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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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seiner Zurückhaltung über die eigene Person einmal ganz abgesehen. Zu Hause hätte sie sich bei einem solch unkonventionellen Benehmen nichts gedacht. Im bunten Durcheinander der unterschiedlichsten Menschen wimmelte es in Amerika von komischen Käuzen. Aber hier, in dieser gesitteten Gesellschaft mit festen, klaren Regeln wirkte der Mann für einen Europäer seltsam fehl am Platz. Olivia wollte gehen und stand auf. Aber noch ehe sie etwas sagen oder einen Schritt tun konnte, tauchten mit großen Sprüngen zwei riesige schwarze Hunde aus der Dunkelheit auf und umkreisten sie mit wütendem Gebell. Olivia blieb wie angewurzelt stehen.
    »Haben Sie keine Angst«, beruhigte der Mann sie gelassen. »Sie tun Ihnen nichts, solange ich es ihnen nicht befehle. Wenn Sie einen Augenblick ruhig stehen bleiben, können Sie sich davon überzeugen, daß Sie Ihnen nichts Böses wollen.« Es klang beinahe belustigt, als erkläre er einem kleinen Kind eine elementare Tatsache.
    Olivia blieb keine andere Wahl, als zu tun, was er ihr geraten hatte, während die Hunde sie unter mißtrauischem Knurren und Winseln beschnupperten. Es waren zwei große, gut genährte und offensichtlich wohlerzogene Tiere, denn auf ein leises Pfeifen ihres Herrn wandten sie sich sofort von Olivia ab und legten sich mit hängenden Zungen, aber immer noch wachsam aufgerichteten Ohren rechts und links neben ihn.
    Er streichelte ihnen abwechselnd mit sichtlicher Zuneigung die Köpfe. »Das ist Saloni, und dieses hübsche Untier, das Sie so taktlos anstarrt, ist Akbar. Sie sind meine besten Freunde. Sie beschützen mich mit ihrem Leben.«
    Olivia stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus, blieb jedoch stehen. »Es überrascht mich nicht, daß Sie Schutz brauchen«, sagte sie streng, »wenn Sie sich im Dunkeln anschleichen und ahnungslose Leute beinahe zu Tode erschrecken!«
    Er lachte. »Hätte ich Sie wirklich zu Tode erschreckt, hätten Sie sich bestimmt revanchiert und mit Ihrem Colt auf mich geschossen.«
    Verblüfft setzte sie sich wieder. »Woher wissen Sie, daß ich einen bei mir trage?«
    »Tut das nicht jede vernünftige Amerikanerin in einer gefährlichen Situation? Und was könnte gefährlicher sein als diese langweiligen Burra Khanas ?« Er lachte.
    Olivia holte tief Luft. »Und woher wissen Sie, wenn ich fragen darf, daß ich Amerikanerin bin?«
    »Und dazu eine vernünftige?« Er streckte die Beine aus, um bequemer zu sitzen. »Wie gesagt, Kalkutta ist ein Dorf, Neuigkeiten verbreiten sich schnell. Und eine vernünftige weiße Frau fällt hier auf wie ein Paradiesvogel zwischen gackernden Hühnern.«
    Sie fand das Kompliment zweifelhaft und den Vergleich herbeigeholt. Außerdem fing die Unterhaltung an, unangenehm persönlich zu werden. Es beunruhigte sie, daß er es beharrlich unterließ, sich vorzustellen. Olivia entschied noch einmal, es sei der richtige Zeitpunkt zurückzukehren. Aber als sie sich erhob, sprangen auch die beiden Hunde auf und knurrten. Gereizt setzte sie sich wieder. »Könnten Sie vielleicht Ihren Leibwächtern befehlen, mich gehen zu lassen?« fragte sie empört. »Ich rechne damit, daß jeden Augenblick Leute kommen, die nach mir suchen, und es wäre sehr demütigend, wenn man mich in dieser Lage fände.«
    Er machte keine Anstalten, die Hunde zurückzurufen. Statt dessen setzte er sich noch bequemer hin und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich versichere Ihnen, Sie werden nicht vermißt – höchstens von ein oder zwei Personen. Und da Sie hierher gekommen sind, um dieser einen oder den zwei Personen aus dem Weg zu gehen, würden Sie den Sinn der Übung zunichte machen, wenn Sie so schnell wieder erscheinen. Außerdem«, sie ahnte sein sarkastisches Lächeln mehr, als daß sie es sah, »hat man bereits angefangen zu tanzen, und vor elf wird kein Abendessen serviert. Und da drinnen gibt es genug kleine Mädchen, die gierig danach sind, bei den Tänzen einzuspringen, die Sie versprochen haben.«
    Seine Feststellungen waren so zutreffend, daß Olivia trotz der Unverblümtheit lächeln mußte. Tante Bridget würde vielleicht nach ihr suchen – möglicherweise auch Freddie. Abgesehen davon war es hier draußen am Fluß angenehm, und sie konnte nicht leugnen, daß der Unbekannte etwas an sich hatte, das sie fesselte, obwohl ihr seine scharfsinnigen Bemerkungen Unbehagen bereiteten. Olivia zögerte wider besseres Wissen.
    Er deutete ihr Zögern falsch. »Ich habe mich bereits schuldig bekannt, Sie überrascht zu

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