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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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    Captain Subtext: Ganz falsch, mein Lieber. 10   Minuspunkte auf dem Freundschaftskonto. Ich wollte mir nicht von dir anhören, was ich selber insgeheim befürchte, ich wollte dir davon erzählen, dass Paul mir am Wochenende sagte, dass er jeden Tag Sehnsucht nach mir hat und dass er mich liebt. Ich wollte dir erzählen, dass ich ihm daraufhin schrieb, mir ginge es genauso, ich wolle aber trotzdem momentan nicht über die Zukunft nachdenken, sondern den Augenblick genießen und ihn ganz genau kennen lernen. Und dann wollte ich gerne von dir wissen, Martin, warum Paul sich seitdem nicht mehr meldet und ob das was zu bedeuten hat. Darauf hätte ich von dir gerne gehört, dass das ganz normal und harmlos ist, dass dein süßes Mariechen sich mal wieder viiiiiel zu viele Gedanken macht, dass du für Paul und mich eine rosige Zukunft siehst und von Anfang an gewusst hast, dass Paul und Marie zusammengehören. Ich wäre glücklich und voller positiver Sehnsucht nach Paul heimgegangen, hätte aufgehört, ihn mit SMS zu terrorisieren, und alles wäre gut gewesen.
     
    Während Martin die letzten Wartungen und Jahresinspektionen seines VW Polo referiert, tippe ich unter dem Tisch eine weitere SMS an Paul.
     
    «Was sagst du dazu, wie die Unterhachinger Rostock aus dem DF B-Pokal gekickt haben? Cool, oder?»
    Captain Subtext: Vergiss mich nicht! Melde dich! Ich halte das nicht länger aus ohne dich, Paul!

MONTAG, 9.   DEZEMBER 2002 – ON THE ROAD
    Am Wochenende besuchte ich Beate in Stuttgart, wo sie gerade ein Engagement hat. Sie singt Weihnachtslieder in kalten Kirchen. Als Ausgleich dazu schlugen wir uns die Nacht in einer heißen Bar um die Ohren. Wir lernten großzügige Schwaben kennen, einen melancholischen Rheinländer und einen ganz und gar nicht steifen Hamburger. So viel zum Thema Vorurteile und deren Beseitigung.
     
    Gestern fuhr ich dann leicht verkatert und in typischer Sonntagnachmittagsstimmung zurück nach München. Im C D-Player trug Robbie Williams sein neues Werk vor, ich dachte an seinen genialen Auftritt bei «Wetten dass   …?» am Vortag (für den «FC Scheiße» statt Schalke und diesen unschuldig-treuherzigen Blick hätte ich dich knutschen können, Robbie. Na ja, nicht nur dafür. Überhaupt. Generell. Okay, reicht wieder) und sang viermal hintereinander laut Track 6 mit:
    Tryin’ to love somebody
    Just wanna love somebody right now
    There’s just no pleasing me
    Tryin’ to love somebody
    Just want to love somebody right now
    Baby lay your love on me   …
    Perfekt. Draußen wurde es dunkel, schwäbische Weihnachtsbäum(l)e flogen am Autofenster vorbei, und Marie war die einsame Heldin der Autobahn. Die profanen Freuden der vorigenNacht (Musik, Alkohol, Tanz) konnten sie nur kurzzeitig von ihrem tief empfundenen Weltschmerz ablenken. Kluge Menschen können nicht dauerhaft glücklich sein, weil sie viel zu viel nachdenken. Wie war das – «Das Genie geht an der Welt zugrunde» oder so ähnlich? Und natürlich befindet diese tragische Heldin Marie sich nicht in einer kuschelig-puscheligen, heimeligen Zweierbeziehung à la «Was kommt denn heute im Fernsehen, Liebling?» oder «Morgen sind wir bei Tom und Sandra eingeladen», sondern lebt eine vermutlich aussichtslose, deswegen aber wahnsinnig leidenschaftliche und einmalige Liebe zu einem Mann, der sie zwar schrecklich begehrt, sie aber aus irgendeinem Grund nicht haben will oder kann. Ach, wie bin ich doch anders als die anderen, keine zentralgeheizte Romantik zwischen IKE A-Vitrine und Kirschbaumimitat-Laminat, keine Pärchenhandschuhe zum Nikolaus und keine peinlichen Kosenamen. Ich unterdrücke mit Gewalt den Gedanken daran, wie gerne ich sonntags mal «Hattrick – 2.   Liga» mit Paul gucken würde und dass ich nicht unbedingt was dagegen hätte, mit ihm bei Tom und Sandra oder Jens und Margit eingeladen zu sein. Sogar die Vorstellung, von Paul beim samstäglichen Einkauf gefragt zu werden, ob noch Eier vorhanden seien oder wir welche kaufen müssten, entbehrt nicht eines gewissen Reizes   … Schnell kurble ich das Fenster runter und zünde mir eine Zigarette an. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Derartige Anwandlungen kann ich wirklich nur meinem durch Verliebtheit verblendeten Zustand zuschreiben.
     
    Ich wechsle die CD und lege die ein, die Paul und ich hörten, als wir das letzte Mal miteinander schliefen. 18 von Moby. Ich liebe diese Scheibe. Das einsame, tapfere Autobahncowgirl Marie passiert Ulm-Elchingen, während

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