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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Begegnung in keiner Weise gebessert. Aber Olivia konnte nicht leugnen, daß sie dieses zweite Zusammentreffen irgendwie aufregend fand, denn sie hatte wirklich nicht mehr damit gerechnet, ihn noch einmal zu sehen.
    Raventhorne führte sie in einen großen, ebenfalls mit schwarzen und weißen Marmorplatten ausgelegten Salon, dessen hohe Decke von reich verzierten Steinsäulen getragen wurde. Olivia erriet, auch ohne daß sie etwas darüber wußte, dies mußte ein Raum im traditionellen indischen Stil sein. An einer Längsseite befand sich eine Reihe Fenster mit steinernem Gitterwerk in zarten, filigranen symmetrischen Mustern. Dahinter lagen eine weitere Terrasse und ein zweiter Innenhof. Auf einem Bucharateppich an einem Ende des Salons befanden sich bequeme Sitzgelegenheiten – mit makellos weißen Tüchern bezogene Sitzpolster und viele dicke Kissen. In der Ecke standen eine Sitar, ein Paar Tablas und andere Musikinstrumente. An den weißen Wänden hingen keine Bilder, vor Türen und Fenstern keine Vorhänge, und es fehlte auch die in anderen Wohnzimmern, die Olivia kannte, so beliebte Sammlung von Nippsachen. Schmuck gab es nur an einer Wand – Schwerter, Krummsäbel, Dolche und Schilde. Aber selbst sie wirkten eher funktional. Der Raum war beinahe herausfordernd kahl, ohne individuelle Besitztümer, ohne Hinweise auf die Persönlichkeit und den Charakter des Mannes, der ihn bewohnte und benutzte. »Bitte nehmen Sie Platz.« Er wies auf ein Sitzpolster.
    »Oder ziehen Sie einen Stuhl vor? Ich weiß, auf dem Boden sitzen ist eine primitive Sitte, die Memsahibs üblicherweise nicht schätzen.«
    »Danke. Ich bin durchaus gewohnt, auf dem Boden zu sitzen.« Sein Ton reizte sie. Sie setzte sich auf das Polster und begann, die schweren Reitstiefel auszuziehen. »Nicht alle Memsahibs halten Stühle für notwendig.«
    Raventhorne klopfte sich ein Kissen zurecht und nahm am anderen Ende des Polsters Platz; dabei lehnte er sich zurück und streckte die Beine aus, damit seine Stiefel das weiße Tuch nicht berührten. Olivia setzte sich bequem, kreuzte die Beine nach indischer Art und sah ihn streng an. »Das Hühnchen, das ich mit Ihnen zu rupfen habe …«
    »Nach dem Frühstück!«
    »Nein, jetzt!«
    Er zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun gut. Wenn Sie darauf bestehen!«
    Es fiel Olivia nicht leicht, unverwandt in die schimmernden Augen zu sehen. Aber ihr Blick blieb fest. »Die Grüße, die Sie mir an meine Tante und meinen Onkel aufgetragen haben … Also, war Ihnen bewußt, wie sehr sich die beiden darüber aufregen würden?«
    »Natürlich. Nur aus diesem Grund habe ich Sie gebeten, meine Grüße auszurichten.«
    Das unbekümmerte Geständnis erbitterte sie. »Mr.Raventhorne, finden Sie nicht, Sie haben mich, die unschuldige Überbringerin dieser unglückseligen Botschaft, mit einem schmutzigen Trick in eine unangenehme Lage gebracht?«
    »Schmutzige Tricks gehören auch in Amerika zum Leben. Einer mehr oder weniger, was macht das schon aus?«
    »Mir hat es etwas ausgemacht!« Sein Zynismus ärgerte sie. »Welche Rivalitäten und Reibereien zwischen Ihnen und meinem Onkel auch bestehen mögen, Sie hatten kein Recht, mich zum … zum Schinken zwischen den Brotscheiben zu machen. Sie müssen doch gewisse Skrupel haben, was die Mittel angeht, mit denen Sie Ihre zweifelhaften Ziele erreichen – besonders wenn Sie als Waffe Unterröcke benutzen!« Auf ihren Wangen glühten rote Flecken.
    Er sah sie belustigt an. »Miss O’Rourke, in meinen Augen sind Sie ebensowenig ein ›Unterrock‹ wie ich ein Mann mit Skrupeln. Glücklicherweise …«, er lächelte, »gilt für mich keine der Einschränkungen, denen ein Gentleman unterliegt.«
    Olivia lag es auf der Zunge, ihn zu fragen, als was er sie denn betrachtete. Aber natürlich stellte sie diese Frage nicht. Es war schlimm genug, daß sie im Basar seinen Vorschlag nicht sofort abgelehnt und ihn weggeschickt hatte.
    »Sie genießen Ihren diabolischen Ruf, nicht wahr? Nun ja, ich finde das nicht nur kindisch, sondern auch unnatürlich!«
    »Unnatürliches hat auch seinen Reiz, Miss O’Rourke«, sagte er leichthin und scheinbar unberührt von ihrem Temperamentsausbruch. »Aber ich habe den Verdacht, daß Sie diesen diabolischen Ruf für unbegründet halten, und vielleicht werden zumindest Sie mir meine Vergehen verzeihen.«
    Die Linien seines kantigen Gesichts, die wenig Weichheit verrieten, schienen plötzlich nicht mehr ganz so

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