem Kopf ein Film ab. Ich sehe ferne Landschaften, abenteuerliche Situationen, Todesnähe, ich sehe schöne Frauen und exotische Männer, wilden Sex, viele Punkte auf dem Miles&More-Konto, ich sehe New York, Bangkok und Mexico City, sehe Macht und Reichtum, Safari-Hüte und weiße Kleider, Geburt und Tod, Kinder und alte Menschen, wilde Tiere und hohe Berge. Oder so. Ich sehe nicht mein Leben – die Uni, diverse Großraumbüros, den Laptop, die WG der Jungs, meine Zweizimmerwohnung mit dem kränkelnden Bambus, die angefangeneMagisterarbeit, das Haidhauser Augustiner, die Steuererklärung, den Bäcker an der Ecke.
    Andererseits fühle ich mich eigentlich ganz wohl in meinem kleinen Leben. Klar will ich Abenteuer in fernen Ländern erleben, die Welt bereisen und in khakifarbenen Shorts durch Dschungel oder Wüste streifen. Aber bitte immer mit Rückflugticket. Und mein Handy hätte ich auch gerne dabei. Abenteuer light, ist es das, was ich suche? Bin ich zu feige für das wahre, wilde Leben, zu bequem? Ich sollte mal darüber nachdenken. Aber ich komme ja nicht dazu, weil immer was los ist.
     
    Am Samstagvormittag rief Max mich an und fragte, ob ich Lust hätte, ihm bei einem Fußballturnier auf dem Land zuzusehen. Die Alternative für diesen Tag hieß Wohnungsputz, deshalb ließ ich mich recht schnell überreden und trat die Reise ins Münchner Outback an.
    Einige Stunden später habe ich tatsächlich die Halle gefunden, in der das Event stattfindet. Ich betrete die Tribüne, setze mich in die erste Reihe und werde das Gefühl nicht los, von ungefähr vierzig Augenpaaren unverwandt angestarrt zu werden. Vorsichtig sehe ich mich um. Ungefähr vierzig Augenpaare gucken schnell in die andere Richtung. Ich stelle fest, dass ich das einzige weibliche Wesen weit und breit bin. Okay, es gibt für Frauen gewiss Attraktiveres als ein Fußball-Hallenturnier des örtlichen Burschenvereins. Wäre im Nachbardorf ein D& G-Lagerverkauf beheimatet, säße vielleicht auch ich nicht hier.
    Ich konzentriere mich auf das Geschehen in der Halle. Freiwillige Feuerwehr gegen den FCKW (FC Kick and Win). Der FCKW kickt – und verliert haushoch. Als Nächstes laufen meine Jungs auf. Max sieht mich gleich und schießt vor lauter Begeisterung das vorentscheidende 4   :   0.   Nach dem Spiel haben sie eine Dreiviertelstunde Pause. Und kommen zu mir auf die Tribüne. Ich muss zugeben, es ist kein schlechtes Gefühl, zwischenso vielen strammen Fußballerwadln zu sitzen und der einzige anwesende Fan zu sein. In ihren Trikots und kurzen Hosen sehen sie alle zum Anbeißen aus, und ihre Begeisterung über das gewonnene Auftaktspiel ist ansteckend. Darauf erst mal ein isotonisches Getränk. Es sieht zwar aus wie Bier, aber die werden schon wissen, was sie tun!
    Nach zwei Stunden – der neue Mankell liegt ungelesen neben mir, denn Hallenfußball ist überraschend unterhaltsam – kommt Verstärkung in Form von Marlene, und als die Jungs das Halbfinale erreicht haben, sind wir schon acht Mädels. Unsere Gesänge könnten in der Bayern-Fankurve des Olympiastadions neue Impulse setzen, und wenn einer unserer Jungs aufs Tor zustürmt, halten sich die Umsitzenden vorsichtshalber die Ohren zu. Kreiiiiiisch, das macht Spaß!
    Das Wunder geschieht, und das Team «Café Neuhausen» gewinnt tatsächlich das Turnier! Nach der Pokalübergabe (und einer Sektdusche meinerseits – ist gar nicht so einfach, aus dem Ding zu trinken und dabei auch noch gut auszusehen) beschließen wir, in die Stadt zu fahren und im Eat The Rich weiterzufeiern.
     
    Ich komme etwas später, weil ich erst mein Auto zu Hause abstelle. Zum Umziehen ist leider keine Zeit mehr. In Jeans, hellblauem Kapuzenpulli, nahezu ungeschminkt (das heißt Wimperntusche und ein bisschen Lipgloss) und mit ziemlich zerzausten Haaren quetsche ich mich in die zum Bersten volle Bar. Das Eat The Rich ist bekannt als «Baggerschuppen», allerdings werde ich dort so gut wie nie angequatscht. Und heute sowieso nicht, denke ich mir, in dem Outfit und total derangiert   … Drei Meter weiter werde ich eines

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