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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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ihren Räumen gehörte.
    »Meine Cousine Estelle und ich.«
    »Ach ja. Estelle Templewood.« Er nahm die Pfeife aus seinem Gürtel und steckte sie in den Mund, ohne sie anzuzünden. Den Namen ihrer Cousine hatte er ausgesprochen, als wolle er sich zu ihr äußern, tat es aber dann doch nicht, sondern ging langsam hin und her, als beschäftige er sich ausschließlich mit der Bewegung seiner Beine.
    »Ihr Wahrzeichen …« Olivia zögerte.
    »Ja?«
    »Warum haben Sie Schiwas Dreizack gewählt?«
    »Weshalb? Haben Sie etwas dagegen?«
    Sie beachtete den bissigen Ton nicht. »Nein. Ich glaube, auch dieses Emblem ist etwas, mit dem Sie auffallen wollen, und andere, die Sie nicht mögen, nun ja, einzuschüchtern …« Es war eine törichte Bemerkung, denn es ging sie wirklich nichts an!
    »Gut. Wenn dem so ist, hat es ja seinen Zweck erfüllt.«
    »Soll das heißen, die Vorstellung, anderen Angst zu machen, gefällt Ihnen?«
    »Man sagt, ehe die Götter jemanden vernichten, machen sie ihn wahnsinnig. Angst ist ein ebenso gutes Mittel wie jedes andere, um Wahnsinn hervorzurufen.«
    »Man sagt auch«, erwiderte sie scharf, »daß Sie wahnsinnig sind! Ich bezweifle, daß Sie vor Angst wahnsinnig sind. Welche Entschuldigung haben Sie denn dann dafür?«
    Sie wußte, er würde ausweichend antworten, und das tat er auch.
    »Braucht ein Wahnsinniger eine Entschuldigung für seinen Wahnsinn?«
    »Also gut, dann eben Gründe. Ich bin sicher, Sie haben Gründe, denn, wie Voltaire schreibt, bedeutet Wähnsinn, falsche Vorstellungen zu haben und richtige Schlüsse daraus zu ziehen.«
    Er lachte. »Zumindest räumen Sie ein, daß meine Schlußfolgerungen vielleicht richtig sind, obwohl es ein Widerspruch in sich ist, von einem Verrückten zu verlangen, daß er seine Verrücktheit vernünftig erklärt!«
    Olivia seufzte. Die Übung in Dialektik wurde immer absurder. Aber sie wollte sich nicht vom Thema abbringen lassen. »Um auf Ihr Wahrzeichen zurückzukommen – Schiwas Dreizack ist ein Symbol der Zerstörung. Wen wollen Sie zerstören?«
    Raventhorne steckte die Pfeife in den Gürtel zurück. »Sagen wir … die Zerstörer.«
    »Sie stellen Ihre Vorfahren mit den Zerstörern gleich. Ist das richtig?« fragte sie kalt.
    Die Frage sollte ihm nicht gefallen, und sie tat es auch nicht. »›Meine Vorfahren‹, wie Sie sie nennen«, erwiderte er schroff, »stelle ich mit Habgier gleich. Und Habgier darf man nicht dulden und nicht unterstützen.«
    »Nicht alle sind habgierig«, widersprach Olivia ebenso schroff.
    »Viele Europäer kommen aus uneigennützigen Motiven hierher.«
    »So wie Sie?« Er lachte verächtlich. »Meine liebe Olivia, Habgier hat viele Formen und Farben. Ihre richtet sich zum Beispiel auf einen reichen englischen Ehemann. Das ist zwar harmlos und trifft auf viele alte Jungfern zu, aber es ist wohl kaum uneigennützig !«
    Olivia wurde wütend. Wenn sie jedoch den vergifteten Köder schluckte, gab sie seinen verdrehten Ansichten nur Nahrung. Sie zwang sich, ungerührt zu fragen: »Sie meinen die Fischfangflotte? Sie halten mich für eine von denen?«
    »Sind Sie es nicht?« Er zog spöttisch die Augenbraue hoch. »Allerdings ist es unwahrscheinlich, daß Ihr Dorftrottel zuläßt, daß Sie zur zurückgeschickten Leerfracht gehören!«
    »Vielen Dank«, erwiderte sie liebenswürdig. Obwohl sie vor Wut beinahe platzte, änderte sich an ihrem kalten Lächeln nichts. »Das haben mir schon andere versichert, die meine Angelegenheiten ebensowenig etwas angehen wie Sie.«
    Sein zustimmendes Nicken reizte sie nur noch weiter. »Wissen Sie eigentlich«, sagte er leise, »es steht Ihnen gut, wenn Sie zornig sind. Jetzt kommen Sie mit, ich will Ihnen etwas Interessantes zeigen.« Seine Stimmung hatte sich wieder einmal plötzlich gewandelt. Er ging mit großen Schritten auf eine Gruppe von Bäumen zu und ließ Olivia einfach stehen, die starr vor Empörung war. »Sehen Sie?« fragte er.
    Olivia schluckte ihren Ärger hinunter. Die Neugier überwog. Langsam folgte sie ihm unter die Bäume. Dort hockte er und spähte in das niedrige Buschwerk, aus dem ein gespenstisches Leuchten drang.
    »Was ist das?«
    »Ein Pilz. Ein phosphoreszierender Pilz, der nachts leuchtet. Ich habe ihn in der letzten Woche zufällig entdeckt und bin immer noch von dem geheimnisvollen Licht fasziniert.«
    Er sprach sehr ausführlich über Leuchtpilze in Indien und geriet über ihre Schönheit ins Schwärmen. Offenbar hatte er sich über das Thema

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