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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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schon zu Demi Moore und dem großen Robert Redford nicht fair ist – wieso sollte es sich dann mir gegenüber anständig benehmen? Überhaupt – wie banal ist Glück. Wie banal, langweilig und ordinär. Lieber bin ich ein tragischer, interessanter Charakter als einer von diesen Menschen, denen ihr dauerhaftes Glück und ihre penetrante Fröhlichkeit aus allen Poren dringen und denen man immer heimlich wünscht, zumindestmal mit Anlauf in einen großen, senfgelben, frischen Hundehaufen zu treten. Es gibt auch ganze Paare von dieser unausstehlichen Sorte. Solche Pärchen, die davon sprechen, dass sie «ihr Glück jetzt noch durch ein Baby krönen» wollen – «Nicht wahr, Knuffelchen, wir sind auch schon fleißig am Üben, hihi»   –, und dann tatsächlich ein knappes Jahr später einen Wonneproppen auf die Welt bringen, der schon mit adrettem Seitenscheitel und Anti-Quengel-System den Mutterleib verlässt, schmerz- und ekelfrei durch Kaiserschnitt, versteht sich. Und dann bewohnen sie mitsamt ihrem perfekt in die Karriere- und Finanzplanung eingepassten Nachwuchs ein weißes Haus mit hellgrauen Holzelementen («Man muss sich architektonisch schon der Landschaft anpassen») in einem nicht als billig verschrienen Münchner Vorort, beim Babysitten muss man hauseigene Puschen anziehen, und im Winter zieren Lichterketten den Wintergarten. Okay, wenn ich ihnen jetzt auch noch den dunkelblauen Audi in die Garage stelle, mit dem Mama das Söhnchen Marvin donnerstags zum Judo fährt und Papa gerne mal auf der A99 mit 220   Sachen diesem schnarchigen BM W-Fahrer zeigt, wo der Bartel den Most holt – dann wird es ein bisschen zu klischeehaft, ich gebe es zu. Aber es gibt solche Leute. Meistens sind sie auch noch gar nicht ungebildet und im schlimmsten Fall sogar ganz nett. Das Leben ist grausam. Und aus mir spricht vermutlich nur der Neid der Besitzlosen.
     
    Darauf noch einen Schluck Wodka. Der Film ist vorbei, und ich weiß wieder nicht, was mit Robert Redford alias John Gage weiter geschah. Was jetzt? Musik. Nix mehr mit Sportfreunde Stiller. Brauche jetzt was Tragisches. Ha, hab ich’s. «Wenn das Liebe ist» von Glashaus.
     
    Wenn das Liebe ist – warum raubt sie mir meine Kraft?
    Wenn das Liebe ist – warum bringt sie mich um den
    Schlaf? Wenn das Liebe ist – warum tut es so weh?
     
    Ja, genau. Cassandra oder Cassiopeia oder wie auch immer dieses Mädel mit der zerbrechlich-schönen Stimme heißt – sie versteht mich. Ich bin nicht die Einzige, die diese höllischen Qualen durchleidet. Danke. Repeat. Gute Nacht.

SONNTAG, 19.   JANUAR 2003 – SCHIFOAN IST DES LEIWANDSTE
    Paul hat sich nicht mehr gemeldet seit diesem unseligen Donnerstag. Und ich war zum Glück zu stolz, um ihm nochmal eine SMS hinterherzuschicken. Der kann mich mal, echt. Selbst bis über beide Ohren verliebte Frauen haben noch einen Rest von Würde. O ja.
     
    Ich hatte nun die Wahl. Entweder weiter «Wenn das Liebe ist» im Repeat-Modus hören – im Auto, im MP 3-Player , in der Stereoanlage zu Hause – oder etwas unternehmen, das meine Stimmung wieder hob. Ich brauchte Sonne und Licht. Und Leute. Da ein Kurztrip auf die Seychellen momentan magisterarbeits- und vermögensbedingt nicht drin ist, disponierte ich kurzfristig um. Ich entschied mich fürs Skifahren. Zum Glück hat Vroni dieses Jahr endlich einen Skikurs belegt.
    Die vergangenen drei Jahre habe ich auf sie eingeredet wie auf ein krankes Pferd.
    «Skifahren ist super, Süße, ich weiß gar nicht, wie du die langen Winter ohne das Brettlrutschen überstehst. Der Sport ist klasse, dieser Rausch, wenn man eine Pulverschneepiste runterfegt. Und dann erst das ganze Drumherum. Der blaue Himmel, der glitzernde Schnee, der Germknödel mit zerlassener Butter und Mohn auf der Hütte, das Knirschen der Kanten beim Schwingen, die frische Luft, die Kälte auf der Haut, diese wunderbare Müdigkeit am Abend   …»
    Spätestens hier unterbrach Vroni mich meist recht unwirschund faselte etwas von Unfallrisiko, den hohen Kosten einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Selbständige und so weiter. Ich winkte dann mit den Augen rollend ab und vertagte die Überzeugungsarbeit auf Vronis nächste Winterdepression. Es half nichts. Diese Saison gab ich es auf. Endgültig. Nie würde ich mit meiner besten Freundin zusammen eine Piste hinunterschwingen, nie zu «Anton aus Tirol» unter Skischirmen tanzen. Zu schade – aber manche Tatsachen sind eben unabänderlich, und man muss sie

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