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Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen

Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen

Titel: Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Gedanken schweifen. Ihr Blick fiel auf das Tattoo, das seit dem Morgen ihren Bizeps zierte – Dornen und Blutstropfen. Es war herrlich kitschig, und sie liebte es, oder vielleicht liebte sie auch einfach nur die Vorstellung, dass es sie zu einem anderen Menschen machte, wenn auch nur vorübergehend. Auf der Packung stand, dass die Farbe bis zu zwei Wochen hielt, aber sie hatte noch ein paar andere Motive.
    Lucy löste den Blick von den blutigen Dornen und überlegte, was sie schreiben wollte. Schließlich legte sie die Fingerspitzen auf die Tastatur.
    Als meine Mutter Präsidentin war …
    Ein Eichhörnchen, das draußen vor dem Fliegengitter hockte, lenkte sie kurz ab. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Laptop.
    Als meine Mutter Präsidentin war, begann ihr Arbeitstag jeden Morgen kurz vor sechs mit einer Trainingseinheit auf dem Laufband …
    Lucy hasste das Laufband. Lieber lief sie draußen in Regen und Schnee statt auf einer Maschine.
    Meine Mutter glaubte an den positiven Effekt von Sport.
    Lucy tat das auch, was aber nicht bedeutete, dass sie Sport mochte. Der Trick war, eine Sportart zu finden, die man nicht verabscheute.
    Ein Experte stellte ihren Trainingsplan zusammen, aber gewöhnlich trainierten sie und mein Vater allein im Fitnessraum.
    Lucy mochte auch keine Fitnessräume.
    Sie begannen ihr Programm mit leichten Dehnübungen, dann …
    Sie runzelte die Stirn. Jeder hätte diese langweiligen Sätze schreiben können. Mat wollte etwas Persönliches, und das war nicht persönlich.
    Lucy löschte das Geschriebene und fuhr den Laptop herunter. Draußen war es ohnehin viel zu schön zum Schreiben. Sie schnappte sich ihre Baseballmütze und stieg die wacklige Holztreppe zum Bootshaus hinunter. Die Rettungsweste, die in dem Kajak lag, war ihr zu groß, aber sie zog sie trotzdem an und fuhr mit dem Boot hinaus.
    Selbst als sie an dem steinigen Strand entlangpaddelte, der die Gänsebucht säumte, fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie sich auf einer Insel in den Großen Seen verkrochen hatte. Sie war gekommen, um den Geheimnissen des Mannes auf die Spur zu kommen, den ihre Eltern zu ihrem Schutz beauftragt hatten, aber das Haus lieferte keine Anhaltspunkte. Warum war sie also immer noch hier?
    Weil sie nicht wegwollte.
    Der Wind wurde stärker, als Lucy auf den offenen See hinauspaddelte, und sie richtete den Bug in die Strömung. Kurz ruhte sie ihre Arme aus und massierte das Dornen-Tattoo. Sie wusste nicht mehr, wer sie war. Das Ergebnis einer chaotischen Kindheit? Eine Waise, die für ihre kleine Schwester die Verantwortung übernommen hatte? Ein Prominentenkind, das ein Teil der symbolischen amerikanischen Familie geworden war? Sie war eine vorbildliche Studentin gewesen, eine engagierte Sozialarbeiterin, und sie war eine versierte Lobbyistin. Sie hatte Spendengelder für wichtige Projekte gesammelt und für Gesetze geworben, die im Leben vieler Menschen etwas verändert hatten. Unabhängig davon, wie sehr sie eine Abneigung gegen diesen Job entwickelt hatte. Und nun war sie eine neurotische Braut, die dem Mann den Rücken gekehrt hatte, der bestimmt war, die Liebe ihres Lebens zu sein.
    Zwischen ihrer Arbeit, ihrer Familie und den Hochzeitsvorbereitungen war sie zu beschäftigt gewesen, um in sich zu gehen. Nun, da sie dafür Zeit hatte, behagte es ihr nicht, wie sie sich dabei fühlte, also kehrte sie um zur Bucht. Sie musste gegen die Strömung paddeln, was mehr Anstrengung erforderte, aber es tat ihr gut. Als Lucy die Bucht erreichte, verschnaufte sie kurz. Und das war der Moment, in dem sie die einsame Gestalt am Ende des Stegs entdeckte.
    Seine Gesichtszüge waren nicht zu erkennen, aber sie hätte seine Silhouette dennoch überall identifiziert. Breite Schultern und schmale Hüften. Lange Beine, bereit, sich in Bewegung zu setzen, zu lange Haare, die um seinen Kopf wehten.
    Ihr Herz begann zu hämmern. Sie schindete Zeit, indem sie einen Bogen machte, vorgeblich, um eine Biberburg zu inspizieren, und dann noch einen Schlenker, um sich einen Baum aus der Nähe anzusehen, der ins Wasser gestürzt war. Sie ließ es langsam angehen. Sammelte sich innerlich.
    Er hätte ihr niemals diesen Kuss am Flughafen in Memphis geben dürfen. Hätte sie nie so ansehen dürfen. Hätte er sie nicht geküsst und hätte er sie nicht so voller Emotionen angesehen, wäre sie nach Washington zurückgekehrt, und er wäre nie mehr gewesen als ihr einziger One-Night-Stand.
    Je näher sie kam, desto größer wurde

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