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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Gewissen beruhigen, weil sie dieses Schicksal einem meiner Landsleute zu verdanken hatte. Sie verdiente sich ihr Brot jedenfalls mit Gartenarbeit. Sie war geschickt, die Pflanzen gediehen unter ihren Händen. Sie schnitzte Spielzeug und alles mögliche, sogar eine Galionsfigur. Ich weiß noch, daß wir ihr die Figur abgekauft haben.« Ransome erkannte, daß er zuviel gesagt hatte und hustete nervös. »Die Dienstboten erzählten, daß sie nie ihren Namen preisgab. Man nannte sie Malan, die Frau des Gärtners.« Unbewußt berührte Olivia die Kette, die sie um den Hals trug. Jai Raventhorne hatte seinen ersten Schrei in einer Dienstbotenunterkunft ausgestoßen. In einer armseligen Hütte hatte er zum ersten Mal geatmet und mit seinen grauen Augen das Licht der Welt erblickt …
    Ransome war in Erinnerungen versunken und bemerkte weder Olivias Schweigen noch ihr aschfahles Gesicht. »Ich mochte ihn nicht. Schon als Kind hatte er etwas … Bedrohliches an sich. Er schien die geheimnisvolle Fähigkeit zu besitzen, die Gedanken anderer zu lesen. Das war beunruhigend und unheimlich. Ja, Jai war nie wirklich ein Kind. Er kam zur Welt und war vom ersten Tag an wie ein … Erwachsener. Es war seltsam und unheimlich.« Ransome überlief ein Schauer. »Er hat nie etwas zu mir gesagt, nie gelächelt. Er sah mich nur an – anklagend, vorwurfsvoll und immer von einem verborgenen Zorn erfüllt. Ich haßte diesen Blick, ich haßte ihn, denn er machte mich beklommen. Schließlich verbot ich seiner Mutter, ihn in die Nähe des Haupthauses kommen zu lassen, wenn ich zu Hause war.«
    Olivia fragte: »Und das Auspeitschen …?«
    »Ach ja, das Auspeitschen.« Ransome hatte schnell und abgehackt gesprochen, als sei er erleichtert darüber, sich eine schwere Last von der Seele zu reden. Jetzt beruhigte er sich und erzählte langsamer:
    »Josh, Lady Templewood und Bridget waren zum Essen gekommen. Wir vier waren unter uns. Hinterher ging Bridget zufällig in das Anrichtezimmer, um etwas zu holen oder um jemanden zu rufen, ich weiß nicht mehr was, und stieß auf den Jungen. Er wollte einen Teller Essen stehlen. Bridget erschrak, und als sie ihn zurechtwies, beschimpfte er sie. Bridget gab ihm eine Ohrfeige, und er wehrte sich wie ein Tier. Er sprang sie an und biß ihr in die Hand, bis Blut kam. Bridget schrie. Wir liefen alle in das Anrichtezimmer. Josh nahm seine Reitpeitsche mit. Er sah die blutende Hand seiner Frau und geriet außer sich vor Wut. Er schlug den Jungen und seine Mutter, die sich schützend vor ihn stellte. Er verletzte sie beide. Das Blut floß in Strömen.« Hinter Ransomes starren Augen schien sich die ganze Tragödie zu wiederholen.
    »Der Junge kämpfte wie ein tollwütiger Hund – er entblößte die Zähne, stieß drohende Laute aus und schlug heftig um sich. Der Lärm rief die anderen Dienstboten herbei. Sie versuchten, den Jungen wegzubringen. Seine Mutter flehte ihren Sohn an, sich zu beruhigen. Schluchzend schützte sie ihn vor einem Hieb, der sie traf und schwer verwundete. Josh hob die Peitsche wieder, aber plötzlich hielt seine Hand inne, und sein Zorn war verflogen. Er wollte zuschlagen, zögerte aber verunsichert. Bridget stand in der Ecke und weinte leise. Joshs Mutter, Lady Stella Templewood, stand an die Anrichte gelehnt und sah schweigend zu. Als Josh die Peitsche langsam sinken ließ, hob sie eine Augenbraue und befahl herrisch: ›Schlag ihn tot, Josh. Ein richtiger Jäger läßt kein verwundetes Wild zurück.‹ Wie immer sprach sie kalt, leidenschaftslos und mit der Entschlossenheit, mit der sie für den Erfolg ihres Sohns gesorgt und seinen rücksichtslosen Ehrgeiz angestachelt hatte. Ich werde diesen Augenblick nie vergessen, Olivia, nie – auch nicht ihr Gesicht. Die Kaltblütigkeit, der Egoismus, die Herrschsucht und Entschlossenheit dieser Frau waren nicht zu überbieten.« Er holte tief Luft und wischte sich das feuchte Gesicht mit einem Taschentuch ab. »Es war ein Augenblick des Wahnsinns. Ich muß eingreifen, dachte ich entsetzt. Josh stand völlig unter ihrem Einfluß. In seiner Erregung hätte er ihr vielleicht wie immer instinktiv gehorcht. Ich fiel ihm in den Arm.« Er zitterte. »Heute muß ich mich fragen …« Ransome stand auf und streckte die Beine. Er goß sich aus der Karaffe, die der umsichtige Rehman auf den Tisch gestellt hatte, ein Glas Cognac ein. Dann sah er Olivia fragend an, aber sie schüttelte den Kopf.
    »In der Nacht verschwanden Mutter und Sohn.« Er

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