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Wer ist Martha? (German Edition)

Wer ist Martha? (German Edition)

Titel: Wer ist Martha? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjana Gaponenko
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Leben lang.
    »... Martini-Cocktails, Sours, Juleps, Highballs, Flips, Fizzes, Coladas, zum Beispiel. Dazu kommen noch Cocktails mit einer Basisspirituose ...«
    »Zum Beispiel?«, fragt Herr Witzturn mit breit gähnendem Mund, als wollte er ein ganzes Ei ausspucken. Ein ähnlich großes Ei schlüpft aus Lewadskis Mund. Im letzten Moment gelingt es ihm, die Peinlichkeit hinter seiner Faust zu verbergen.
    »Nein, es interessiert uns wirklich«, rechtfertigt sich Herr Witzturn, »nicht wahr, Herr Lewadski?«
    »Erzählen Sie über die Basisspirituose, seien Sie so lieb«, bittet Lewadski, ein zweites Ei herauswürgend.
    »Mit einer Basisspirituose werden zum Beispiel Campari-Getränke gemixt, die Herren kennen sie bestimmt.«
    »Ja, wenn man im Sommer in ein Café geht, sieht man die Campari-Gläser vorzugsweise in den Händen älterer Damen beschlagen, nicht wahr, Herr Lewadski?«
    »Ich gehe selten aus, erst recht nicht bei großer Hitze.« Er soll dieses ›nicht wahr, Herr Lewadski‹ sein lassen, denkt Lewadski, wenn er es noch einmal sagt, sage ich es ihm.
    »Campari Orange war schon vor unserer Zeit ein Klassiker – Costa Brava, Bella Donna, Bella Musica, Bella Bella.« Sachte schwankt Herr Witzturn auf seinem Barhocker, immer weiter, auch, als ihm keine weiteren Bellas mehr einfallen.
    »Und dann gibt es noch andere Campari-Getränke«, fährt der Barmann vorsichtig fort, »Cardinal, Rosita, Negroni ...«
    »Welche Cocktails gibt es sonst noch in der Welt, klären Sie uns auf, junger Mann«, wendet sich Lewadski an den Barmann, der die ganze Zeit ein Glas nach allen Regeln der Kunst poliert hat.
    »Wodka-Drinks zum Beispiel, obwohl heutzutage immer häufiger pur getrunken wird«, antwortet der Barmann, während er eine Cocktailschale in ein Wasserbad taucht. »Viele trinken pur aus Ehrfurcht vor dem Getränk. Auch ich würde bestimmte Spirituosen niemals zusammenschütteln. Gin und Wodka oder Gin und Whisky. Gott behüte.«
    »Gin ist wirklich etwas Feines«, gähnt Herr Witzturn seine geblümte Krawatte entlang.
    »Eine Bar ohne Gin«, blüht der Barmann auf, »ist wie ein Adler ohne Federn. Mit ihm lässt sich einfach alles machen.«
    »Zu allen Schandtaten bereit«, nuschelt Herr Witzturn und legt sein Kinn auf die Brust.
    »Mit keiner anderen Spirituose wurden so viele Klassiker kreiert«, fährt der Barmann fort, »Pink Gin, Gin Tonic oder Martini Dry gäbe es nicht ohne Gin, auch den in letzter Zeit so beliebten Alexander’s Sister Cocktail.«
    »Was ist das Besondere am Gin?« Auch Lewadskis Kinn sucht Halt in den unteren Etagen seines Oberkörpers.
    »Wäre ich auf einer einsamen Insel«, erzählt der Barmann, »und müsste ich mich für eine einzige Spirituose als Basis-Alkohol zum Mixen entscheiden, würde meine Wahl auf Gin fallen. Warum? Weil Gin pflegeleicht ist, bodenständig, diskret, anschmiegsam. Er genügt sich selbst. Er ist selbstbewusst und braucht keine Bestätigung von außen, also keinen anderen Alkohol.«
    »Selbst ist der Mann«, brummt Herr Witzturn, das Kinn auf der Brust wie ein Schnitzel im Mehl wälzend.
    Was sucht man auf einer einsamen Insel als Chef de Bar? Lewadski kann nicht dafür bürgen, ob er diese Worte gesagt hat oder Herr Witzturn. Vielleicht, denkt er, habe ich nur laut gedacht. Oder leise, ganz leise geflü... eine einsame Bar, wieso auf einer Insel?
    »Niemals Gin und Wodka, Gin und Rum, Gin und Brandy vermischen«, hört er den Barmann in die Gläser flüstern.
    »Wie bitte?«
    »Whisky und Liköre, Gin und Säfte, Vermouth und Gin, Gin und Tequila, Säfte und Bitters ... Eine Bar ohne Insel ist wie ein Tresen ohne Gläser.« Die Rede des Barmanns ist ein Seufzen, ein Rascheln im Wind.
    Tausendblättrig pappelt das weiße Jackett im Wind, denkt Lewadski, Silberpappel ...
    »Gin scheint ein patenter Bursche zu sein«, säuselt Herr Witzturn. Lewadski schließt ein Auge. Oder vielleicht öffnet er es? Nach außen oder nach innen. Auch dieser Gedanke quält ihn nicht lange.
    »Lone Tree beispielsweise, bei Damen sehr beliebt, Gin, Vermouth Dry, Vermouth Rosso, ein Tropfen Orange-Bitter, auf Eiswürfeln verrühren, in einem Martiniglas den alten Kneifzangen servieren.«
    »Hahaha«, grunzt Herr Witzturn, begleitet vom Knirschen seines Barhockers. »Kneifzangen, das merke ich mir!« Schnarchend lernt Herr Witzturn das neue Wort. Ganze Wälder fallen unter seiner Nasenaxt.
    »Oder Flying Dutchman, zeitlos, einfach zeitlos. Gin mit einem Limettenachtel auf Eiswürfeln

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