Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
Vom Netzwerk:
gehört, was er mit dem alten Kahn macht?« Olivia versicherte ihm, sie habe es noch nicht gehört.
    »Nichts. Kann man das glauben? Nichts !« Dann berichtete er ihr fassungslos, Raventhorne habe die Wachmänner vom Schiff abgezogen und verbreiten lassen, jeder könne sich von der Daffodil nehmen, was er wolle. Infolgedessen wimmele es am Fluß von Menschen, die sich über das Schiff hermachten wie Fliegen über einen Kadaver und es ausschlachteten. »Ist das zu fassen, Ma’am? Vielleicht versteht das ja jemand, aber ich sicher nicht!«
    Ja, Olivia verstand es. Unabhängig davon, was einmal ihren Bug geziert hatte, war und blieb die Daffodil ein Symbol für den Mann, den Raventhorne haßte; daran änderte auch sein Tod nichts. Lubbock wäre schockiert gewesen, wenn er geahnt hätte, wie treffend sein Vergleich mit einem Kadaver war.
    Hätte sie sich nicht pflichtbewußt gezwungen, jede Woche heitere und fröhliche Briefe an ihre Familie zu schreiben, und wären nicht mit rührender Regelmäßigkeit die Antworten eingetroffen, hätte Olivia nicht mehr an Amerika gedacht. Für sie besaßen Heimat, Familie und Zukunft einfach keine Bedeutung mehr. Es gab nur noch die Gegenwart. Ihr Vater schrieb, er denke daran, Amos bereits jetzt in Yale einschreiben zu lassen (»Es sei denn, Freddie hält Oxford oder Cambridge für angemessener.«). Ein Anbau mit zwei Kinderzimmern direkt am Strand sei fast fertig. Sally nähte eifrig kleine Strandhosen. Sie wollten im Sommer eine Reise nach San Francisco machen und im nächsten Jahr vielleicht nach England, um Freddie und seine Familie kennenzulernen. Greg habe die Farm in Sacramento gekauft und eine Mexikanerin geheiratet. Sie würden bald glückliche und stolze Eltern sein. Dane und Dirk lernten bei ihrem Vater mit Eifer alles mögliche über Indien. Sie wollten unbedingt wissen, ob Olivia als Frau eines englischen Lords jetzt eine Krone tragen müsse, und das auch beim Schlafen …
    Und dann erschien eines Morgens wie vom Himmel geschickt Kinjal.
    Olivia war überglücklich. Im ersten Augenblick brachte sie kein Wort heraus. Kinjal erklärte, bevor der Regen die Straßen unbefahrbar mache, wolle sie einige Zeit in Kalkutta verbringen, um bei Olivias zweiter Niederkunft zur Stelle zu sein. Es war auch ein guter Zeitpunkt, um gewisse Rituale vor der Muttergöttin im Kalitempel durchzuführen, denn das habe sie gelobt, um Gesundheit und Wohlergehen ihrer Familie auch weiterhin zu sichern. Olivia wußte, daß Arvind Singh ein Haus in Kalighat besaß, direkt an einem Seitenarm des Flusses, der adhi Ganga (der halbe Ganges) genannt wurde und der für die Hindus in Kalkutta heilig war. Beinahe ein Jahr war vergangen, seit Olivia ihre Freundin Kinjal zum letzten Mal gesehen hatte. Sie standen zwar in einem regen Briefwechsel, aber sie freute sich wie seit Monaten nicht, als sie ihre beste Freundin, ihre einzige Vertraute, wieder einmal sah. Sie mußten über so vieles sprechen, so viele Nachrichten austauschen!
    Kinjal überreichte Olivia und Amos überaus kostbare Geschenke. Der beinahe einjährige Amos platzte beinahe vor Energie und ungetrübter Lebensfreude. Er wurde bewundert, gestreichelt, gehätschelt und durfte sich alle Freiheiten erlauben, damit er zeigen konnte, was er inzwischen gelernt hatte. Die beiden Frauen lachten und redeten, bis sie heiser waren. Tarun und Tara, berichtete Kinjal, seien wieder bei den Großeltern im Norden. Arvind Singh widme sich noch immer mit ganzer Kraft der Wiederinstandsetzung des Bergwerks und den umfangreichen Regierungsgeschäften. Ohne die üblichen Pflichten und Aufgaben einer Maharani schien Kinjal wunderbar gelöst und entspannt, aufnahmebereit und heiter. Deshalb beschloß Olivia am Nachmittag, ein Thema anzuschneiden, das ihr am Herzen lag und nicht aufgeschoben werden durfte. Sie fürchtete sich in gewisser Hinsicht davor, aber sie fand, was gesagt werden mußte, wurde besser jetzt als später gesagt. »Sie haben bereits soviel für mich getan, liebste Kinjal. Und ich gestehe, es beschämt mich, Sie noch einmal um eine Gunst zu bitten. Wären Sie nicht gekommen, hätte ich bald geschrieben und um Ihren Besuch gebeten.« Der plötzliche Schatten, der über Olivias Gesicht lag, hielt Kinjal davon ab, voreilig Fragen zu stellen. Sie wartete. »Ich bitte Sie, mein Kind sofort nach der Geburt aus meiner Nähe zu entfernen.«
    »Entfernen?« fragte Kinjal erschrocken. »Wohin?«
    »Bringen Sie es dahin, wo ich es nicht erreichen und nicht

Weitere Kostenlose Bücher