Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
Vom Netzwerk:
wünschte, ich würde ein Wort dafür finden, aber es gelingt mir nicht.« Sie hatten bis jetzt nicht über den bewußten Abend mit seinen traumatischen und weitreichenden Folgen gesprochen. Olivia sah nun, daß Ransome darüber nachdachte. »Weißt du, ich glaube an Estelles Unschuld, aber Josh konnte es nicht glauben. Trotz aller Beteuerungen war er davon überzeugt, daß Jai sie entehrt hatte. Und er schämte sich zu Tode, er war außer sich vor Zorn. Schließlich waren beide seine Kinder. Eine solche … Beschmutzung verbrannte ihn wie ein Feuer. Er wußte, jetzt mußte er Raventhorne töten. Ihm blieb keine andere Wahl.«
    Olivia lächelte unfreiwillig und nicht ohne Skepsis. Ransomes Gedanke war seltsam, denn ihr Onkel hatte all die vielen Jahre nichts anderes versucht!
    Er spürte ihren Zweifel und schwieg verwirrt. »Ja, ich weiß, was du denkst, aber es gab Umstände … Umstände, die du nicht kennst.«
    Er hob entschuldigend die Hände. »Ich sehe, ich muß von vorne anfangen, wenn du es verstehen sollst. Und vermutlich fing alles an, als Josh zum ersten Mal Jais Mutter in Assam begegnete.« Ransome kniff die Augen zusammen, um sich an eine Geschichte zu erinnern, die mehr als drei Jahrzehnte zurücklag. »Estelle weiß inzwischen vieles darüber. Hätte man es ihr früher erzählt, wäre Josh vielleicht noch am Leben.« Mit zitternden Händen zündete er sich einen seiner heißgeliebten Stumpen an und beobachtete aufmerksam, wie ein vollkommen runder Rauchring in die Luft stieg und sich in nichts auflöste. »Josh war in die Berge gefahren, um sich die riesigen Teebäume anzusehen, die man dort entdeckt hatte und über die alle sprachen. Er war damals noch sehr jung, hatte kurz zuvor in England geheiratet und erwartete die Ankunft seiner Frau. Unser Geschäft begann, durch die regelmäßigen Fahrten an die chinesische Küste in Schwung zu kommen. Seine Mutter hatte gerade ein schönes Haus für ihn gefunden – das jetzige Templewood-Haus –, und Josh war so glücklich und sorglos wie eine Lerche an einem Sommertag.« Bei der Erinnerung an die Vergangenheit mit ihren besseren Tagen strahlten seine Augen. »Aber diese gottverlassenen Berge, Olivia, haben eine sonderbare Wirkung auf die Menschen, besonders auf Weiße, die den Dschungel nicht kennen. Josh erzählte später, sie war noch sehr jung, unschuldig und unberührt wie eine Nymphe, ein Zauberwesen aus den Mondstrahlen in einem Sommernachtstraum. Er schluckte und wurde rot. »So hat Josh sie zumindest beschrieben. Er war natürlich sofort bis über beide Ohren in sie verliebt … von ihr verzaubert, wie er später sagte. Wie viele von der Zivilisation unberührte Menschen – das heißt, von dem, was wir für Zivilisation halten – war sie ein Naturkind, frei und ungebunden wie ein Bergbach und so zart wie ein Blütenblatt. Josh hatte etwas Ähnliches noch nie gesehen und … nun ja, er verlor den Kopf. Er vergaß alles, sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft. Nur die Gegenwart zählte und die unwirkliche Nymphe, die ihm die Götter gesandt hatten, um ihn ins Paradies zu versetzen.« Er hüstelte und sagte schnell: »Auch das waren Joshs Worte. Als er schließlich nach Kalkutta zurückkehrte, stand er noch völlig im Bann des Erlebten. Dann kam Bridget an, und nach einer Woche im Glückstaumel des Zusammenseins mit ihr hatte Josh Assam vergessen wie einen Traum. Vielleicht war es für ihn auch nur ein Traum gewesen.«
    Olivia zog sich das Tuch fester um die Schultern. Es war plötzlich unheimlich, vor dem flackernden Kaminfeuer zu sitzen und von der toten Frau zu hören, deren silbernen Anhänger sie einmal getragen hatte. Sie wünschte, sie hätte sich nicht so schnell bereit erklärt, Ransome zuzuhören. Sie hätte auch nicht soviel trinken sollen – aber für Reue war es jetzt zu spät. Ransome überließ sich den vielen Erinnerungen und wollte sich seiner Last entledigen. Er wäre tief verletzt gewesen, wenn sie ihn jetzt unterbrochen hätte.
    »Zum Unglück von Josh und der jungen Frau war sie die einzige Tochter eines Stammeshäuptlings, der sie sehr liebte. Ihre Beziehung zu dem weißen Mann brachte Schande über ihren Stamm, und das noch mehr, als sie schwanger war. Die Stammesgesetze sind streng, und sie gelten für alle. Der Rat der Alten verbannte sie aus dem Gebiet des Stammes, und man sagte ihr, sie dürfe nie wieder zurückkommen. Sie besaß etwas Silberschmuck, den sie verkaufte. Dann floh sie aus den Bergen und

Weitere Kostenlose Bücher