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Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition)

Titel: Wer ist hier der Schlaumeier?: Skurrile Geschichten von Hunden und ihren Menschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Riepe
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spürten auch wir, ließen uns aber unsere Verunsicherung nicht anmerken. Die Vierbeiner dagegen waren weitaus ehrlicher in der Beurteilung des ersten Eindrucks ihrer Lehrerin.
    Der Ridgeback Rambo zeigte in seiner vorsichtigen, sensiblen Art ganz eindeutig, dass dieser Tag der Einschulung nicht zu seiner persönlichen Lebensplanung passte. Ohne den Schulalltag ernsthaft kennengelernt zu haben, wollte er den Platz beim Anblick der Trainerin, Frau J., bereits wieder verlassen. Er klemmte die Rute ein und machte einen energischen Sprung in Richtung des Fahrzeug, aus dem er vor wenigen Minuten herausgekommen war. Seine Besitzerin, Frau H., hatte alle Mühe, das Tier zu halten. Der Dackel namens Waldi (irgendwie schön, dass es noch klassische Namen gibt – ich fürchte allerdings, Hunde werden bald auch Kevin, Lukas oder Lena heißen) war ebenfalls verunsichert, allerdings weniger vorsichtig als Rambo und dachte sich scheinbar, eine gesunde Offensive würde die unfreundliche Frau vielleicht verscheuchen. Er bellte und drohte. Ein flüchtender Ridgeback und ein kämpfender Dackel – ein Glück, dass beide ihre Kräfte so gut beurteilen konnten ... Große Hunde unterschätzen diese nämlich meistens, während bei kleinen eher das Gegenteil der Fall ist.
    Nach einer knappen Begrüßung der Hundetrainerin wurden wir in Reih und Glied nebeneinander auf dem Platz positioniert. Frau J. erklärte uns nun, dass Hundeerziehung nichts weiter als Disziplin sei, dazu gehöre auch, dass wir uns ihren Anweisungen zu fügen hätten und nicht ständig alles hinterfragen sollten. „Das ist so in Mode gekommen“, sagte sie in selbstsicherem Ton.
    Na das soll mir ja was werden, dachte ich bei mir und beobachtete sehr interessiert die anderen Teilnehmer. Besonders die zierliche Frau mit ihrem Ridgeback fiel mir auf, die inzwischen ähnlich unsicher wirkte wie ihr Hund, aber im Gegensatz zu diesem bemüht war, alles richtig zu machen. Als hätte ich es geahnt, wurde sie von der Trainerin als Erste persönlich angesprochen.
    „Sie mit dem Löwentöter, kommen Sie mal her“, sagte Frau J. in harschem Ton zu Frau H.
    „Ich?“, entgegnete diese, nun endgültig verunsichert.
    „Ja natürlich Sie! Oder denken Sie, der Mischling da könnte Löwen töten“, fauchte J. und deutete auf mich und Mike, den das aber nicht zu interessieren schien.
    Zögernd ging Frau H. mit ihrem Hund (der übrigens sicher auch keine Löwen töten könnte, dafür wurde er nie gezüchtet, sondern lediglich, um Löwen zu stellen) zur Trainerin. Die ganze Szenerie erinnerte mich an amerikanische Militärfilme, in denen ein Ausbilder oftmals ähnliche psychologische Mittel einsetzt: Er sucht sich eine schwache Person aus und stellt sie bloß, um andere, die sich nicht so leicht zum Gespött machen lassen, vorzuwarnen, damit sie die vermeintliche Macht nur ja nicht infrage stellen.
    Als Frau H. mit ihrem Hund bei der Trainerin angekommen war, sagte diese in ihrem hochcharmanten Militärton:
    „Bringen Sie den Hund mal ins Platz!“
    „Aber das kann er noch nicht, deswegen sind wir ja hier“, stammelte die junge Frau.
    „Gut, ich zeige Ihnen mal, wie man einem Hund das in Sekunden beibringt!“
    Ich war hoch gespannt, wie sie dem Tier vermitteln wollte, dass es sich hinlegen sollte. Eigentlich ist das nicht schwer. Wenn man Hunde aus sitzender Position mit etwas Nahrung an der Nase in Richtung Boden leitet, begeben sich die meisten in die ausgestreckte Stellung. Sagt man in dem Moment des Hinlegens „Platz“ und gibt dem Hund gleichzeitig das Leckerchen, verknüpft er recht schnell das Wort mit der Tätigkeit und dem positiven Resultat, der Nahrung. Ich dachte, Trainerin J. würde das jetzt auch so oder ähnlich vorführen. Doch weit gefehlt! Sie ging neben dem Hund in die Hocke, griff unter dem Bauch des Tieres durch und zog einmal kräftig an den Beinen der gegenüberliegenden Seite, sodass der Hund auf die Seite fiel. Der Ridgeback wusste nicht, wie ihm geschah, und wollte wegspringen, um aus der für ihn völlig unverständlichen Situation zu flüchten. Aber was machte Frau J. jetzt? Sie kniete sich auf den liegenden Hund, damit dieser nicht aufstehen konnte. Und dazu brüllte sie: „Platz“. So lange, bis der Hund nicht mehr zappelte und ruhig am Boden lag.
    Ich gebe offen zu, dass ich vielleicht eher hätte eingreifen müssen – obwohl ich genau wusste, dass ich dann des Platzes verwiesen würde und keine weiteren Fakten dieser Hundeschule sammeln

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