Wer Liebe verspricht
schon gut, Bridget – ich lasse nicht zu, daß du das alles noch einmal durchmachst. Sarah ist tot, und man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Hör auf, dich für Dinge zu bestrafen, die nun einmal geschehen sind. Du bringst Sarah nicht damit zurück, daß du Olivia mit irgendeinem reichen Kerl verheiratest.«
»Nein John, aber ich kann zumindest etwas wiedergutmachen. Hätte ich unseren Vater nicht überredet, sie zu enterben und sich von ihr loszusagen, hätte Sarah vielleicht in London ein zivilisiertes und komfortables Leben leben können, anstatt in solcher Armut zu sterben, und dann wäre Olivia als Dame aufgewachsen …«
Sein Gesicht war weich, als er sie sanft in die Arme nahm. »Das ist alles hypothetisch, Bridget. Sean hatte schon lange, bevor er Sarah kennenlernte, beschlossen, auszuwandern. Das hat er mir selbst gesagt, als ich ihn in London traf. Sarah lag ebensowenig an materiellem Wohlstand wie Olivia. Sie war zufrieden damit, Sean zu folgen, wohin er auch ging, ganz gleich, unter welchen Umständen.« Er wußte nicht so recht, was er tun sollte, um seine Frau zu beruhigen, und tätschelte ihr ungeschickt den Rücken. »Und Sean ist kein schlechter Mensch. Er mag ein idealistischer Kreuzritter sein, der keine zwei Cents in der Tasche hat. Aber er hat Olivia eine Erziehung mitgegeben, die man bewundern muß …«
»Ich habe Sarah geliebt«, unterbrach ihn Lady Bridget erregt, ohne ihm zuzuhören. »Ich würde alles darum geben, wenn ich sie um Verzeihung bitten könnte. Aber ich kann es nicht. Die einzige Möglichkeit, mich mit ihr doch noch auszusöhnen, ist Olivia. Ich muß zumindest eine Hochzeit für sie arrangieren, die sie nie vergißt. Und ich muß ihr alles geben, was Sarah verschmäht hat.«
»Liebling, du kannst ein eigensinniges Mädchen nicht zu einer Hochzeit zwingen, wenn es nicht will!« Er strich ihr über die Haare.
Seine Frau hob mit einem Ruck den Kopf von seiner Schulter. »Oh, ich werde sie nicht zwingen, Josh! Olivia wird Freddie selbstverständlich aus freien Stücken heiraten.«
Sir Joshua sagte nichts, sondern schüttelte nur mitleidig den Kopf und griff nach seinen Sachen. Er stand auf, knotete das Handtuch fester um die Hüfte und begann, das Hemd anzuziehen.
Lady Bridget putzte sich die Nase, tupfte die Augen trocken und fragte mit ausdruckslosem Gesicht: »Josh, könnte er … dieses Zusammentreffen mit ihr geplant haben?« Sie sah ihn nicht an.
Seine Hand verharrte kurz in der Luft. »Mach keine Witze, Bridget!« Die Zurechtweisung klang ungerechtfertigt scharf. »Olivia ist aus einer momentanen Laune heraus zum Ufer gegangen.«
»Er ist der Teufel in Person, Josh …« Ihre Stimme zitterte.
»Nein. Das wäre zuviel der Ehre. Er ist nur eine Ratte. Er kommt aus der Gosse und hat in seiner Anmaßung vergessen, wohin er gehört. Gib ihm durch falsche Vergleiche nicht noch eine größere Bedeutung, als er verdient!«
Lady Bridgets Finger lagen verkrampft in ihrem Schoß. Nur die blutleeren Lippen bewegten sich in dem starren Gesicht. »Er wird tun, was er gesagt hat. Diese Sorte Mensch vergißt und vergibt niemals. Du hättest auf deine Mutter hören sollen, Josh. Du hättest ihn nicht schonen sollen. Damals hattest du die Gelegenheit …«
»Vielleicht«, sagte er gepreßt, »kommen andere Gelegenheiten.«
»Und eines Tages wird er reden …!« Ihre Stimme sank zu einem ängstlichen Flüstern herab. »Und eines Tages wirst du wieder zu schwach sein …«
»Das reicht, Bridget.« Er kam mit großen Schritten auf sie zu und nahm ihr Kinn unsanft zwischen Daumen und Zeigefinger. »Etwas wird er niemals tun, und das ist reden ! Daran solltest du dich immer erinnern.« Er ließ sie los, griff nach seinen Kleidern, die über einer Stuhllehne hingen, und verschwand steifbeinig in seinem Ankleidezimmer.
Lady Bridget starrte auf den sich entfernenden Rücken, dann auf die Tür, die krachend hinter ihm ins Schloß fiel, und schließlich ins Leere. Ihre Augen waren noch immer angstvoll geweitet – aber es lag auch Haß darin.
*
Am Freitagmorgen erschien ein Kurier aus Kirtinagar. Er überbrachte unerwartet eine Einladung Ihrer Hoheiten. Für das Wochenende war eine Tigerjagd anberaumt worden. Sir Joshua, Lady Bridget und die beiden jungen Damen waren freundlich eingeladen, sich der fürstlichen Jagdgesellschaft anzuschließen. Man bedauerte zutiefst, daß die Einladung so außergewöhnlich kurzfristig ausgesprochen wurde, doch der Tiger, ein Menschenfresser,
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