Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)
ihm ja nicht seine Würde nehmen und ihn zum Clown frisieren …
Ein ähnlich empfehlenswerter Hund ist der Spitz, der eigentlich ein uralter Wächter, jedoch von außerordentlich liebenswertem Charakter und seinen Menschen liebevoll und treu ergeben ist – natürlich auch nur, wenn Zucht und Prägung gut und seriös waren. Übrigens ist die Eigenart des „Kläffens“ recht einfach in vernünftige Bahnen zu leiten. Klar meldet ein Spitz, wenn er etwas Verdächtiges hört, das ist ja sein Job seit Jahrtausenden. Er hört aber auch schnell wieder auf – es sei denn, seine Menschen kläffen mit und rufen dauernd: „Still, aus, sei ruhig, still, aus, aus ...“
Ich möchte an dieser Stelle keine Werbung für Hunderassen machen. Es gibt übrigens viele weitere, die den Ansprüchen der heutigen Gesellschaft gerecht werden und auch nicht zu gesundheitlichen Wracks gezüchtet wurden. Erwähnt seien hier noch Schnauzer, Tibetterrier oder Cocker Spaniel, die ich auch oft empfehle. Hoch spezialisierte Arbeitshunde sollten aber besser nicht in jeden Haushalt einziehen, nur weil die Rasse gerade modern ist. Man tut sich und dem Hund keinen Gefallen damit – nur dem Hundepsychologen, der dann immer mehr Arbeit bekommt.
Nach diesem kleinen Ausflug in die Welt der Hunderassen kehren wir zu unserer Familie E. zurück, die sich nun, auf meinen Rat hin, für einen Pudel aus dem Tierschutz entschieden hatte. Natürlich weiß man bei einem Tierschutz-Hund nicht, ob Zucht und Prägung optimal waren. Ein solches Tier bleibt immer eine „Wundertüte“, aber die Hündin, die wir ausgesucht hatten, schien nach meiner Auffassung für die Familie geeignet zu sein. Ich hatte alle Familienmitglieder gut auf ihre Aufgabe vorbereitet und auch genau erklärt, dass man dem kleinen Pudel, oder besser der Pudeldame Marie, Zeit zur Eingewöhnung geben müsse. Stolz und voller Vorfreude wartete Familie E. nun auf den Tag, an dem wir Marie aus ihrer Pflegestelle holten. Frau E. freute sich so sehr, dass sie den Termin überall herumerzählte – was zur Folge hatte, dass Nachbarn, Freunde und Verwandte sich zu einer spontanen Willkommensparty bei Familie E. einfanden, um den Hund zu begrüßen und Marie gebührend zu empfangen. Das war natürlich nett gemeint, für Marie allerdings der reinste Horror. Man stelle sich mal vor: Da kommen Menschen auf einen Hund zu, die er zwar schon kennengelernt hatte, die er aber trotzdem noch nicht einordnen kann. Er wird aus der Pflegestelle, an die er sich gewöhnt hatte, herausgerissen, mitten hinein in die Party bei Familie E., die eine Schwester des Hausherrn organisiert hatte.
Nachbar Kurt empfing Marie auch sofort, jedem Klischee entsprechend, mit einem Klassiker: „Ja, du bist aber ein schönes Hundchen. Jajajaja-ja-ja. Kannst du denn auch ein Kunststückchen?“ Dabei beugte er sich über die kleine Hündin und sprach in einer säuselnden hohen Stimme, die mich an seinem Verstand zweifeln ließ. Ich hatte Marie an die Leine genommen, als ich die Party im Haus der Familie bemerkte, und wies Kurt freundlich darauf hin, dass Marie jetzt erst einmal ihre Ruhe brauche, worauf er antwortete: „Soll sie ja haben, aber kann sie nicht vorher ein Kunststückchen machen?“
Marie war sichtlich verunsichert. Sie schaute zu mir hoch, als wollte sie mir etwas mitteilen. Ich bin mir sicher, wenn sie hätte sprechen können, hätte sie gesagt: Klar kann ich ein Kunststückchen. Kennst du „Pudel beißt Kurt in die Nase“? Das kann ich wirklich gut. Sie biss Kurt nicht in die Nase, dafür blieb ihr aber auch gar keine Zeit. Von der Seite kam die Organisatorin der Party, Tante Hildchen. Sie griff den Hund, nahm ihn so schnell hoch, dass ich es nicht verhindern konnte, drückte ihn an sich und sprach im gleichen Tonfall wie Kurt auf das Tier ein: „Jadada, du bist aber eine Süße, jadda, eine Süße bist du!“ Auch hier, bin ich mir sicher, drehten sich Maries Gedanken wieder um Nasen und einen herzhaften Biss in solche ... Nachdem das Empfangskomitee Marie und mich schon genügend überrumpelt hatte, sah ich mit Entsetzen den Rest der Gesellschaft auf uns zustürzen und alle stammelten um die Wette: „Jabadadda, jojojo, wo iss denn die Marie, süß iss sie aber, jojo, wo iss sie denn?“
So oder ähnlich waren die Kommunikationsversuche der herannahenden Leute. Ich musste dem Ganzen Einhalt gebieten, in Maries Interesse, sonst hätte sich der Einzug in ihr neues Heim traumatisch gestaltet. Ich hatte aber
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